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2024 – das Jahr, in dem sich die gesellschaftlichen Spannungen weiter vertiefen werden: Anekdotische Evidenz dreier Weltbilder

12.01.2024  |  Ronald Peter Stöferle
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Die Skeptiker könnten daher für die künftige Goldpreisentwicklung als marginale Käufer eine besonders wichtige Rolle spielen: Viele von ihnen sind noch nicht in Gold investiert und beobachten das Spiel von der Seitenlinie. Sobald das Narrativ der langsamen Genesung der Volkswirtschaften nicht mehr haltbar sein sollte, werden sie die Ersten sein, welche Portfolioumschichtungen zugunsten von Gold durchführen werden.

Diese Fraktion ist von einem systemischen Fehler im Aufbau des Geldsystems überzeugt. Systemische Kritik kann mittels unterschiedlicher Denkschulen – manchmal einfach durch Zuhilfenahme des eigenen Hausverstandes – argumentativ erörtert werden. Unserer Meinung nach ist die konsistenteste Diagnose des Status Quo mithilfe der analytischen Methoden der Österreichischen Schule der Nationalökonomie durchführbar. Mithilfe dieses Ansatzes kann systematisch gefolgert werden, dass der aktuell prognostizierte Mini-Aufschwung weder nachhaltig noch selbsttragend ist.

Eines haben die Personen, welche nach längerer Auseinandersetzung mit der Materie zu einer systemkritischen Schlussfolgerung gelangen, gemeinsam: Es ist praktisch unmöglich, dass diese wieder zu Systemgläubigen werden. Es herrscht also eine Einbahnstraße in dieses Camp vor, das Wachstum dieser Gruppe ist nahezu unausweichlich. Speziell der Umgang mit der Corona-Pandemie hat dieser Gruppe einen enormen Wachstumsschub verliehen.

Wir machen keinen Hehl daraus, dass wir durchwegs in die dritte Gruppe fallen. Wir stehen für seriöse Systemkritik als Resultat einer weitestgehend werturteilsfreien Erkenntnissuche, wobei wir uns methodologisch auf die Österreichische Schule der Nationalökonomie stützen. Wir wollen aber unterstreichen, dass wir Systemablehnung als weltanschauliche Grundhaltung kritisch gegenüberstehen. Einfach nur dagegen zu sein, ist eine kindische Trotzhaltung, die zudem nichts verbessert.

Über die von uns stets kritisierte Unbeständigkeit des schuldeninduzierten Wachstums gibt nachfolgender Chart eindrucksvoll Auskunft. So stieg die das am weitesten gefasste Verschuldungsaggregat in den USA – "total credit market debt" – seit 1959 um 12.800%, die annualisierte Wachstumsrate beläuft sich damit auf 7,4%. In jeder Dekade fand mindestens eine Verdopplung des Kreditvolumens statt. Um das schuldeninduzierte BIP-Wachstum nach dem erstmaligen Rückgang der Gesamtverschuldung im Jahr 2009 wieder in Gang zu setzen, reagierte die Federal Reserve mit einer Serie noch nie dagewesener geldpolitischer Maßnahmen.

Aktuell ist es insbesondere die US-Bundesregierung, die den Schuldenberg durch anhaltend hohe Budgetdefizite weiter auftürmt. Im Ende September 2023 beendeten Fiskaljahr 2023 erreichte das Defizit 6,3%, nach 5,4% im Fiskaljahr 2022. In den beiden Coronajahren 2020 und 2021 lag das Defizit mit 15,0% bzw. 12,4% sogar im zweistelligen Prozentbereich. Im ersten Quartal des laufenden Fiskaljahrs ist keine Verringerung der Ausgabenorgie zu erkennen.

Das führt unweigerlich dazu, dass die US-Verschuldung rasant zulegt. Die Verschuldung liegt mittlerweile über 34 Billionen USD. Für die bislang letzte Billion wurden gerade einmal 14 Wochen benötigt. Da rund ein Drittel der US-Verschuldung binnen Jahresfrist refinanziert werden muss, wird der Zinsendienst weiter zulegen. Schon jetzt muss mehr als ein Drittel der Bundessteuern nur für die Bedienung der Zinsen aufgewendet werden.

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Die Systemkritiker wissen: Im aktuellen Geldsystem gibt es keinen Retourgang – es muss permanent die Menge an Geld, die in Umlauf gelangt, gesteigert werden, was wiederum gleichbedeutend mit einem Anstieg der Kredit- bzw. Schuldenmenge ist. Dass sich die Schulden- und Kreditmengen seit einigen Jahren nicht mehr stetig ausweiten lassen, kennzeichnet die derzeitige, kritische Phase des Geldsystems. Der Rekordverschuldung wird mittelfristig entweder mit einem Schuldenschnitt, dem Einsatz finanzieller Repression, einer brachialen Reflation oder mit Helikoptergeld begegnet werden.


Fazit

Diese systemkritische Sichtweise der Situation bewegt uns dazu, mehr denn je eine Lanze für physisches Gold als strategische Allokation eines langfristig orientierten Anlageportfolios zu brechen. Denn einer der wichtigsten Portfolioeigenschaften von Gold ist und bleibt, dass es kein Gegenparteirisiko aufweist.

Gerade weil Gold ein so wichtiger Bestandteil des finanziellen Sicherheitsnetzes gegen schwere Systemkrisen darstellt, sollte auch jedes Bestreben von Regierungen, Behörden oder Interessensgruppierungen, Gold als Vermögenswert extremistischer Gruppierungen oder Schurkenstaaten zu verteufeln und deswegen stärker zu regulieren, entschieden entgegengetreten werden.

Das aktuelle Geldsystem gerät nicht in eine Krise, weil die Bürger auf Gold ausweichen könnten, sondern die Bürger weichen vermehrt auf Gold aus, weil das aktuelle Geldsystem über kurz oder lang in eine Krise geraten muss. Das Schlechtreden von Gold verhindert keine Krise, sondern verschlimmert diese, weil sie der Bevölkerung das goldene Sicherheitsnetz entzieht. Schließlich fällt man ohne Sicherheitsnetz bekanntlich tiefer und härter.


© Ronald Peter Stöferle
Matterhorn Asset Management AG



Dieser Artikel wurde am 11. Januar 2024 auf www.goldswitzerland.com veröffentlicht.


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