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Warum lassen wir uns durch Vorschriften und Bürokratie knechten?

02.11.2024  |  Prof. Dr. Eberhard Hamer
Nach dem 2. Weltkrieg, in dem Deutschland durch bewundernswerte Planwirtschaft die private Versorgung der Menschen und den militärischen Bedarf immer noch befriedigen konnte, stand in den Wahlen 1947 die alles entscheidende Frage zur Debatte, ob Deutschlands Zukunft durch weitere zentrale Planwirtschaft oder durch die von Ludwig Erhard geforderte dezentrale Marktwirtschaft besser gesichert werden könne. Der Autor erinnert sich noch an den Wahlkampf mit Ludwig Erhard, der hitzigen, ehrlichen und besorgten Debatten zwischen den sozialistischen und bürgerlichen Parteien um den richtigen Weg weiterer Planwirtschaft oder der neuen Marktwirtschaft, die theoretisch richtiger schien, mit der wir aber keinerlei Erfahrung hatten.

Die marktwirtschaftliche Mehrheit hat gesiegt. Mit der Marktwirtschaft wurden Selbstverantwortung und Handlungsfreiheiten geschaffen, die zu einem nie dagewesenen Wirtschaftsaufschwung führten (Wirtschaftswunder). Dazu gab es damals aber auch besondere Bedingungen:

• Die Staatsbürokratie war nach dem Kriege drastisch reduziert, alle Nazi-Gesetze abgeschafft und dadurch die größte private Handlungsfreiheit geschaffen, die wir je gehabt haben.

• Die Macht der Konzerne war durch die Sieger gebrochen. Die Konzerne wurden aufgeteilt, um Wettbewerb zwischen ihnen zu schaffen.

• Das Grundgesetz der Marktwirtschaft – die Chancengleichheit – wurde durch ein neues Kartellgesetz (GWB) sicherzustellen versucht.

• Aus dem kommunistisch beherrschten Osten retteten sich mehr als eine Million Unternehmer in den Westen.

• Weil die einheimischen und geflüchteten Unternehmer zwar Ideen, Tatkraft, aber kein Geld hatten, hat Ludwig Erhard die Steuerfreiheit des im Unternehmen verbleibenden Gewinns durchgesetzt. Damit konnten sich vor allem die mittelständischen Personalunternehmen aus eigener Kraft finanzieren, wachsen, Arbeitsplätze schaffen und entstand das Wirtschaftswunder.

Die Idee der Marktwirtschaft hatte im Praxistest gesiegt und ist – da sie als „soziale“ Marktwirtschaft ausgestattet wurde – allen Menschen zugutegekommen und hat in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts einer sparsamen, fleißigen und ordentlichen Generation den größten Wohlstand gebracht, den je eine Generation in Deutschland hatte oder wieder haben wird.

Im Osten verlangten die Sowjets weitere Zentralverwaltungswirtschaft. Aber selbst diese schaffe nach den Notzeiten des Krieges in der Folge trotz der "sozialistischen Mangelwirtschaft" für die Bevölkerung steigenden Lebensstandard. Die Ostdeutschen versuchten mit dem, was ihnen zugeteilt wurde, zurechtzukommen, waren bescheiden und überwiegend zufrieden – bis die steigende Verschuldung, der Verschleiß des Produktionskapitals sowie die Erstarrung einer immer immobileren Bürokratie 1989 zum Zusammenbruch der Planwirtschaft führte ¹.

Hätten wir den ostdeutschen Bundesländern nach der Wiedervereinigung die gleichen Wachstumsbedingungen gegeben, wie die westlichen unter Ludwig Erhard gehabt haben,

• wären nicht einseitig nur die internationalen Konzerne mit Milliardensummen gefördert und angesiedelt wurden, sondern vor allem die mittelständischen Personalunternehmen. Und diese nicht durch Subventionen, sondern durch Steuerfreiheit des im Unternehmen verbleibenden Gewinns, also durch die Möglichkeit der Selbstfinanzierung. Dann hätten wir heute blühende mittelständische Wirtschaft überall in der ehemaligen DDR statt nur Cluster von meist dem Ausland gehörenden Konzernen.

