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Die "Straße zur Erholung" ist eine Sackgasse

31.05.2011  |  Redaktion
Der hochkarätige Finanzanalyst und Vermögensverwalter Marshall Auerback erklärt in diesem exklusiven Interview seine Ansichten über: den IWF; die anhaltende Finanzkrise; die Rohstoffrallye; die Auswirkungen des derzeitigen Ölpreises; den Konflikt in Libyen / Naher Osten; die Manipulation der Edelmetall-Märkte; und last but not least diesen, ironisch gesprochen, "Haufen von Spinnern" - das Gold Anti-Trust Action Committee, GATA.

Marshall Auerback, geboren am 27. Juli 1959 in Toronto, Kanada, ist mit der Szenerie der internationalen Finanzwelt aus erster Hand vertraut. Nach einem "Magna Cum Laude"-Abschluss in Englisch und Philosophie an der Queen’s University im Jahre 1981 und dem Erhalt eines Jura-Diploms am Corpus Christi College der Universität Oxford zwei Jahre später, war er von 1983 bis 1987 als Investment-Manager bei GT Management Ltd in Hong-Kong beschäftigt.

Von 1988-91 war Auerback in Tokio ansässig, wo sich seine Expertise für den pazifischen Raum um den japanischen Aktienmarkt erweiterte. Im Jahr 1992 ging er nach New York City, um einen Emerging-Markets-Hedge-Fonds für die Tiedemann Investment Group bis 1995 zu leiten. Die nächsten vier Jahre arbeitete er als internationaler Wirtschaftsstratege für Veneroso Associates.

Von 1999-2002 leitete er den Global Fixed Income Fonds für David W. Tice & Associates, einer global agierenden Investment-Management-Firma, und verwaltete den Prudent Bear Fonds. Seit 2003 war er als Global-Portfolio-Stratege für RAB Capital Plc tätig, einer in Großbritannien ansässigen Fondsgesellschaft. Zusätzlich war er Co-Manager des RAB Gold Fonds und ein unabhängiger Berater für PIMCO, der weltweit größten Anleihefonds-Management-Gruppe.

Heute ist er der Leiter und Unternehmenssprecher von Pinetree Capital Ltd, einer in Toronto ansässigen Firma, die in erster Linie in Uran, Kohle, Öl, Gas, Edelmetalle, Kali, Lithium, Seltene Erden und unedle Metalle investiert. Darüber hinaus ist er ein Fellow der Economist for Peace and Security (www.epsusa.org) und des Japan Policy Research Institute in Kalifornien (www.jpri.org). Als Braintruster des Franklin und Eleanor Roosevelt Institute in New York City ist er regelmäßiger Kommentator auf "New Deal 2,0" (www.newdeal20.org). Derzeit lebt Marshall Auerback in Denver, USA.



Lars Schall: Herr Auerback, der IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn wurde in einer "Honigfalle" ertappt. (i) Haben Sie irgendeinen Kommentar dazu, wer Strauss-Kahn draußen haben möchte? Wer wen drin haben will? Und was das für den US-Dollar und die Bearbeitung der europäischen Schuldensituation bedeutet?

Marshall Auerback: Also, ich weiß nicht, ob ich das als eine "Honigfalle" einstufen würde. Das sind sehr schwere Anschuldigungen und obwohl man eine Unschuldsvermutung machen muss, ist es auch wahr, dass Herr Strauss-Kahn eine Geschichte dieser Art hat. Es macht sicherlich eine jedwede künftige öffentliche Rolle für ihn unhaltbar in meinen Augen, aber ich glaube nicht, dass es irgendwelche Auswirkungen auf die Schuldenbearbeitungen haben wird.

Unabhängig davon, wer den IWF leitet, sind das alles Markt fundamentalistische Neoliberale für Defizitabbau und Anti-Beschäftigung. Ihre Politik war völlig falsch und verhängnisvoll für die gesamte Weltwirtschaft (insbesondere für die Dritten Welt) seit Anbeginn, und es gibt wenig Grund anzunehmen, dass sich die Dinge signifikant ändern, egal, wer der Leiter ist.

Es ist die Institution, die das Problem ist, und ihre "Lösung" für die Euro-Schuldenkrise ist keine "Lösung" in irgendeinem Sinne des Wortes, genauso wie sich ihre "Lösung" im Jahr 1997 für die Nationen des aufstrebenden Asiens als ein Krebs entpuppte, der die Probleme verschärfte. Es ist eine Institution, die zum Wohle der Banken und Besitzer von Anleihen existiert, nichts sonst.


Lars Schall: Wir kommen gleich wieder auf den IWF zurück. Aber jetzt, da wir im dritten Jahr durch die Finanzkrise gehen, würde ich gerne wissen: ist diese Krise von einer mehr "zynischen Perspektive" aus betrachtet ein Erfolg? Zumindest wurde sie absichtlich durch systematische Deregulierung, Privatisierung und Betrug verursacht, nicht wahr?

Marshall Auerback: Ja, das ist grundsätzlich richtig. Ich habe nichts wirklich den ausgezeichneten Kommentaren, die von meinem Freund Bill Black gemacht wurden, hinzuzufügen. Der Grund, weshalb so wenig Betrug erkannt wurde, ist der, weil niemand sich entschieden hat, hinzuschauen. Und niemand hat sich dafür entschieden, hinzuschauen, weil die Leute, die darin verwickelt sein würden, jetzt diejenigen sind, die die Show schmeißen. Warum in aller Welt sollten sie sich selbst belasten? (ii)

Außerdem würde ich argumentieren, dass es grundlegend ein politisches Problem ist, kein ökonomisches, dem wir heute gegenüberstehen. Mit der Deregulierung kam der Aufstieg des "verwalteten Geldes" - von Pensionsfonds (privaten und öffentlichen), Staatsfonds, Versicherungsfonds, Universitätsstiftungen und andere Vermögensverwaltungen, in denen professionelle Manager platziert sind, die nach der maximalen Rendite suchen. Ebenfalls wichtig war die Umstellung auf "Gesamtrendite" als das Ziel - Rendite plus Kursgewinn.

Jeder Vermögensverwalter konkurriert auf der Grundlage der Gesamtrendite, dem Verdienen von Gebühreneinnahmen und dem Hinzukommen von immer mehr Kunden, wenn man erfolgreich ist. Natürlich ist das Ziel von jedem, der beste zu sein - jeder, der weniger als die durchschnittliche Rendite wieder hereinbringt, verliert Kunden. Es ist aber unmöglich für alle über dem Durchschnitt zu liegen - was mehrere Arten von Verhalten generiert, die das Risiko sicher erhöhen.

Vermögensverwalter werden riskantere Anlagen aufnehmen, um auf höhere Renditen zu spielen. Sie werden neue Produkte erfinden und Marketing einsetzen, um Kunden anzulocken. Oftmals handelt es sich um absichtlich komplexe und undurchsichtige Produkte - desto besser kann man die Kunden täuschen und die Nachahmung durch konkurrierende Unternehmen verhindern. Und das wahrscheinlich wichtigste von allem, es gibt einen starken Anreiz dafür, die tatsächlichen Einnahmen zu übertreiben - indem Verluste nicht anerkannt werden, durch die Überbewertung von Aktiva und durch einfach nur betrügerische Buchführung. Diese Entwicklung ist mit der steigenden Bedeutung der “Schatten-Banken” verbunden - Finanzinstitute, die nicht als Banken reguliert werden.




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