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EU-Treffen ohne große Ergebnisse - FDP: Wer mit dem Feuer spielt ...

19.09.2011  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute Morgen (06.50 Uhr) bei 1.3665, nachdem im frühen europäischen Geschäft am Freitag Höchstkurse bei 1.3875 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 76.90. In der Folge notiert EUR-JPY bei 105.10, während EUR-CHF bei 1.2060 oszilliert.

Bevor wir uns mit den aktuellen Ereignissen beschäftigen, bedanken wir uns herzlich für viele uns zugegangene Mails auf die Forex Reports der letzten Wochen. Zustimmung als auch brachiale Ablehnung werden darin offenbar. Vereinzelt nehmen wir bilateral Stellung, so weit es der Zeitrahmen zulässt.

Wir haben hier deutlich gemacht, dass wir eine Position einnehmen, eine Position zu Gunsten der Integrität der Eurozone, weil die Eurozone bei der Neuverschuldung der großen Wirtschaftsräume der Industrienationen massiv besser abschneidet (Ausdruck der Konkurrenzfähigkeit) und weil wir im Gegensatz zu USA und Japan Reformfähigkeit leben und eine Gesamtverschuldung von 85% aufweisen, die als Nachgang zur größten Finanzkrise seit 1929/32 entstand und im Vergleich zu den USA (100%) und Japan (230%) komfortabel ist. Die Eurozone ist das Paradepferd der Stabilität. Die Eurozone macht ihre Hausaufgaben. Wer die Integrität der Eurozone in Frage stellt, setzt sich damit gleichzeitig für eine Unterordnung unter die größten Defizitsünder unter Machtaspekten aus. Handeln hat halt Konsequenzen. Gut gemeint ist lange noch nicht gut gemacht.

Eine solche inhaltliche Ausrichtung, Europa über eine potentielle Desintegration in die politische Bedeutungslosigkeit zu führen, belegt, dass es keine Lernkurven aus den Schäden der letzten 10 Jahre amerikanisch- angelsächsisch dominierter Politik unter anderem mit den Folgen der „Neuen Markt Krise“ und der globalen Finanzkrise bei diesen Protagonisten gibt. Wer hier einen weiteren Dauerauftrag mit entsprechenden Folgen wünscht, der sollte eine Desintegration der Eurozone auf sein Banner heften.

Wir halten es für mehr als ambitioniert, dass die Reformerfolge, ob aggressive Reduktion der Handels- und Leistungsbilanzdefizite der Defizitländer, ob Rückführung des Sektors der Baubranche in Spanien, ob Einhaltung der Reformziele in Irland, Spanien und Portugal oder Einhaltung der strukturellen Ziele in Griechenland bei gleichzeitiger Reduktion der Neuverschuldung von mehr als 15% auf circa 9% (und Verfehlung der angestrebten Reduktionsziele) trotz massiver Kontraktion der Wirtschaftleistung um 9% während der letzten 24 Monate als Folge der latenten Polemik und Spekulation gegen Griechenland ignoriert werden. Das ist mehr als unprofessionell.

Ebenso würde ein Ausschluss oder erzwungener Austritt Griechenlands alle Reformerfolge in den anderen Ländern konterkarieren. Die spekulativen Attacken der Vergangenheit sind hier eindrücklicher Prolog.

Wir sind hier in Deutschland wohl der einzige Bürge, der den Schuldner für den er bürgt, mit „Freude“ destabilisiert. Das ist auch mal eine Meisterleistung ….

Einige meiner Kollegen behaupten Griechenland wäre ein Fass ohne Boden. Dem ist zu entgegnen, dass diese Sichtweise naiv ist. Der Gesamtschuldenstand beläuft sich auf 370 Mrd. Euro. Das ist der ultimative Boden.

Was passiert aber bei einer Desintegration der Eurozone? Wo ist da der Boden? Wir haben bereits jetzt maßgeblich wegen des unglücklichen Handlings Griechenlands einen Vermögensverlust von 3 Billionen Euro laut Allianz. Dabei ist der konjunkturelle Schaden der letzten Monate unberücksichtigt. Jeder weitere Tag erhöht die potentiellen Kosten. Wenden wir uns einigen Schlagzeilen zu, die die obige Argumentation unterfüttern:
  • Laut der Commerzbank halten sich die Mittelständler nach den jüngsten Börsenturbulenzen mit Investitionen zurück. Die Sorgen im Mittelstand seien größer geworden sagte der Vorstand der Commerzbank Markus Beumer.

  • Die deutsche Finanzaufsicht warnt vor unvorhersehbaren Folgen einer Staatspleite Griechenlands für die deutschen Banken. Der Ausfall des griechischen Staates allein würde die deutsche Bankenlandschaft zwar belasten, aber nicht in ihrer Existenz bedrohen. Sorgen machen der BaFin vor allem die möglichen Folgeeffekte, die nicht zuverlässig kalkuliert werden könnten.

Wenden wir uns dem IFO-Institut zu. Laut dem IFO-Institut haftet der deutsche Steuerzahler für Rettungsmaßnahmen in der Eurozone im Extremfall mit 465 Mrd. Euro. Falls Griechenland, Italien, Portugal und Spanien insolvent würden, haftet Deutschland mit 33% der EZB-Kredite. Das klingt dramatisch, oder?

