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Brandherd Großbritannien - Anleiheauktion in Portugal voller Erfolg! - Deutscher Haushalt

22.03.2012  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (07.48 Uhr) bei 1.3235, nachdem im Verlauf der letzten 24 Handelsstunden Tiefstkurse im europäischen Handel bei 1.3179 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 83.30. In der Folge notiert EUR-JPY bei 110.25, während EUR-CHF bei 1.2055 oszilliert.

Die sachliche Kritik an den Ratingagenturen, die maßgeblich im Besitz der angelsächsischen und amerikanischen Finanzaristokratie sind, bekommt neue Nahrung. Diesbezüglich bedienen wir uns der Reutersmeldung zu der Neuverschuldung im Vereinigten Königreich.

London, 21. Mrz (Reuters) - Großbritanniens Spielraum zur Ankurbelung der Konjunktur wird immer geringer. Die Neuverschuldung kletterte im Februar auf einen Rekordstand. Die Zahlen verdeutlichen, wie wenig Schatzkanzler George Osborne zu vergeben hat. Osborne wollte am Mittwochmittag den neuen Haushalt vorstellen. Im Februar lieh sich die Regierung nach Angaben der Nationalen Statistikbehörde rund 15 Milliarden Pfund und damit fast doppelt so viel wie Analysten mit acht Milliarden Pfund erwartet hatten. Ein Jahr zuvor waren knapp neun Milliarden Pfund angefallen. Grund für den drastischen Anstieg war ein Steuerrückgang von 2,7 Prozent.

Allein an Einkommensteuer nahm der Staat im Februar 12,4 Prozent weniger ein als noch vor einem Jahr. Im Gegenzug gab der Staat insgesamt acht Prozent mehr aus. Sozialhilfeleistungen stiegen binnen Jahresfrist allein um rund elf Prozent. Für Osborne wird es somit schwierig, einerseits den von den Ratingagenturen geforderten Sparkurs einzuhalten. Ansonsten droht der Entzug des wertvollen Spitzenratings. Andererseits steht er unter Druck, die stagnierende Konjunktur wieder in Schwung zu bringen. Auf Jahressicht könnte es Großbritannien jedoch gelingen, im Haushaltsjahr 2011/12 unter der Marke des Vorjahres von 127 Milliarden Pfund zu bleiben. Kurz vor Ende des Haushaltsjahres belief sich die Neuverschuldung insgesamt auf knapp 110 Milliarden Pfund.

Diese Meldung perlte gestern von den Finanzmärkten wie von einer Teflonpfanne ab. Wir stellen uns die Frage, was passiert wäre, wenn diese Daten aus Frankreich oder Italien gekommen wären?

Mehr noch verabreicht Herr Osborne in seinem neuen Haushalt Steuersenkungen für die Wohlhabenden und Unternehmen. Von den Ratingagenturen ist nichts zu hören. Wir fragen uns, wie die Agenturen wohl reagiert hätten, wenn die europäischen Defizitländer ihre Haushaltsprobleme mit Steuersenkungen mit dem Verweis auf erhöhtes potentielles Wachstum dank attraktiverer Investitionsbedingungen versucht hätten zu lösen?

Die Asymmetrie der Diskontierung identischer Umstände ist Ausdruck politischer Interessen. Es stünde einigen kontinentaleuropäischen Analysten, Volkswirten und sogar Professoren als auch einigen Politikern und erst recht den Medien gut zu Gesicht, zu hinterfragen, wessen Agenda sie sich durch ihr Wirken andienen.

Nun denn, werfen wir einen Blick auf den europäischen Anleihemarkt. Hier kommt es zu einem recht positiven Bild.

Portugal hat am Mittwoch erfolgreich Anleihen über zwei Milliarden Euro am Markt platziert. Die den Investoren zu zahlenden Zinsen fielen deutlich geringer aus als zuletzt und waren so niedrig wie seit mehr als einem Jahr nicht. Nach Angaben der Schuldenagentur wurden 382 Millionen Euro mit viermonatigen Papieren und 1,6 Milliarden Euro mit zwölfmonatigen Papieren eingenommen. Der durchschnittliche Zins für die über vier Monate laufenden Anleihen lag bei 2,168 Prozent. Im Februar mussten für eine Anleihe über drei Monate noch 3,845 Prozent gezahlt werden. Für die ein Jahr laufenden Papiere sank der durchschnittliche Zins auf 3,652 Prozent nach zuletzt 4,943 Prozent.

