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S-Ratingagenturen im Rausch der Herabstufungen Kontinentaleuropas - Athen temporär der unumstrittene Nabel der Finanzwelt - G-20 Treffen in Mexiko

15.06.2012  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (07.45 Uhr) bei 1.2635, nachdem im Verlauf der letzten 24 Handelsstunden Höchstkurse im asiatischen Handel bei 1.2646 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 78.88. In der Folge notiert EUR-JPY bei 99.65, während EUR-CHF bei 1.2010 oszilliert.

In den letzten Wochen ergibt sich für Kontinentaleuropa eine Herabstufung nach der anderen, ob Staaten oder Banken.

  • Dabei spielt die aggressive Reformpolitik der Eurozone, die mittelfristig das Potentialwachstum hebt, keine Rolle (begründetes Positivszenario).

  • Es ist unwesentlich, dass die strukturellen Haushaltsdefizite der Reformländer weitgehend neutralisiert sind (Martin Feldstein hat es aber schon erkannt …)
  • Es ist unerheblich, dass der deutliche Gesundungsprozess in der Waren- und Dienstleistungsbilanz der Reformländer ins Auge sticht.

  • Es spielt keine Rolle, dass die Schuldenstände Frankreichs oder Spaniens sich weit unterhalb dem Niveau der USA bewegen.

  • Es spielt keine Rolle, dass es EFSF und ESM gibt, die auf Sicht von zwei Jahren Ausfälle ausschließen.

  • Das Griechenlandproblem ist offensichtlich aus Sichtweise der US-Agenturen nur ein Problem europäischer Banken. Es wird nicht hinterfragt, was ein Scheitern der Eurozone für den Rest des Finanzsystems bedeutete.

  • Es werden für Kontinentaleuropa nur Negativszenarien gespielt und Positivszenarien zu 100% ausgeblendet.

Der Prozess lässt sich nahezu als ein Rausch der Herabstufungen Kontinentaleuropas erfassen. Offensichtlich wirken sich die Risiken, die von Griechenland ausgehen nur auf europäische Banken aus. Wir nehmen das zur Kenntnis.

Warnte Obama nicht gerade vor den Folgen für die USA. Müssten die US-Agenturen dann nicht auch die US-Banken und sogar die USA in die Herabstufungssippenhaft nehmen? In dieser globalen Welt ist doch alles miteinander vernetzt oder? Abstraktionsfähigkeit ist offensichtlich keine Stärke der Agenturen oder ist eine politische Agenda contra Kontinentaleuropa erkennbar?

Anders ausgedrückt: Es gilt, die Verankerung der Bedeutung der Agenturen im "Legal Framework" so zu beschneiden, dass es lediglich nicht bindende Empfehlungen respektive Analysen sind. Die Asymmetrie der Bewertungen in den letzten 12 Jahren ist massiv. Keine Fehlentwicklung wurde in den USA und UK frühzeitig kritisch begleitet.

Bei der Eurozone ergibt sich eine solitäre Fokussierung auf Negativszenarien. Die massive konsumtive Neuverschuldung in den USA ist im gleichen Moment offensichtlich irrelevant. Das Verfehlen der Ziele der Reformpolitik im UK ist bei massiver Neuverschuldung irrelevant. Wie viel mehr implizite Belege sind notwendig, eine politische Agenda erkennen zu können?

Ansonsten schauen wir auf Athen. Athen darf sich temporär als Nabel der Finanzwelt fühlen. Die Wähler entscheiden am Wochenende, ob sich Athen dann anschließend von der Weltbühne verabschiedet. Ein Austritt aus der Eurozone hätte die Implosion der griechischen Wirtschaft als Folge. Ergo heißt es für die Griechen, den aktuellen Moment der internationalen Beachtung zu genießen. Es könnten für lange Zeit, die letzten Momente gewesen sein. Wir schauen auch auf das G-20 Treffen in Mexiko. Notfallplanungen der Zentralbanken laufen laut

Reuters und Bloomberg. G-20 Treffen in diesem Umfeld sind geeignet, eine vollständige Verunfallung nahezu auszuschließen.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den USD gegenüber dem EUR favorisiert. Ein nachhaltiges Überwinden des Widerstandsfelds bei 1.2820 - 50 neutralisiert den negativen Bias des Euros.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



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