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Nervosität um Euro-Peripherie wieder ausgeprägt - Deutschland setzt Ausrufezeichen

15.05.2012  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (07.57Uhr) bei 1.2843, nachdem im Verlauf der letzten 24 Handelsstunden Tiefstkurse im europäischen Handel bei 1.2826 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 79.90. In der Folge notiert EUR-JPY bei 102.55, während EUR-CHF bei 1.2012 oszilliert.

Das mit Spannung erwartete Treffen der griechischen Parteien mit dem Staatspräsidenten gestern Abend verlief ergebnislos. Man möchte sich heute erneut treffen und die Bildung einer Technokratenregierung diskutieren. Diesem Vorschlag werden allgemein keine großen Erfolgschancen eingeräumt, weil die linke Syriza Partei zustimmen müsste. Diese sieht sich aber als stärkste Partei nach einer Neuwahl und wird daher nur zu gerne das Zünglein an der Waage sein….

Neben Griechenland steht weiter Spanien aufgrund seiner schwierigen Bankensituation im Fokus der Finanzmärkte. Die Banken sind quasi vom Interbankenmarkt abgekoppelt. Sie müssen sich das nötige Geld für ihre Geschäfte bei der EZB leihen. So kam im April die Rekordsumme von 316.9 Mrd. EUR zusammen. Um gegen die Vertrauenskrise anzugehen kündigten die spanischen Banken an, weitere Milliardenrückstellungen für fragwürdige Immobilienkredite zu bilden.

Spanien hat bereits seinen Kapitalbedarf für dieses Jahr zu mehr als der Hälfte gedeckt. Gestern wurden 12- und 18- Monatspapiere ausgegeben, die die Iberer zu schlechteren Konditionen 2.985/3.302% zu vormals 2.623/3.11% refinanzieren konnten. Die 10Y-Anleihe rentierte sich erstmals seit Dezember 2011 über 6.2% nahe dem Rekordsatz von 6.27%.

Italien muss ebenfalls mit weiter hohen Zinssätzen leben. In der gestrigen Versteigerung von 3y-Anleihen mussten sie 3.91% bieten (zuvor 3.89%), für 10Y-Papiere lagen die Zinsen bei 5.66% und für 13Y-Bonds bei 5.9%.

Die Ratingagentur Moody´s stufte in einer als Rundumschlag zu bezeichnenden Aktion gleich 26 italienische Banken herunter. Als Gründe wurden hierbei der erneute Rückfall Italiens in die Rezession und die Sparmaßnahmen der Regierung angeführt. Durch den geringeren Kreditbedarf sieht Moody´s die Einnahmenseite der Banken stark unter Druck. Der Ausblick von 26 Banken bleibt weiter negativ - es drohen kurzfristig weitere Herabstufungen.

Deutschland konnte sich im Dunstkreis der Schuldenkrise wieder äußerst günstig Geld leihen - quasi zu Null. In einer Versteigerung von Sechsmonatspapieren im Umfang von 3.3 Mrd. EUR ergab sich eine Durchschnittsrendite von 0.0371%. Anfang April betrug sie noch 0.066%. Der Ruf Deutschlands als sicherer Hafen bleibt gefragter denn je ... in diesem Umfeld schoss der Bund-Future auf einen Rekordstand von 43.64 Punkten und die 10Y Bundesanleihe fiel auf ein Niveau von 1.433% - was ebenfalls einen neuen Rekord bedeutet.

Die Deutsche Wirtschaft zeigt sich einmal mehr robust und demonstriert Stärke. Das Bruttoinlandsprodukt stieg von Januar bis März um 0.5 Prozent zum Vorquartal (…) Verglichen mit dem ersten Quartal 2011 zog das Bruttoinlandsprodukt um 1,7 Prozent an und damit mehr als doppelt so kräftig wie erwartet.

Besonders erfreulich ist der Umstand, dass der heimische Konsum - welcher lange Zeit als gesättigt galt - das Wachstum stark positiv beeinflußte. Die gute Arbeitsmarktlage und die letzten Tarifabschlüsse bereiteten den Verbrauchern wieder Kauflaune. Außerdem werden viele in den letzten Jahren zurückgestellte Kaufe nun nachgeholt.

Der Euro wurde von den Turbulenzen in Europa nicht verschont und verlor weiter gegenüber den meisten Währungen. Gegenüber dem US-Dollar notierte er auf dem tiefsten Stand seit Ende Januar.

Nach der rapiden Talfahrt befinden wir uns jetzt bei der wichtigen Unterstützung von 1,2820. Die politische Agenda bleibt weiter bestimmend und kann einen Durchbruch bringen, der uns zügig zu 1,2770/-50 mit Kurs auf 1,2700 führt.

Für den unwahrscheinlicheren Fall, dass wir positive Nachrichten aus Euroland hören sollten, stehen momentan die 1,2880 und 1,2980 vor uns, die es zu überwinden gilt, bevor die 1,3100-Marke wieder in eichweite kommt.

Die Industrieproduktion in der Eurozone fiel im Berichtsmonat März unerwartet um 0.3%, nachdem es per Februar ein Wachstum um 0.8% gab. Die verschiedenen Länder klafften hier stark auseinander. In Deutschland (+1.3%) und Italien (+0.5%) gab es positive Signale, während aus Frankreich (-0.9%) und aus Spanien (-1.8%) Rückgange in der Produktion gemeldet wurden.

Im Jahresvergleich ergibt sich ein Rückgang um 2.2%, nachdem schon die Produktion in den drei Vormonaten um jeweils mehr als 1.5% zurückging. Das Resultat europäischer Sparpolitik ist hier offenkundig ...

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Wir erwarten heute eine Reihe aufschlussreicher Konjunkturindikatoren für Euroland und USA - gleichwohl bleibt die aktuelle Marktlage maßgeblich von den politischen Ereignissen geprägt ...

Viel Erfolg!


© Moritz Westerheide
Bremer Landesbank



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