Exponentielles Wachstum = Exponentielle Ignoranz!
26.01.2009 | Peter Boehringer
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Öl ist der mit Abstand wichtigste Rohstoff der Welt. Der Grund liegt in der einmalig hohen Energiedichte von Öl bzw. Benzin und dem leicht möglichen Transport bei normalen Temperaturen. Der materielle Wohlstand der industrialisierten Länder ist eine direkte Funktion des Ölverbrauchs pro Kopf (Abbildung 7). Würden z.B. die 1,1 Milliarden Inder ihren pro-Kopf-Verbrauch von 1 Barrel p.a. auch nur auf das Niveau Mexikos anheben, um ein ähnliches Wohlstands- und Mobilitätsniveau zu erreichen, müsste die Welt fast 7 Milliarden Barrel Öl p.a. zusätzlich fördern. Das entspräche dem Gesamtverbrauch der USA und wäre schlichtweg unmöglich.
Quelle: Casey Research
Die Energiedichte von einem Liter Benzin beträgt 31 MJoule. Das ist das Energieäquivalent von etwa 50 Stunden harter körperlicher Arbeit! Ein menschlicher Hilfsarbeiter würde für diese Plackerei einen Lohn von 125 Euro erhalten. Bei derzeit 1,25 Euro pro Liter ist Benzin energetisch gesehen mindestens um den Faktor 100 unterbewertet (!) - oder eben die menschliche Arbeitskraft entsprechend überbewertet … Wir sind alle seit etwa 50-100 Jahren von fast kostenlosen "Ölsklaven" umsorgt.
Der Energiebedarf zur Herstellung der von einem US-Bürger pro Jahr konsumierten Nahrungsmittel entspricht dem Energiegehalt von ca. 1500 l Benzin für derzeit knapp 2000 Euro. 1500 l Benzin entsprechen aber energetisch ca. 75.000 Stunden harter Arbeit – oder etwa 25 Benzinsklaven mit einem Stundenlohn von knapp 3 Euro-Cent. Somit "arbeiten" in den USA heute etwa 25 solcher Sklaven nur für den Nahrungsproduktion eines einzelnen Amerikaners! Für jeden Deutschen sind es über 12; für den Chinesen 3 und für jeden Inder einer. Wir behaupten, dass der Öl-Energiefaktor für unseren Wohlstand viel bedeutender ist als alle Erfindungen und Effizienzsteigerungen der letzten 100 Jahre (!).
Neben den Prozessen zur Nahrungsmittelherstellung sind aber noch sehr viele andere Erscheinungsformen der "modernen" Welt Öl-basiert: Personen- und Gütermobilität, Kunststoffe, industrielle Prozesse, Freizeitaktivitäten - alles völlig Öl-abhängig. Insgesamt kann man im Westen von durchschnittlich 10-15 Ölsklaven pro Person ausgehen. Bezieht man auch noch den Strombedarf mit ein, dann kommt man im Westen auf über 25 Energiesklaven pro Person.
Darstellung PBVV / P.Boehringer
Wir leben heute alle wie die reichsten Könige vor 100 Jahren. Der Grund dafür ist die leichte und supergünstige Verfügbarkeit riesiger Energiemengen aus fossilen Energieträgern - und hier insbesondere Öl. Es kann gezeigt werden, dass schon eine geringfügige Zusatzenergie über die Menge hinaus, die zum Überleben und zur Subsistenz des Menschen erforderlich ist, ausreicht, um komplexe Gesellschaften hervorzubringen. Jahrtausendelang war dies nicht der Fall. Erst die massenhafte Verfügbarkeit von Kohle und Öl seit dem 19. Jahrhundert änderte die "Energiebilanz" der Menschen derart fundamental, dass Erscheinungen wie Freizeit, "Sparen", "öffentliches Leben" und großstädtische Infrastruktur und Kultur etc. denkbar wurden. Abbildung 9 zeigt eine solche Energiebilanz - nicht zu verwechseln mit Dollar-Bilanz. Die Kosten des Energiekonsums in Papiergeldeinheiten spielen keinerlei Rolle in dieser Betrachtung:
Quelle: Martenson, Darstellung PBVV