Das IFO-Institut sonnt sich in Extremfällen. Wir haben zu den Reformerfolgen, die dominieren und bisher von diesem Institut unberücksichtigt sind, in diesem Format geschrieben.

Das IFO-Institut sollte die fiskalischen und konjunkturellen Folgen für Deutschland berechnen, wenn es zu einer Desintegration der Eurozone kommt. Dieser Wert ist dem vom IFO-Institut berechneten Extremwert entgegenzusetzen. Dabei wird deutlich werden, dass europäische Solidarität sehr viel günstiger ist. Das passt aber offensichtlich nicht zur politischen Absicht!

Wenden wir uns den Maßnahmen Griechenlands zu. Dazu bedienen wir uns eines Reuters-Artikels:

22:10 18Sep11 -FOKUS 1-Griechenland will mit Einsparungen Pleite abwenden
  • Finanzminister: Keine Schulden mehr anhäufen
  • Haushaltsziele sollen vollständig erreicht werden
  • Harte Entscheidungen nötig, um in Eurozone zu bleiben

Athen, 18. Sep (Reuters) - Das krisengeschüttelte Griechenland sichert seinen internationalen Geldgebern weitere Sparmaßnahmen zu, um eine Pleite abzuwenden. "Wenn wir einen Zahlungsausfall vermeiden, die Situation stabilisieren und in der Eurozone bleiben wollen, müssen wir umfassende strategische Entscheidungen treffen," sagte Finanzminister Evangelos Venizelos am Sonntagabend nach einer Kabinettssitzung. Griechenland müsse die Haushaltsziele für 2011 und 2012 vollständig erreichen. Das Land dürfe keine Schulden mehr anhäufen.

Die Minister hätten vor der wichtigen Telefonkonferenz mit den Inspektoren von Europäischer Union (EU) und Internationalem Währungsfonds (IWF) am Montag die notwendigen Schritte für Einsparungen skizziert, ergänzte der Minister. Venizelos soll zu Wochenbeginn den EU- und IWF-Vertretern darlegen, wie Griechenland seine Finanzprobleme in den Griff bekommen will.

Nach der telefonischen Unterredung werde das Kabinett wieder zusammenkommen und die politischen Maßnahmen spezifizieren, fügte er hinzu. Der Finanzminister nannte zunächst keine konkreten Pläne. Er sagte lediglich, dass sich die Haushaltspolitik im kommenden Jahr stärker auf Ausgabenkürzungen konzentrieren werde als auf eine Erhöhung der Einnahmen. Im Vorfeld der Kabinettssitzung hatte ein Vertreter der Athener Regierung gesagt, dass es bei dem Treffen am Sonntag um zusätzliche Maßnahmen wie Entlassungen im öffentlichen Dienst oder stärkere Rentenkürzungen gehe.

Von den Sparplänen machen EU und IWF abhängig, ob sie die nächste, von Griechenland dringend benötigte Hilfstranche auszahlen. Ohne die Tranche über acht Milliarden Euro droht Griechenland die Pleite. Angesichts der sich verschärfenden Krise hatte Ministerpräsident Giorgos Papandreou am Samstag seine USA-Reise abgesagt.

(Reporter: George Georgiopoulos; bearbeitet von Birgit Mittwollen) ((birgit.mittwollen@thomsonreuters.com) 0049-30/2888-5150) (Reuters Messaging: birgit.mittwollen.thomsonreuters.com@thomsonreuters.net))


Das lassen wir so stehen!

Kommen wir kurz zu den Landtagswahlen in Berlin. Die Landtagswahl in Berlin bescherte der FDP ein Debakel. Es kam im Vergleich zu der vorhergehenden Wahl zu einem Einbruch von 7,6% auf 1,8%. Das Bürgertum und der unternehmerische Mittelstand haben offensichtlich die Kapriolen der FDP bezüglich Europa nicht goutiert. Europa ist das Geschäftsmodell Deutschlands und insbesondere des deutschen Mittelstands. 70% der Exporte aus diesem Sektor gehen in die Eurozone (Daten KfW). Wer seine Stärken im Mittelstand hat, spielt bei Anti-Europapolitik mit seinen Wählern.

Die SPD setzte sich als stärkste Partei mit 28,3% nach zuvor 30,8% durch. Die CDU legte von 21,1% auf 23,4% zu. Die Grünen etablierten sich als drittstärkste Kraft mit 17,6% nach 13,1%. Die Linken verloren von 13,4% auf 11,7%. Die Piratenpartei schaffte den Einzug ins Landesparlament mit beachtlichen 8,9%.

Wenden wir uns kurz den Veröffentlichungen vom letzten Freitag zu:
  • Das US-Verbrauchervertrauen nach Lesart der Uni Michigan legte von 55,7 auf 57,8 Punkte zu. der Wert entsprech der Konsensusprognose.
  • Die TIC Kapitalzuflüsse in die USA stellten sich per Juli 2011 auf 9,5 Mrd. USD nach zuvor 3,4 Mrd. USD.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das eine neutrale Haltung in der Parität EUR-USD favorisiert. Ein Ausbruch aus der Bandbreite 1.3500 - 1.3950 eröffnet neue Opportunitäten.


Viel Erfolg!
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© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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