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Warum lassen wir uns durch Vorschriften und Bürokratie knechten?

02.11.2024  |  Prof. Dr. Eberhard Hamer
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Privatisierungen werden allerdings sowohl von den ihre Komfortzone verteidigenden öffentlichen Dienern selbst als auch von ihren Gewerkschaften und von den sozialistischen Parteien einschließlich CDU bekämpft, weil diese in den öffentlichen Institutionen ihre ausgedienten Politikfunktionäre entsorgen wollen.

Das Mittelstandsinstitut Hannover hat deshalb seit 50 Jahren vorgeschlagen, statt der "Soll-Bestimmung" eine gesetzliche Pflicht zur Privatisierung zu normieren, wenn nicht die öffentliche Stelle anhand der Privatisierungsformel nachweist, dass sie die gleiche Leistung billiger liefern kann als die private Wirtschaft (was nur selten ist).

Wir könnten also den öffentlichen Sektor allein durch Privatisierung um ca. 30% reduzieren und damit mehr einsparen als die jährliche Neuverschuldung, wenn nur der politische Wille dazu vorhanden wäre.

Dass durch Privatisierung öffentlicher Leistungsbereiche wieder mehr private Unternehmen bestehen oder gestärkt würden, welche Steuern bringen (statt dass die öffentlichen Institutionen Steuern verzehren), macht dies sogar noch rentabler.


Der Trend zur Überregulierung

Jede Regierung steht unter dem Druck von Lobbyisten, neue, günstigere Regelungen für sie zu schaffen. Und auch die Basis der politischen Parteien verlangt die gesetzliche Regulierung der in den Wahlprogrammen geforderten Änderungen, Neuerungen, Sozial- oder Leistungsverbesserungen u.a. Jede neue Regierung muss also um ihrer Anhänger und Wähler willen neue Gesetze bringen. Und in ihren Rechenschaftsberichten weisen die Parteien darauf hin, dass sie mehr Gesetze geschaffen hätten als ihre Vorgänger und deshalb besser seien (so Habeck).

Das Problem nur: Einmal geschaffene Gesetze bleiben auf Dauer bestehen. Dadurch werden es immer mehr, baut sich der Gesetzesberg immer höher auf und wird das Netz der gesetzlichen Regelungen immer dichter, so dass die Freiheit der Menschen und die Handlungsfreiheit der Unternehmer dadurch immer geringer wird. Die Bauwirtschaft wurde 2010 mit 5.000 Vorschriften, jetzt mit 20.000 stranguliert. Und die EU hat in den letzten 10 Jahren 13.000 Regulierungen beigetragen.

Da die meisten Gesetze gegen den Widerstand der Lobbyisten und Nutznießer kaum aufgehoben werden können, braucht es schon eine Grundsatzentscheidung:

Der Autor hat seit 50 Jahren immer wieder eine Lebenszeitbeschränkung der Gesetze vorgeschlagen. Gesetze sollten nur 10 Jahre, Verordnungen nur fünf Jahre gelten. Damit würde vor Ablauf neu entschieden werden müssen, ob sie noch sinnvoll sind oder nicht. Wenn nicht oder negativ entschieden wird, verliert das Gesetz automatisch seine Gültigkeit. Nur so lässt sich das Wachstum unserer Regulierungen beenden, der Grad der Regulierung wieder zurückführen und den Menschen wieder Lebens- und Handlungsfreiheit verschaffen.

Zu solchem Mut hat bisher nur eine von allen Altparteien abgelehnte Alternative aufgerufen.


Bürokratieabbau

Wenn in einer privaten Firma Aufgabenstau entsteht, müssen die Mitarbeiter entweder mehr oder intensiver arbeiten, um den Stau abzuarbeiten. Die Firmen können sich die Mehrkosten für zusätzliches Personal nicht leisten. Sie stehen unter Kostendruck.

