Gold – Umkehrsignale nehmen zu
27.05.2024 | Florian Grummes
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6. Makro-Update – Der Crack-Up-Boom müsste etwas heiße Luft ablassenObwohl die Gold- und Silberpreis in den letzten drei Tagen ordentlich Federn lassen mussten, werden die beiden Edelmetalle an der Börse Shanghai in China immer noch mit einem deutlichen Aufschlag gehandelt. Allerdings wurde an der Shanghai Futures Exchange die Margin für Silber zuletzt erhöht. Ebenso hat die CME in den USA die Nachschussanforderungen für den Silber-Futures um 9,5% zum 23. Mai erhöht.
Aus der Vergangenheit wissen wir, dass Margin-Erhöhungen oft das Ende einer Rally bei den Edelmetallen einläuteten. Im Mai 2011 benötige es allerdings eine fünfmalige Erhöhung innerhalb von neun Tagen, um den damaligen Aufwärtstrend beim Silberpreis zu stoppen und eine Liquidierungswelle einzuleiten. Trotz der starken Rally beim Silberpreis in den letzten Wochen ist die Lage aktuell sicherlich nicht derartig angespannt. Beim explodierten Kupfer-Future hat die CME in den letzten fünf Tagen aber bereits dreimal die Margen erhöht.
Spannend ist nun die große Frage, ob die chinesische Goldnachfrage den angelaufenen Rücksetzer bei den Edelmetallpreisen erneut frühzeitig auffangen wird. Zwar sind die Erwartungen für den US-Leitzins Ende 2024 seit Jahresbeginn um über 100 Basispunkte angestiegen, der Goldpreis zeigte sich davon bislang aber unbeeindruckt. Ebenso sorgten die Netto-Abflüsse bei den Gold-ETFs nicht für zunehmenden Druck auf die Preise. Stattdessen wurde die Gold- und Silberhausse seit Oktober primär durch Notenbankkäufe und die sehr robuste physische Nachfrage aus Indien und China getrieben.
Die westlichen Finanzmarkteilnehmer hingegen reiben sich noch immer verwundert die Augen über den deutlich gestiegenen Goldpreis. Der altbekannte Drückungsmechanismus über Derivate und Futures funktionierte in den letzten Monaten an der COMEX nur selten. Ebenso wenig ist die Edelmetall-Rally bislang in den Mainstream-Medien angekommen.
Der entscheidende Faktor bleibt jedoch die immer weiter eskalierende geopolitische Lage. Bedingt durch die Sanktionen wickelt Russland fast seinen ganzen Handel mit China bereits in Renminbi und Rubel ab. Ähnlich sieht die Lage in einem wachsenden Teil Afrikas aus. Der Westen hingegen scheiterte diese Woche mit einem Putschversuch im Kongo. Vermutlich wollte man sich dort wichtige Rohstoffe zu sichern.
Insgesamt braut sich für die NATO und den Westen einiges zusammen. So lässt China derzeit mit einem großen Manöver die Säbel rasseln, denn das chinesische Militär hat anscheinend mit Übungen um ganz Taiwan, einschließlich der Inseln Kinmen und Dongyin, begonnen. Die taiwanesische Küstenwache und die chinesische Marine stehen sich derzeit sogar bereits in der Straße von Taiwan direkt gegenüber, während die taiwanesischen Hsiung Feng III (HF-3) Überschall-Anti-Schiffsraketen als Reaktion auf die chinesischen Übungen um Taiwan in Verteidigungsposition gebracht werden. Hier fehlt nicht viel, bevor der Funken überspringt.
Der zweite Brandherd liegt nach wie vor in der Ukraine. Hier ist der russische Vormarsch kaum noch zu stoppen, da der Ukraine der personelle Nachschub fehlt und es in Europa weder eine starke Führung noch eine nachhaltige Einigkeit darüber gibt, wie man der Ukraine wirklich helfen könnte.
Der undurchsichtige Tod des iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi, der bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben kam, könnte in Verbindung mit dem Konflikt im Gaza-Streifen ebenfalls weitere geopolitische Verwerfungen nach sich ziehen.
Insofern kann man schon vermuten, dass die Edelmetallpreise insgesamt eher gut unterstützt sind und schon bei etwas niedrigeren Preisen neue Nachfrage in den Markt kommen könnte.
7. Fazit: Gold - Umkehrsignale nehmen zu
Seit dem 6. Oktober 2023 konnte der Goldpreis von 1.810 USD bis auf 2.450 USD deutlich ansteigen. Zwar war die Rally keine Einbahnstraße und immer wieder von Rücksetzern und Konsolidierungen unterbrochen, insgesamt steht aber doch ein beeindruckender Preisanstieg von +35,3% zu Buche.
Der Silberpreis konnte im gleichen Zeitraum um 57,2% zulegen, die Rally kam hier aber erst ab Ende Februar richtig in die Gänge. Insbesondere ab Anfang Mai übernahmen die Silber-Bullen dann die Führung und sorgten in den letzten drei Wochen für den Ausbruch über die starke Widerstandszone um 30 USD. Da dieser Ausbruch allerdings erst sehr spät in diesem Aufwärtszyklus gelang, ist jetzt Vorsicht geboten. Typischerweise zeigt Silber ein derartiges Verhalten erst am Ende einer großen Aufwärtsbewegung im Edelmetall-Sektor und läutet damit fast immer eine Trendwende und eine Korrektur sein.
Die letzten drei Tage deuten bereits an, dass am Montag ein wichtiges Zwischenhoch gesehen worden sein könnte. Zwar fehlt insbesondere am Goldmarkt die senkrechte Euphorie-Übertreibung als großes Finale, aber genauso gut kann man argumentieren, dass es die Gold-Bullen mit dem letzten neue Allzeithoch bei 2.450 USD nur noch einen müden und kleinen Schritt weiter geschafft haben.
Angesichts der ungünstigen saisonalen Komponenten wollen wir uns daher momentan nicht zu weit aus dem Fenster lehnen und warten erstmal ab was die nächsten Tage am Goldmarkt bringen werden.
GMI Total Liquidity Index, vom 14. Mai 2024. Quelle: Global Macro Investor
Im großen Bild sollten sich die Finanzmärkte weiter im Crack-Up-Boom nach oben bewegen. Wir haben das vor fast 4 Jahren klar und deutlich kommuniziert und daran hat sich trotz der teilweise abartigen Schwankungen und hohen Volatilitäten bislang nichts geändert. Aber ähnlich wie bei einem Schnellkochtopf müssen gelegentlich immer wieder die heiße Luft bzw. der Druck abgelassen werden. Dies könnte in den nächsten Wochen und Monaten in der schwächeren Sommerzeit mit Gewinnmitnahmen beginnen und dann für einen etwas schmerzvolleren Rücksetzer insbesondere bei den sehr gut gelaufenen Tech-Aktien und beim Bitcoin, aber natürlich auch bei den Edelmetallen sorgen.
© Florian Grummes
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