• Hätten die Unternehmen in den neuen Bundesländern die Gesetzes- und Bürokratiefreiheit wie Westdeutschland nach dem Krieg – alle Nazi-Gesetze abgeschafft – gehabt, hätten die Unternehmer viel mehr Handlungsfreiheit und damit Entfaltungsmöglichkeiten gehabt. So sind drei von vier Existenzgründern oder Wiedereinrichter im Osten an den West-Gesetzen oder der Bürokratie gescheitert.

• Vor allem aber haben sich die westdeutschen Sozialfunktionäre mit den sozialistischen Kadern der Alt-DDR zu neuer Sozialherrschaft verbunden und die Mentalität in den neuen Bundesländern wieder auf Staatsverantwortung, Sozialversorgung und Untertänigkeit unter die Sozialfunktionäre korrumpiert – im Gegensatz zu der westlichen Aufbau-, Selbstverantwortungs- und Eigeninitiativmentalität beim Aufbau der Marktwirtschaft im Westen.


Ist Privatwirtschaft rentabler als Staatswirtschaft?

Unabhängig von den grundsätzlichen Unterschieden der beiden Ordnungssysteme Verwaltungswirtschaft und Staatswirtschaft hat die Privatisierungsforschung des Mittelstandsinstituts Hannover vor allem die Ergebnisse beider Ordnungssysteme miteinander verglichen ². Das wurde möglich durch die vom Autor entwickelte "Privatisierungsformel" ³, welche die Vollkosten jeder staatlichen Leistung mit dem Marktpreis privater Wettbewerber vergleicht und daraus die Nutzendifferenz ermittelt.

Wenn z. B. eine Schule staatlich oder privat betrieben wird, lassen sich die Kosten pro Schüler vergleichen. Oder wenn eine Klinik staatlich oder privat betrieben wird, lassen sich sogar unterschiedliche Leistungswerte und der Gesamtnutzen der einen oder anderen Betriebsform durch die Privatisierungsformel vergleichen. Oder wenn die Müllentsorgung kommunal oder privat betrieben wird, lässt sich beides ebenfalls vergleichen und die Kostendifferenz ermitteln.

Im Mittelstandsinstitut wurden hunderte solcher Privatisierungsberechnungen durchgeführt und ihr Ergebnis veröffentlicht ⁴:

1. Aus den empirischen Untersuchungen ergab sich, dass die Kostendifferenz zwischen staatlichen und privatwirtschaftlichen Handwerksleistungen (Grünflächenpflege, Reparaturen u.a.) zwischen 30 und 60% betrug, dieser Prozentsatz also gespart werden könnte, wenn staatliche Leistungen durch private Firmen ersetzt würden.

2. Im Schnitt über alles kann die Privatwirtschaft gleiche Leistungen wie der Staat um ein Drittel billiger anbieten, Privatisierungen also ein Drittel der Kosten bei gleicher Leistung ersparen.

3. Dies liegt vor allem daran, dass öffentliche Institutionen mit öffentlichem Dienstrecht verkrustet, überbesetzt und weniger arbeitsproduktiv sind, was auch die Gewerkschaft zugab ("Die Privatisierung kostet uns ein Drittel unserer Mitglieder!"). Die private Konkurrenz steht dagegen im Wettbewerb unter Kosten- und in höherem Leistungszwang als der öffentliche Dienst.

4. Da der Bund vorwiegend hoheitliche Tätigkeiten hat, die nicht privatisierbar sind, liegt dessen Privatisierungsreserve nur zwischen 10 und 20% des Bundeshaushalts, was aber bereits ein Volumen von 40 bis 50 Mrd. Euro ausmacht ⁵.

5. Auf Länderebene ist die Hälfte der Dienstleistungsfunktionen privatisierungsfähig (inkl. Bildung, Gesundheitsversorgung). Diese hätten deshalb eine Privatisierungsreserve von 40 bis 60% ihrer Kosten, d.h. sie könnten die meisten ihrer Finanzprobleme durch Privatisierungsmaßnahmen statt Schuldenerhöhung lösen.

6. Die größte Privatisierungsreserve liegt aber bei den Gemeinden, welche die geringsten Hoheitstätigkeiten ausüben (ca. 20%). Sie können bis 80% ihrer Funktionen privatisieren, sich damit entlasten und für das Wachstum ihrer regionalen Wirtschaftsunternehmen bereithalten.


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