In öffentlichen Büros ist das anders. Bisher stand die Hoheitsverwaltung traditionell unter Rechtmäßigkeits- statt unter Leistungszwang, musste also ihre Arbeit nur unter Rechtmäßigkeitsgründen rechtfertigen – auch wenn das Ergebnis unrentabel war. Dieses hat sich leider auf alle öffentlichen Leistungsbereiche ausgedehnt, auch auf die nicht hoheitlichen Leistungen des öffentlichen Sektors wie Bildung, Gesundheit usw. Zusätzlich haben alle öffentlichen Sektoren Entlassungsschutz eingeführt, so dass die Mitarbeiter praktisch kaum sanktioniert werden könnten, wenn sie nicht mehr fleißig sind. Das Ergebnis ist die von der Privatisierungsforschung ermittelte zwei Drittel-Leistung öffentlicher Mitarbeiter gegenüber privaten.

Wenn also öffentliche Aufgaben nicht mehr vollständig und rechtzeitig erfüllt werden, "muss zusätzliches Personal eingestellt werden". So wächst jede Bürokratie, wie die Aufgaben wachsen, nimmt aber nicht ab, wenn die Aufgaben sich wieder reduzieren (Parkinson-Effekt).

Die gleiche Erscheinung haben auch gewerkschaftsbeherrschte Sozialverwaltungen. In Wolfsburg arbeiten 15.000 in der Produktion, über 45.000 "VW-Beamte" in der Verwaltung.

Früher wurden Beamte gering – vor allem mit "Ehre" – bezahlt, heute dagegen zahlt der öffentliche Dienst mehr als der Mittelstand seinen Mitarbeitern zahlen kann, weil letzterer für erstere die höchsten Abgaben der Welt tragen muss.

Dazu hat in den vergangenen Jahrzehnten die Gewerkschaft ÖTV es mit den von ihr abhängigen Politikern erreicht, für immer mehr öffentliche Berufe generell die Besoldungsstufen zu erhöhen, z. B. für Lehrer, Polizisten, aber auch Sozialarbeiter, so dass mehr als die Hälfte des öffentlichen Dienstes nun zu den "Besserverdienenden" (aus den Abgaben der Schlechterverdienenden) besteht ⁶.

Von den etwa 4,6 Millionen bei meist unproduktiven öffentlichen Arbeitgebern beschäftigten Personen verdienen 2,9 Millionen Mitarbeiter oberhalb des Median-Einkommens. Das entspricht einer Quote von 63% ⁷.

Aus dem früher sparsamen Staat und seinen bescheidenen Dienern ist heute eine Geldschleudermaschine mit üppig bezahlten öffentlichen Funktionären geworden. Am schlimmsten ist, dass ein immer größerer Teil der mit Lebenszeit angestellten und versorgten öffentlichen Diener nicht mehr nach Qualifikation, sondern nach politischer Einstellung ihre Posten erreichen. Die Ampel-Regierung hat in den ersten zwei Jahren ihrer Herrschaft allein 10.000 minderqualifizierte Parteisoldaten in die Ministerien gedrückt, die man nach unserem öffentlichen Dienst-Recht nie wieder loswird, auch wenn sie kontraproduktiv sind.

Ein weiterer Bürokratisierungsschub hat sich daraus entwickelt, dass wir vom Rechtsstaat zum Rechtsmittelstaat geworden sind, dass in jedem Verwaltungsakt nicht nur Rechtsmittel möglich, sondern durch Rechtsschutzversicherungen oder auf Staatskosten (Immigranten) auch üblich sind. Das hat wiederum dazu geführt, dass nicht mehr wie in Preußen generelle Vorschriften erlassen und ihre Anwendung der dezentralen Kompetenz unbestechlicher Beamter überlassen blieb. Inzwischen regeln die öffentlichen Vorschriften alles und jedes so speziell wie möglich, damit die Beamten möglichst wenig Ermessensrisiko, aber auch Handlungsfreiheit haben.

So haben sich Überregulierung und Überbürokratisierung gemeinsam gegenseitig gesteigert, haben den privaten und vor allem den wirtschaftlichen Freiheitsraum des privaten Handelns ständig reduziert und entgegen allen marktwirtschaftlichen Prinzipien den Staat längst wieder zum größten Wirtschaftsplayer unserer Volkswirtschaft gesteigert. Dadurch gewinnen vor allem die Großunternehmer, welche selbst überreguliert und überbürokratisiert sind und sich mit Staatsbürokratie am besten verstehen. Mittelständische Branchen dagegen werden dadurch bürokratisch erdrückt, müssen immer mehr nur nach Vorschriften als nach Marktchancen arbeiten.


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