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Bernanke zeigt sich verhalten - alles fokussiert sich auf den 12. September …

18.07.2012  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (07.52 Uhr) bei 1.2270, nachdem im Verlauf der letzten 24 Handelsstunden Höchstkurse im europäischen Handel bei 1.2316 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 79.00. In der Folge notiert EUR-JPY bei 96.90, während EUR-CHF bei 1.2010 oszilliert.

Ben Bernanke hat die Erwartungen der Finanzmärkte nicht voll erfüllen können. Wie so häufig überfordert der Markt in seiner Lust auf noch mehr Vollkaskoversicherung Zentralbanken und Politik.

Bernanke hat deutlich gemacht, dass bei stärkerer Verunfallung der US-Konjunktur mit besonderem Augenmerk auf den US-Arbeitsmarkt alle Optionen offenstehen. Das war eine klare Ansage. Nun denn, sie reichte halt nicht.

Es drängt sich der Eindruck auf, dass vor dem 12. September 2012, der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, kein Pulver seitens der Zentralbanken verschossen werden soll. Diese Entscheidung erscheint klug und weise zu sein. Falls es zu einem verfassungsrechtlichen deutschen Debakel kommen sollte, ist voraussichtlich die geeinte Feuerkraft auf G-10 gefordert, die Schäden auf globaler Ebene einzugrenzen.

Hier wird einmal mehr deutlich, dass die vernetzte reale als auch finanzielle Globalwirtschaft an nationale Rechtsnormen andere Anforderungen stellt als 1948 (Grundgesetz). Wer glaubt, dass der deutsche Steuerzahler durch ein Veto des Bundesverfassungsgerichts geschützt wird, mag rechtlich richtig liegen und faktisch dennoch vollständig daneben.

Wenn der Unfall des Zerfalls der Eurozone auf die Agenda kommt, wird Deutschland mit seinem exportseitigem Geschäftsmodell das größte Opfer sein. Dann wird es deutlich weniger Steuerzahler und ein deutsches fiskalisches Debakel geben. 2009 lieferte den Prolog, diesmal hilft aber kein Kurzarbeitergeld oder eine Abwrackprämie als konsumtives Wachstumssubventionstool. Ob damit ein für die Eurozone negatives Urteil seitens des Bundesverfassungsgerichts im übergeordneten Interesse der deutschen Rechtsstaatlichkeit und Demokratie ist, wird sich zeigen müssen, da in extremen Krisenzeiten sowohl Rechtsstaatlichkeit als auch Demokratie grundsätzlich schnelle Opfer sind.

Wir haben in Deutschland damit sehr einschneidende historische Erfahrungen. Viele aktuell lautstarke Protagonisten, insbesondere aus München, vergessen anscheinend, dass die Stabilität der Demokratie grundsätzlich mit der wirtschaftlichen Stabilität korreliert ist. Ja, Demokratie ist ein Luxusgut des Wohlstands. Es gilt, den Sinnspruch "Gut gemeint, ist nicht notwendig gut gemacht!“ nicht aus dem Fokus zu verlieren.

Quintessenz unter Marktgesichtspunkten ist nach dem gestrigen Tag, dass bis zum 12. September der Euro als auch Risikoaktiva der Eurozone kein nachhaltiges Aufwärtspotential haben werden. Bezüglich der Konjunktur wird sich die "Dürrephase“ bis zum 12. September aller Voraussicht nach auf globaler Ebene fortsetzen. Das europäische Debakel ist der Mühlstein am Hals der globalen Konjunktur - wir sind hier in der Eurozone schon richtig klasse ….

Die Deutschen lehnen dank medialer Dauerbeschallung durch "Anti-Eurozonenkräfte“ unter Ausblendung der Reformerfolge eine Vergemeinschaftung der Schulden ab und forcieren damit eine Vergemeinschaftung der Folgen nicht nur für sich selbst, sondern für die Weltwirtschaft und das Weltfinanzsystem. Diesen Zusammenhang nicht zu erkennen, ist mehr als fahrlässig. Der Schaden auf makroökonomischer Ebene als auch der Ebene der Bewertung finanzieller und ökonomischer Aktiva ist mittlerweile ein im zweistelligen Bereich Vielfaches der Interventionssummen innerhalb der Eurozone.

Wir diskutieren als Konsequenz intern die Begriffe Verantwortung und ordnungspolitische Rechthaberei als auch Hybris. Mehr gibt es hier nicht zu sagen.

Wir wollen heute auch noch zu dem HSBC Skandal Stellung nehmen. Es wird eine Pönale in Höhe von 1 Mrd. USD diskutiert. Wir empfehlen, die Gewinne aus der Geldwäsche der letzten 10 Jahre als Pönale …

Ich fasse mich kurz. Die Entwicklung der globalen Bankenaristokratie hat dazu geführt, dass diese Banken sich wie Staaten im Staate verhalten. Dabei erkennen sie die Spielregeln und Rechtsnormen nicht im erforderlichen Maße an. Sie arbitrieren die Staaten bei Steuerlast und Regulierung aus. Sie nehmen die Staaten in Krisenfällen aber in Geiselhaft.

Ich habe in meinem Buch "Endlich Klartext“ 2007/2008 die Zerschlagung dieser Strukturen gefordert. Die Lobby dieses Kartells hat sich dem bisher erfolgreich widersetzt. Im Gegenteil sind diese Strukturen noch größer geworden.

Es ist an der Zeit, andere Wege als in den letzten vier Jahren in dieser Problemfrage einzuschlagen. Ansonsten ergäbe sich eine dauerhafte Unterordnung der öffentlichen Gesellschaft gegenüber der international tätigen Bankenaristokratie.


Werfen wir einen kurzen Blick auf die gestern veröffentlichten Wirtschaftsdaten:

  • Der ZEW-Sentimentindex sank per Juli von -16,9 auf -19,6 Punkte. Der Index, der die Bewertung der aktuellen Lage abbildet verlor massiv von 33,2 auf 21,1 Zähler.

  • Die US-Verbraucherpreise waren per Berichtsmonat Juni im Monatsvergleich unverändert . Im Jahresvergleich kam es zu einem Anstieg um 1,7% wie bereits im Vormonat.

  • Die Industrieproduktion legte in den USA per Juni im Monatsvergleich um 0,4% zu. Die Kapazitätsauslastung stellt sich per Juni auf 78,9%.

  • Der "NAHB Housing Market Index“ zog per Juni deutlich von zuvor 29 auf 35 Punkte an und markierte damit den höchsten Stand seit mehr als fünf Jahren.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den USD gegenüber dem Euro favorisiert. Erst ein nachhaltiges Überwinden der Widerstandszone bei 1.2530 - 60 neutralisiert den negativen Bias des Euros.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



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