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Steigende Lagerbestände setzen Ölpreis unter Druck

03.12.2009  |  Eugen Weinberg
Energie

Der WTI-Ölpreis handelt am Morgen bei 77 USD je Barrel, einen US-Dollar niedriger als am Vortag. Die gestern vom US-Energieministerium veröffentlichten Lagerbestandsdaten erwiesen sich als schwere Hypothek, denn sie bestätigten weitgehend die negativen API-Daten vom Vortag. Die Rohöllagerbestände stiegen demzufolge in der vergangenen Woche unerwartet deutlich um 2,1 Mio. Barrel. Ebenfalls überraschend kam der kräftige Anstieg der Benzinvorräte um 4 Mio. Barrel, der auf eine anhaltend schwache Nachfrage hindeutet. Dabei ist die Auslastung der Raffinerien zuletzt zurückgegangen und liegt saisonal untypisch bei unter 80%.

Wichtig war außerdem ein weiterer Ausbau der Lagerbestände in Cushing, dem Liefer- und Handelsort für WTI. Diese sind allein im November um 5,3 Mio. Barrel bzw. 21% gestiegen. Deshalb notiert WTI erneut mit einem Abschlag von knapp 1,5 USD ggü. Brentöl. Wir glauben, dass dieser Abschlag beibehalten und sogar ausgeweitet wird. Neben den hohen Lagerbeständen in den USA dürfte die relative Nachfragestärke in Asien und Europa, die eher Brentöl als Referenzkurs heranziehen, dazu beitragen. Auch sollten die Margen bei Mitteldestillaten anziehen, wovon Brentöl eher als WTI profitieren dürfte. Aber auch die Infragestellung von WTI als geeignete Benchmark und die Einschränkungen der spekulativen Aktivität an den US- Warenterminbörsen halten den WTI-Ölpreis ggü. Brentöl unter Druck.

Der US-Erdgaspreis ist um weitere 5% auf 4,55 USD je mmBtu gefallen. Seit Wochenbeginn summieren sich die Verluste auf 13%. Der Gaspreis hat dabei unter dem reichlichen Angebot und den milden Temperaturen in den USA zu leiden. Normalerweise beginnt im November der Lagerabbau. Bei den heute zur Veröffentlichung anstehenden Lagerdaten wird aber mit einem Rückgang um lediglich 3 Mrd. Kubikfuß gerechnet. Damit würde der Lagerabbau deutlich geringer ausfallen als im Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre mit 43 Mrd. Kubikfuß.


Edelmetalle

Der Goldpreis legte gestern um über 2% zu und markierte bei 1.227 USD den fünften Tag in Folge ein neues Allzeithoch. Spekulationen über weitere Zentralbankkäufe treiben die Anleger in die Gold-Futures. Die physischen Bestände der Gold-ETFs steigen dagegen nur verhalten an. Die Bestände von SPDR Gold Trust, dem größten börsennotierten Goldfonds, liegen mit 1.131 Tonnen zwar nur noch marginal unter dem Rekordhoch von Anfang Juni. Die Zuflüsse beliefen sich zuletzt aber auf weniger als eine Tonne pro Tag.

Im Fahrwasser von Gold steigen auch die Preise anderer Edelmetalle. So hat beispielsweise Platin mit mehr als 1.500 USD je Feinunze den höchsten Stand seit August 2008 erreicht. Palladium durchbrach zum ersten Mal seit Juli letzten Jahres wieder die Marke von 390 USD je Feinunze. Ein Test der Marke von 400 USD kann nicht ausgeschlossen werden. Die Goldbörse von Shanghai will im kommenden Jahr den Handel mit Palladium starten. Dies dürfte dem Palladiumpreis einen weiteren Impuls geben. Palladium erfreut sich in China sowohl als Schmuck als auch in der Autoindustrie einer großen Beliebtheit.


Industriemetalle

Die Metallpreise sind auch gestern in der Breite teilweise deutlich gestiegen. Am stärksten hat dabei Aluminium um knapp 3% zugelegt und ein neues Hoch seit Oktober 2008 markiert. Kupfer erreichte mit über 7.100 USD je Tonne den höchsten Stand seit September 2008, Blei seit Mai 2008, Zink sogar seit März 2008. Auffällig ist, dass die derzeitige Hausse bei Metallen völlig ungeachtet der schwachen Fundamentaldaten stattfindet.

Die LME-Lagerbestandsdaten malen tagtäglich ein düsteres Bild, wobei sich bei den meisten Metallen ein starker Produktionsüberschuss abzeichnet. Mit Ausnahme von Aluminium, dessen Vorräte schon seit Monaten in der Nähe des Rekordhochs stagnieren, legen die Bestände von Kupfer, Nickel, Blei und Zink ununterbrochen zu. Besorgniserregende Höhen erreichten dabei z.B. die Nickelbestände, die den höchsten Stand seit Januar 1995 markieren und sich unweit der Rekordwerte befinden. Dabei fällt ihre aktuell sehr hohe Konzentration auf. Sowohl bei Kupfer als auch bei Nickel verfügt jeweils nur ein Marktteilnehmer über 50% aller Lagerscheine, bei Zinn liegt der Anteil eines Kontrahenten sogar bei über 90%. Dies erklärt die Backwardation der Terminkurve bei Zinn und macht die Preise für kurzfristige Übertreibungen anfällig.

Der Europäische Aluminiumverband EAA befürchtet, dass bis zu zwei Drittel der Schmelzen in Westeuropa wegen hoher Kosten schließen müssen. Bei vielen Produzenten laufen demnächst langfristige Stromverträge aus, die nicht mehr zu günstigen Konditionen verlängert werden. Laut Angaben der EAA werden in Europa die höchsten Stromkosten weltweit bezahlt. In Westeuropa werden rund 4,6 Mio. Tonnen Aluminium bzw. 12% der Weltproduktion hergestellt.


Agrarrohstoffe

Die Lage am Zuckermarkt bleibt angespannt und die Preise gut unterstützt. Die indische Zuckerproduktion dürfte in diesem Erntejahr nach Angaben des Verbandes der Zuckermühlen niedriger ausfallen als die bisherige Prognose von 16 Mio. Tonnen. Indien dürfte daher der größte Zuckerimporteur bleiben, zumal die Lagerbestände im Land sehr niedrig sind. Auch Indonesien wird zu einer weiteren Verknappung am Zuckermarkt beitragen. Das Land wird weißen Zucker importieren, um nach einem Produktionsrückgang die heimische Nachfrage zu befriedigen. Die Rede ist dabei von einem Importvolumen von 300 Tsd. bis 500 Tsd. Tonnen.

Da im weltgrößten Produzentenland Brasilien aufgrund von ergiebigen Regenfällen mit deutlichen Ernteverzögerungen und -einbußen zu rechnen ist, dürfte sich das Angebotsdefizit am Zuckermarkt deutlich ausweiten. Der größte Zuckerhändler Czarnikow rechnet derzeit mit einem Defizit in Höhe von 13,5 Mio. Tonnen. Deshalb scheint es nur eine Frage der Zeit, bis der Rohzuckerpreis das Anfang September verzeichnete 28-Jahreshoch von 25 US-Cents je Pfund wieder erreicht. In letzter Zeit hatten Positionsglattstellungen der spekulativen Anleger einen Preisanstieg verhindert. Nach dem deutlichen Rückgang der spekulativen Netto-Long-Positionen auf ein 10-Monatstief besteht auch von dieser Seite wieder Aufwärtspotenzial.

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Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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