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Leichte Entspannung an den Märkten - Klartext zum bisherigen politischen Schaden!

15.09.2011  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute Morgen (07.17 Uhr) bei 1.3715, nachdem im US-Geschäft Höchstkurse der letzten 24 Handelsstunden bei 1.3783 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 76.65. In der Folge notiert EUR-JPY bei 105.15, während EUR-CHF bei 1.2055 oszilliert.

Die politischen Entwicklungen (siehe Rubrik "Letzte Nachrichten") lieferten gestern Raum für leichte Entspannung an den Finanzmärkten. Risikoaversion ging zurück. Leichte Zuversicht war erkennbar. Der Euro legte zu. Die Aktienmärkten reagierten freundlich und AAA-Bonds verloren leicht an Boden. So weit, so gut. Festzustellen bleibt, dass eine Schwalbe noch keinen Sommer macht.

Die Mahnung, die uns vom Weltbankpräsidenten Zoellick erreicht, ist angemessen. Weltbankpräsident Zoellick sagte gegenüber CNBC, dass sich die größeren europäischen Länder ihren Problemen stellen müssen. Ansonsten würden nicht nur sie, sondern die ganze Weltwirtschaft belastet. Die Eurozone brauche eine viel stärkere fiskalische Union. Ohne diese Entwicklung sei die Eurozone zum Scheitern verurteilt.

Die in der Eurozone geführte Debatte war für Europa und die Weltwirtschaft bisher ein erheblicher Schadensfall. Das politische Risiko der Desintegration war und ist immer noch bestimmend. Es ist nicht die Sättigung der globalen Zyklik. Im Zuge der konjunkturellen Abschwächung wird das Potential der fiskalischen Gesundung geschmälert. Fiskallagen folgen immer Konjunkturlagen.

Die lauten Protagonisten in der deutschen Politik, die den Austritt oder Ausschluss Griechenlands fordern, fordern gleichzeitig, ohne es öffentlich zu sagen, dass ein überschaubares Problem von 370 Mrd. Euro (Ausfallsumme im "Worst Case" bei 50% = 185 Mrd. Euro, deutscher Anteil maximal 45 Mrd. Euro) gegen ein völlig unkontrollierbares Risiko auf globaler Ebene, voraussichtlich deutlich drastischer als die Folgen der Lehman-Pleite, eingetauscht würde.

Werfen wir einen Blick auf die bisherigen Schadenssummen und stellen sie in ein Verhältnis zu den potentiellen 185 Mrd. Euro oder circa 255 Mrd. USD, die Griechenland kosten könnte und stellen sie in einen Zusammenhang von einer monatlichen Neuverschuldung der USA per August von 132 Mrd. USD.

Soll wegen 250 Mrd. USD potentiellem Griechenlandproblem das Weltfinanzsystem und die Weltwirtschaft riskiert werden?

Was hieße das für den deutschen Mittelstand, dessen Vertreter die FDP gerne gibt? Was heißt das für das deutsche Bürgertum, in dem die FDP ihr Klientel sieht?

Laut der Allianz wurden in dem aktuellen Börsencrash weltweit drei Billionen Euro an Vermögen vernichtet (u.a. Aktien von unterbewertet auf extrem unterbewertet). Vermögen stellen Sicherheiten für Kredite dar. Ergo ist die Sicherheitenbasis in der globalen Wirtschaft um 3 Billionen Euro geschrumpft mit restriktiven Folgen für die Kreditvergabe in der Realwirtschaft. Es geht aber nicht nur um Vermögen. Es wurde Wachstum verspielt. Mit dem Wachstum wurden Steuereinnahmen und daraus resultierende fiskalische Gesundung verspielt. Es wurde Vertrauen verspielt, was Investitionswilligkeit unterminiert.

Der bisher gezahlte Preis ist also deutlich höher als nur 3 Billionen Euro! Er ist bedingt durch mangelnde Solidarität und Rückfall in nationale Egozentrik (unter anderem bajuwarischer Ausprägung). Letzteres war Auslöser der Depression 1932!

Das uns beschäftigende Problem heißt Griechenland mit einem potentiellen Risiko in der Größenordnung von maximal 185 Mrd. Euro.

Wer sich je mit Grenznutzenbetrachtungen auseinandergesetzt hat, kann nur verständnislos mit dem Kopf schütteln.

Darüber hinaus belegen diese Daten, dass ein Austritt oder Ausschluss Griechenlands auf keinen Fall relativ schmerzlos verlaufen kann. Ganz im Gegenteil!


Werfen wir einen kurzen Blick auf die gestern veröffentlichten Wirtschaftsdaten:

Die Industrieproduktion legte in der Eurozone um 1,0% im Monatsvergleich zu. Die Prognose war bei 1,5% angesiedelt. Der Vormonatswert wurde von -0,7% auf -0,8% revidiert. Im Jahresvergleich kam es zu einem Anstieg um 4,1% (Prognose 4,6%) nach zuvor 2,5%.

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Die US-Erzeugerpreise verzeichneten per August im Monatsvergleich ein unverändertes Ergebnis. Die Prognose war bei -0,1% angesiedelt. Im Jahresvergleich stellte sich ein Anstieg um 6,5% nach 7,2% ein. Im Verhältnis zum Leitzins bei 0,00% ist das schon eine erhebliche "Kaufkraft-Burnrate". Für die Freunde der Deflationstheorie liefert dieser Chart wenig Ermutigung, oder?

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Die US-Einzelhandelsumsätze per August konnten mit einem im Monatsvergleich unveränderten Ergebnis nicht überzeugen. Die Prognose lag bei +0,2%. Im Jahresvergleich stellte sich eine Zunahme um 7,2 nach 8,3% ein. Bevor Euphorie ausbricht, gilt es anzumerken, dass diese Daten nicht inflationsbereinigt sind.

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US-Lagerbestände nahmen im Monatsvergleich um 0,4% per Juli zu (Prognose 0,5%). Der Absatz nahm um 0,7% zu. In der Folge sank das Verhältnis zwischen Lagerbestand/Absatz von 1,28 auf 1,27 Monatsumsätze. Der Lagerzyklus bietet kein erhebliches Rückfallrisiko (siehe Chart).

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den USD favorisiert. Ein Überwinden des Widerstands bei 1.3800 - 30 neutralisiert den negativen Bias des Euros.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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