Viel Verbalakrobatik - Lage an Finanzmärkten weitgehend stabil
22.05.2012 | Folker Hellmeyer
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Die Finanzmärkte werden mit Einlassungen von allen Seiten geflutet. Während in London und New York, aber auch vereinzelt in Frankfurt, das Thema "Grexit“ (Exit Griechenlands aus der Eurozone) diskutiert oder sogar diskontiert wird, erreicht uns von dem scheidenden Chefvolkswirt Meyer der Deutschen Bank das Thema "GEURO“, einer Parallelwährung auf Schuldscheinbasis.
Beide Themen nehmen wir zur Kenntnis. "Grexit“ kann wegen der Wahlen in Griechenland am 17. Juni nicht ausgeschlossen werden Die Wahrscheinlichkeit liegt aber bei weniger als 20%. Der "GEURO“ ist als akademisches Thema interessant, er ist aber nicht notwendig relevant. Eine derartige Politikausrichtung würde das Potential der Unruhe und Unsicherheit massiv erhöhen und wäre nach meiner Ansicht in hohem Maße kontraproduktiv. Sollte dann anschließend für Irland der "IEURO“, für Portugal der „PEURO, für Spanien der „SEURO“ und für Deutschland schlussendlich der "DEURO“ etabliert werden?
Herr Asmussen bemüht sich um einen Wachstumspakt in der Ausrichtung der deutschen Agenda 2010 unter Beibehaltung des Fiskalpakts, während Herr Hollande das Thema Eurobond verschärft der Öffentlichkeit zuführt. Frau Merkel adressiert Differenzen zur französischen Position und redet über den Geist, gemeinsame Lösungen zu finden. Dabei ist zu betonen, dass sie bisher eher ein Diktat der deutschen Positionen durchsetzte. Hoffen wir, dass der Geist, den sie thematisiert nicht nur eine flüchtige Erscheinung ist.
Was kann man aus diesen Einlassungen als Fazit mitnehmen? Die Tatsache, dass alle Themen diskutiert werden, darf als Ausdruck einer anstehenden Neuausrichtung der europäischen Krisenpolitik gewertet werden. Diese Neuausrichtung wird in Richtung Wachstumspolitik bei Beibehaltung des Fiskalpakt gehen. Die Zeitrahmen der Strukturreformen werden voraussichtlich für die Reformländer flexibilisiert.
Auch Frau Merkel kommt nicht umhin, zu akzeptieren, dass Politik sich zwischen drei Polen, der fiskalischen Stabilität, der konjunkturellen Stabilität und der gesellschaftspolitischen Stabilität, bewegen muss, um erfolgreich zu sein. So wie sie nach Amtsübernahme in Deutschland sogar Teile der Agenda 2010 moderierte, um der konjunkturellen und gesellschaftspolitischen Stabilität Tribut zu zollen, ist Frau Merkel gut beraten, diese Erkenntnisse auch auf die aktuellen Reformländer anzuwenden. Ansonsten bestünde das Risiko, dass die bisher vorgenommenen Reformen schneller zu Historie ohne Wert werden, als es dem deutschen Geschäftsmodell zuträglich wäre, da knapp 70% der Exporte des deutschen Mittelstands, dem Rückgrat der deutschen Wirtschaft, in die Eurozone gehen.
Gestern stand nur die Veröffentlichung des "Chicago Fed National Activity Index“ auf der Agenda. Per Berichtsmonat April ergab sich ein Anstieg von zuvor -0,44 (revidiert von -0,29) auf +0,11 Punkte. Der Sammelindex aus 85 Einzelindikatoren der US-Wirtschaft zeigt damit wieder in Richtung Wachstum. Der Ausflug in negatives Terrain erscheint damit nur ein kurzfristiger Ausrutscher gewesen zu sein.
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In Nordamerika legt das Geschäftsklima trotz der schwelenden Krise der Reformländer der Eurozone weiter zu. Diese Entwicklung darf als Indiz gewertet werden, dass das Thema der europäischen Defizitkrise weniger Traktion als zuvor entwickelt. Was heißt das für die historisch großen Shortpositionen gegen Kontinentaleuropa? Wenn das Thema keine verschärfte Traktion entwickelt, nimmt das Risiko für die Shortpositionen auf Europa zu, oder?
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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das eine neutrale Haltung in der Parität EUR-USD favorisiert. Ein nachhaltiger Ausbruch aus der Bandbreite 1.2600 -1.3100 eröffnet neue Opportunitäten.
Viel Erfolg!
© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank
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