Gold – Spekulative Übertreibung bringt die Trendwende
29.07.2024 | Florian Grummes
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Nachdem die chinesische Zentralbank offiziell im Mai und Juni kein Gold mehr zugekauft hatte, brachen die Aufschläge in den letzten Wochen schließlich vollkommen zusammen. Aktuell wird der Goldpreis in Shanghai sogar mit einem Abschlag von -11,25 USD pro Unze bzw. -0,47% unter dem Goldpreis der LBMA gehandelt. Die Chinaprämie fiel damit auf den niedrigsten Stand seit 2 Jahren. Damit ist der Anreiz für neue Goldeinfuhren nach China verloren gegangen, denn der Arbitrage-Handel macht keinen Sinn mehr. Zudem trägt das Ausbleiben staatlicher Konjunkturprogramme in China, dem größten Goldverbrauchermarkt der Welt, weiter zum Abwärtsdruck auf die Goldpreise bei. Diese Kombination von Faktoren dürfte zusammen mit der schon seit dem Frühling klar überkauften Lage zu dem Ausverkauf geführt haben.
Ungeachtet der kurzfristigen Preisschwankungen ist der langfristige Aufwärtstrend aber weiterhin intakt. Sobald die US-Notenbank zu ersten Zinssenkungen gezwungen werden sein wird, dürfte sich der Goldpreis wieder zu neuen Höhen aufschwingen. Allerdings ist es durchaus denkbar und realistisch, dass bis dahin noch handfeste Marktturbulenzen zu durchstehen sein werden.
US-Staatsverschuldung, vom 18. Juli 2024. Quelle: Bloomberg, The Tucker Letter
Die insgesamt ausstehenden US-Staatsschulden haben sich in den letzten acht Jahren verdoppelt und betragen nun über 34 Bio. USD, was ca. 122% des US- Bruttoinlandsprodukts (BIP) entspricht. Gleichzeitig ist die Zinslast angesichts der stark gestiegenen Zinsen und der wachsenden Schuldenlast explodiert. Während die US-Regierung im Jahr 2023 noch rund 600 Mrd. USD an Zinsen auf die gesamte Staatsverschuldung aufbringen musste, sind es in diesem Jahr bereits 853 Mrd. USD.
Diese Zinsausgaben machen mittlerweile über 3,6% des BIP aus und dürften in den kommenden Jahren weiter stark steigen. Dies schränkt den finanziellen Spielraum der US-Regierung ein und wird mittel- bis langfristig zu großen wirtschaftlichen Herausforderungen führen. Nur mit niedrigeren Zinsen und einem schwächeren US-Dollar wird der US-Staatshaushalt dieses Spielchen weiter betreiben können.
Bis allerdings die US-Regierung laut nach Zinssenkungen schreien wird, dürften zuvor Turbulenzen an Finanzmärkten die Zinswende erzwingen. Noch sind die aktuellen Arbeitsmarktdaten robust und laut CME FedWatch könnte eine Leitzinssenkung in den USA aufgrund wirtschaftlicher Schwäche frühestens ab September wahrscheinlicher werden. In der Vergangenheit haben die Notenbanker aber immer viel zu spät und erst bei kollabierenden Aktienmärkten reagiert.
Hier kam es in den letzten Tagen zwar zu einem moderaten Rückgang, aber von einem dramatischen Einbruch kann man (noch) nicht sprechen. Überraschend schwache Konjunkturdaten und Unternehmenszahlen aus dem Technologiesektor sorgten zumindest für eine gewisse Ernüchterung unter den Anlegern. Über die schwachen Sommermonate könnte sich die gestiegene Verunsicherung bis in den Herbst hinein zu einem größeren Sturm auswachsen. In diesem Umfeld dürften alle Anlageklassen vorübergehend in Mitleidenschaft gezogen werden. Wir bleiben daher bei unserer abwartenden und geduldigen Herangehensweise und haben die Cash-Quoten weiter erhöht.
7. Fazit: Gold – Spekulative Übertreibung bringt die Trendwende
Mit dem neuen Allzeithoch bei 2.483 USD und dem anschließenden Abverkauf bis auf 2.353 USD dürfte die im Oktober gestartete Ausbruchsrally am Goldmarkt zu Ende gegangen sein.
Wir hatten im letzten Jahr immer wieder darauf hingewiesen, dass es nach dem erfolgreichen Ausbruch über 2.075 USD früher oder später auch zu einem "lehrbuchartigen" Rücksetzer an die ehemalige Widerstandszone kommen sollte. Bislang haben die Goldnotierungen seit Mitte April äußerst stark auf hohem Niveau lediglich konsolidiert. Es fehlte die vertikale finale Übertreibung, welche in der Vergangenheit typischerweise das "Ende der Fahnenstange" mit sich brachte. Wir sind der Meinung, dass genau dieses Verhalten nun mit dem scharfen Spike auf 2.483 USD über die Bühne gegangen ist.
Sollte diese Annahme richtig sein, wird der Goldpreis nun mindestens seinen Anstieg von 1.810 USD bis 2.483 USD korrigieren müssen. Man könnte den Korrekturbedarf sogar noch ausweiten und den dreifachen Boden bei 1.615 USD vom Herbst 2022 als Startpunkt wählen.
Selbst wenn nur ein gesundes Drittel vorübergehend von den Bären zurückerobert werden würde, müsste man vom neuen Allzeithoch einen Abschlag von ca. 225 bis 290 USD einkalkulieren. Damit landet man ganz grob gerechnet im Bereich zwischen 2.190 USD und 2.260 USD. Charttechnisch vermuten wir allerdings eher, dass der Bereich zwischen 2.075 und 2.125 USD als Zielzone prädestiniert wäre.
Um derartige Preisziel auf der Unterseite zu aktivieren, müssten die Bären den Goldpreis jedoch unter die starke Unterstützung zwischen 2.280 und 2.300 USD zwingen. Bis dorthin fehlen aktuell rund 100 USD, während auf dem Tageschart bereits die überverkaufte in Sichtweite gerückt ist. Es wird daher vermutlich mal wieder ein zähes Hin- und Her geben, bei dem deutliche Zwischenerholungen immer wieder neue Hoffnungen unter den Perma-Bullen schüren. Solange der Goldpreis die Marke von 2.450 USD nicht zurückerobern kann, halten die Bären aber die besseren Karten in der Hand.
© Florian Grummes
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