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Hohe Lagerbestände belasten den Ölpreis nur leicht

29.07.2010  |  Eugen Weinberg
Energie

Der WTI-Ölpreis fiel nach der Veröffentlichung enttäuschender US-Konjunkturdaten und der US-Lagerdaten bis auf 76 USD, handelt am Morgen aber schon wieder über 77 USD je Barrel. Die US-Rohölvorräte sind nach Angaben des US-Energieministeriums in der vergangenen Woche um 7,3 Mio. Barrel gestiegen. Dies war der stärkste Anstieg seit Oktober 2008. Auch die Vorräte an Ölprodukten verzeichneten Zuwächse. Wie schon beim API-Bericht am Vortag war der Lageraufbau bei Rohöl auf einen kräftigen Anstieg der Rohölimporte bei einem gleichzeitigen Rückgang der Raffinerieauslastung zurückzuführen. Zum einen kann man den Importanstieg auf den höchsten Stand seit knapp vier Jahren mit der Rückführung der "schwimmenden Öltanks" wegen des geringeren Contango erklären.

Zum anderen dürfte der herannahende tropische Sturm Bonnie die Entladung der Tankschiffe begünstigt haben. Der saisonal übliche Rückgang der Bestände bleibt damit vorerst noch aus, auch wenn in der kommenden Woche die Rohölvorräte fallen dürften. Denn wegen Bonnie wurden im Golf von Mexiko mindestens 2 Mio. Barrel Rohöl weniger produziert. Dazu dürften auch die Importe niedriger ausfallen. Anfang Juli fielen die Rohöllagerbestände nach Hurrikan Alex innerhalb von zwei Wochen um 10 Mio. Barrel.

Aktuell beobachtet der Ölmarkt nur am Rande das Geschehen um den Iran, nachdem die EU, Kanada und Australien nach der neuen Resolution des UN-Sicherheitsrates die Sanktionen gegen das Land verschärft haben. Ein Einlenken der iranischen Führungsspitze im Atomkonflikt würde zu einem Rückgang der Unsicherheitsprämie beim Ölpreis führen.

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Edelmetalle

Der Goldpreis kann sich bei 1.165 USD bzw. 895 EUR je Feinunze stabilisieren. Der kräftige Preisrückgang der vergangenen Tage ist auf ein nachlassendes Interesse der Finanzanleger zurückzuführen. Der weltgrößte Gold-ETF, SPDR Gold Trust, vermeldet mit 18,5 Tonnen den größten Tagesabfluss seit April 2008. Dies steht im Gegensatz zur Entwicklung im zweiten Quartal. Angaben des World Gold Council zufolge haben Investoren im zweiten Vierteljahr netto 273,8 Tonnen Gold via ETFs gekauft. Dies stellt die zweithöchsten jemals gemessenen Zuflüsse auf Quartalsbasis dar. Die gesamten Goldbestände in ETFs sind damit auf rund 2.015 Tonnen gestiegen.

Investoren haben im vergangenen Quartal stark Vermögenswerte nachgefragt, die Sicherheit, Diversifikation und Liquidität offeriert haben. Daneben wurde Gold auch als Währungsersatz gekauft, nachdem viele Währungen hoher Volatilität ausgesetzt waren und gegenüber dem US-Dollar an Wert verloren haben. Dies spiegelt sich u.a. in einer hohen Münznachfrage wider. Die US-Münzprägeanstalt berichtet in Q2 von Umsätzen von über 480 Mio. USD. Der World Gold Council berichtet weiter, dass neben der deutlich anziehen Investmentnachfrage auch die Schmucknachfrage vom relativ schwachen Niveau 2009 wieder angezogen hat. Diese stieg im ersten Quartal im Vergleich zum Vorjahr um 43% auf 471 Tonnen und wurde hauptsächlich durch Schwellenländer getrieben. Vorläufige Berichte zum zweiten Quartal sehen eine Fortsetzung des Trends.


Industriemetalle

Trotz schwacher US-Konjunkturdaten - die Auftragseingänge für langlebige Wirtschaftsgüter fielen schlechter aus als erwartet - können sich die Metalle auf ihren relativ hohen Preisniveaus halten. Der nach wie vor hohe Risikoappetit der Marktteilnehmer gibt den Preisen weiter Unterstützung. Darüber hinaus wird eine gute Quartalsberichtsaison der großen Minenunternehmen erwartet, die heute vom brasilianischen Rohstoffkonzern Vale eröffnet wird. Bereits in den letzten Tagen haben sich einige kleinere Unternehmen optimistisch über die Zukunftsaussichten im Rohstoffsektor geäußert. So geht beispielsweise der belgische Zink- und Bleiproduzent Nyrstar von einer weiteren Erholung der Nachfrage aus und zeichnet auf mittel- bis langfristige Sicht ein sehr positives Bild.

Unterdessen hat die peruanische Regierung die Bleischmelze "La Oroya" des Doe Run-Konzerns permanent geschlossen und überlegt zugleich, dem Unternehmen ganz die Betriebserlaubnis zu entziehen. Die Schmelze wurde bereits vor einem Jahr stillgelegt, nachdem dem Unternehmen im Zuge der Wirtschaftskrise das Geld ausgegangen ist. Zudem kommt Doe Run nicht seinen Verpflichtungen nach, die mit Giftstoffen massiv verseuchte Umgebung der Raffinerie zu dekontaminieren. Es wird nun erwartet, dass die Fabrik verkauft und anschließend die Produktion wieder aufgenommen wird. Dies würde das allerdings ohnehin schon hohe Angebot am globalen Bleimarkt nochmals ausweiten.


Agrarrohstoffe

Die preistreibenden Nachrichten für Weizen reißen derzeit nicht ab. Gestern senkte das russische Agrarmarktforschungsunternehmen SovEcon seine Prognose für die russischen Weizenexporte im Erntejar 2010/11 auf 11 Mio. Tonnen, was einem Rückgang um 40% gegenüber dem Vorjahr entsprechen würde. Ein anderes russisches Institut, IKAR, senkte seine Prognose für die russische Weizenernte um 4 Mio. auf nur noch 47 Mio. Tonnen. Im vergangenen Jahr wurden in Russland noch 62 Mio. Tonnen Weizen geerntet. Da gleichzeitig die Ernten in anderen wichtigen Exportregionen bzw. -ländern wie der Europäischen Union, der Ukraine und Kasachstan ebenfalls stark zurückgehen dürften und die Ernte in Australien erst im kommenden Jahr zur Verfügung steht, bleiben eigentlich nur noch die USA, um den Angebotsausfall zu kompensieren. Zwar rechnet das USDA in diesem Jahr mit einer um 4 Mio. Tonnen höheren US-Weizenernte. Dies würde aber lediglich ausreichen, den erwarteten Ernterückgang im benachbarten Kanada auszugleichen.

Entsprechend dürfte es zu einem Abbau der weltweiten Lagerbestände kommen. Heute veröffentlicht der International Grains Council seine neuen Angebots- und Nachfrageschätzungen für Getreide. Die bisherige Prognose eines globalen Angebotsüberschusses am Weizenmarkt von 6 Mio. Tonnen dürfte angesichts der jüngsten Entwicklungen auf der Angebotsseite in ein Defizit revidiert werden.


DOE Daten: US-Lagerbestände Rohöl, Ölprodukte und Erdgas

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Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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