Vertreter im Umfeld des Geschäfts zum Reuters-Dienst IFR - Nachfrage nach fünfjährigem EFSF-Bond über 4 Mrd Euro liegt bei 12,8 Mrd Euro.

Wir nehmen diese Ergebnisse wohlwollend zur Kenntnis. Realisiert der Finanzmarkt damit, dass die strukturellen Haushaltsdefizite damit in der Eurozone weitgehend adressiert und zu wesentlichen Teilen bereinigt sind. Nun, ein solches Fazit wäre verfrüht, aber die Signale sind ermutigend.

Der deutsche Finanzminister Schäuble stellte seine Haushaltsplanung für die kommenden Jahre vor. Im Vergleich zu der restlichen westliche Welt sind die Rahmendaten unglaublich gut.

Das reicht unserem Bundesbankpräsidenten Weidmann jedoch nicht. Dazu bedienen wir uns der Reuters-Nachricht:

Bundesbank-Chef kritisiert Haushaltsplanung der Bundesregierung. (Reuters) - Bundesbank-Chef Jens Weidmann hat die Haushaltsplanung der Bundesregierung für die Jahre 2013 bis 2016 kritisiert. Deutschland habe bei der Konsolidierung des Etats zuletzt zwar beachtliche Erfolge erzielt (Wir freuen uns ob dieser Feststellung!) und stehe im Vergleich zu anderen Ländern auch relativ gut da (Das ist eine Untertreibung!), sagte Weidmann der "Süddeutschen Zeitung" laut Vorab-Bericht aus der Donnerstag-Ausgabe. "Aber es ist nicht gerade ambitioniert, dass das strukturelle Defizit des Bundes in diesem Jahr ansteigen soll, und dass der Bund seinen Haushalt erst 2016 ausgleichen möchte." (Man muss in Deutschland wohl alle Erfolge zerreden? Dieser Weg entspricht der Planung und galt vor kurzem noch als recht ambitioniert oder?)

Es sollten nicht die Fehler der Vergangenheit wiederholt werden. "Hier wurde häufig die Chance verpasst, positive Überraschungen zum zügigeren Defizitabbau zu nutzen." (Das ist richtig, die Situation ist nach der größten Krise seit 1929/32 aber eine völlig andere…) Auch stehe die Bundesrepublik in Europa in besonderer Verantwortung, ihre Fehlbeträge auf allen Ebenen zügig zu reduzieren, sagte Weidmann. (Warum? Haben wir nicht wesentliche Reformen schon frühzeitig in der Agenda 2010 umgesetzt und die Defizite in den letzten Jahren rasch reduziert? Das hatte die Bundesbank doch gar nicht erwartet oder?)

Die Bundesregierung hatte am Mittwoch Forderungen auch aus der Koalition nach einem schärferen Sparkurs abgelehnt. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte gesagt, ihr Ziel sei eine richtige Mischung aus Konsolidierung und Wachstumsimpulsen (Das sollte übrigens auch für die Reformländer gelten Frau Dr. Merkel). Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sagte bei der Vorstellung der Etateckwerte für 2013 und der neuen Finanzplanung des Bundes bis 2016, Finanzpolitik und Sozialpolitik seien eine Einheit. Spätestens in vier Jahren will die Regierung ohne neue Kredite auskommen. Wegen der Euro-Rettung muss sie allerdings in diesem Jahr die Neuverschuldung noch einmal deutlich hochfahren (Na, das ist eben ein exogener Effekt und nicht extrapolierbar Herr Weidmann!).

Fakt ist, dass unsere Probleme im Vergleich zu USA, Japan und UK reine Luxusprobleme sind. Die Struktur unserer Wirtschaft (Produktion) gekoppelt mit der umgesetzten Reformagenda 2010 als auch die Subvention durch Zinsniveau und Währungskurs dank der Defizitländer sind unser für viele überraschender Erfolgsmix.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das eine neutrale Haltung in der Parität EUR-USD favorisiert. Ein nachhaltiger Ausbruch aus der Bandbreite 1.2950 - 1.3330 eröffnet neue Opportunitäten.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



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