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Edelmetalle Aktuell

09.07.2010  |  Wolfgang Wrzesniok-Roßbach
Edelmetalle wie Gold, Silber, Platin und die Platingruppenmetalle Palladium, Iridium, Osmium, Ruthenium und Rhodium gehören zum Kerngeschäft der W. C. Heraeus GmbH mit Stammsitz in Hanau. Das Tochterunternehmen Heraeus Metallhandelsgesellschaft mbH ist für den weltweiten Handel der Edelmetalle im Konzern tätig. In einem wöchentlich erscheinenden Marktbericht veröffentlicht das Unternehmen einen Marktüberlick in mehreren Sprachen.


  • Gold

Der Goldpreis bewegte sich in den letzten beiden Wochen zunächst tendenziell nach unten, wobei er zeitweise unter die Marke von 1.190 $ und damit auf den tiefsten Stand der letzten sechs Wochen fiel. Eine geringeres Interesse der Investoren, der zeitweise sehr schwache Ölpreis und eine schwächere Nachfrage nach Metall für Schmuck- und Industriezwecke waren dabei die treibenden Kräfte.

In den letzten 24 Stunden konnte sich das Metall dann aber wieder erholen; der in die Mittsiebziger zurückkehrende Ölpreis und ein sich überraschend deutlich erholender Euro/Dollar-Kurs waren dabei die treibenden Kräfte.

Für den größten Aufreger der letzten beiden Wochen sorgte eine Erklärung der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ). Sie gab bekannt, dass sie im ersten Quartal eine extrem große Menge an Goldswaps, nämlich 349 Tonnen, mit europäischen Geschäftsbanken getätigt habe. Die Geschäfte hätten überwiegend eine Laufzeit von unter einem Jahr und seien durch Gold abgesichert, das bei Zentralbanken liegen würde ("backed by gold held at central banks").

Ein Goldswap ist rein rechtlich eine Kombination aus einem Kassa- und einem Termingeschäft. Die beiden Partner tauschen dabei für einen vorab festgelegten Zeitraum Gold und (in Höhe des aktuellen Marktwertes des Goldes) Devisen aus. Im konkreten Fall hat die BIZ (über das jeweilige Kassageschäft) Gold angekauft und dem Handelspartner dafür Dollars oder eine andere Währung gezahlt. Gleichzeitig wurde aber zu jedem Ankauf ein Geschäft über einen Rückverkauf des Goldes von der BIZ an den Handelspartner vereinbart. Dessen Erfüllungsdatum liegt irgendwann in der Zukunft. Für diesen Rückverkauf wird der Preis bereits auch schon zu Beginn des Swaps festgelegt. Der Unterschied zwischen dem Goldpreis für den Ankauf und jenem für den Rückkauf ist übrigens prozentual relativ klein und bildet den Zinsunterschied zwischen den Geldmarktzinsen und dem korrespondierenden Zinssatz für eine Goldleihe ab. Preisrisiken hat bei einem Swap keiner der beiden Partner, solange beide Teile des Geschäftes erfüllt werden.

(Edelmetall-)Swaps sind auf den Finanzmärkten tägliches Geschäft. Verwendet wird ein solches Konstrukt z.B. von jemandem, der Gold besitzt und dann aber für eine bestimmte Zeit Dollars (oder Euros) benötigt. Gleichzeitig will er das Gold aber vielleicht nicht dauerhaft verkaufen, sondern nutzt es quasi (wenn auch nicht in einem juristischen Sinne) als "Kreditsicherheit" für die vorübergehend erhaltene Liquiditätsspritze.

Umgekehrt gibt es auch Fälle, in denen jemand für einen bestimmten Zeitraum Edelmetall benötigt, aber vielleicht auf Barreserven sitzt. Hier kann er sich das Edelmetall mit Hilfe eines Swaps besorgen und hinterlegt dafür Geld bei seinem Handelspartner. Der Vorteil gegenüber einem Kauf des Metalls ist, dass bei einem Swap durch den schon zu Beginn vereinbarten Rückverkauf des Metalls auch hier kein Kursrisiko für die beiden Partner besteht.

Bis hierher scheint also das durch die BIZ getätigte Geschäft ein ganz normaler Vorgang zu sein. Denn als "Zentralbank der Zentralbanken" hat die BIZ schon immer in der einen oder anderen Form Goldgeschäfte im Auftrag von Zentralbanken durchgeführt, die nicht selbst auf dem Markt auftreten können oder wollen.

Und gerade angesichts des Finanzbedarfs der südeuropäischen Länder nach der Verschärfung der Finanzkrise im Winter machte es ja durchaus Sinn, dass sich diese Länder dringend benötigtes Kapital, ggf. auch bei der BIZ besorgen und diese dafür dann Teile der Goldreserven dieser Länder als eine Art Rückversicherung hereinnimmt. Immerhin verfügen die Mittelmeerländer über erheblich Goldvorräte: Italien besitzt 2.452 Tonnen Gold (die viertgrößten Reserven weltweit), Portugal 383 Tonnen (Nr. 14), Spanien 282 Tonnen (Nr. 19) und Griechenland 112 Tonnen (Nr. 30)

Was den vorliegenden Fall allerdings dann doch ungewöhnlich macht, ist der von der BIZ bekanntgegebene Umstand, dass ihre Handelspartner bei dieser Hereinnahme von Gold nicht die Zentralbanken waren, sondern Geschäftsbanken. Diese haben in der Vergangenheit sicher immer wieder Gold von der BIZ geliehen und dafür Zinsen bezahlt (auch das ein übliches Geschäft zwischen Zentral- und Geschäftsbanken), aber dass der umgekehrte Weg beschritten wird, ist doch eher ungewöhnlich: Geschäftsbanken verfügen in der Regel ja nicht gerade über einen Keller voll eigenes Gold, das sie in einem möglichen Ernstfall vorübergehend gegen Geld eintauschen könnten.

An dieser Stelle kann deshalb nur spekuliert werden, was wirklich hinter den von der BIZ getätigten Geschäften steckt. Da Geschäftsbanken kein eigenes Gold in der oben genannten Größenordnung haben und es für sie auch keinen Sinn macht, auf eigene Rechnung von "ihrer" Zentralbank erst Gold zu leihen, um dieses dann bei der BIZ gleich wieder in Geld umzutauschen (dann kann man die eigene Zentralbank ja auch gleich um Geld bitten), scheint uns die wahrscheinlichste Variante zu sein, dass hinter dem Geschäft doch irgendwie Zentralbanken mit einem Liquiditätsbedarf stehen, die aber aus irgendeinem Grund bei der Transaktion Geschäftsbanken dazwischengeschaltet haben. Vielleicht hatten die Zentralbanken früher ihrerseits Goldswap-Geschäfte mit Geschäftsbanken abgeschlossen, angesichts der Diskussion um mögliche Staatspleiten wollten letztere die evt. zur Verlängerung anstehenden Geschäfte aber nicht länger in den Büchern haben und haben sie deshalb quasi an die BIZ abgetreten. Am Ende heißt es nun schlicht und ergreifend abzuwarten, ob die BIZ und/oder Zentral- oder Geschäftsbanken in dieser Frage noch mehr Details veröffentlichen werden, um Diskussionen, Spekulationen und vielleicht auch Ängste bei den Anlegern wieder einzudämmen.




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