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Merkel/Sarkozy mit klaren Vorstellungen - US-Arbeitsmarktdaten erfreulich

10.10.2011  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute Morgen (07.40 Uhr) bei 1.3480, nachdem im europäischen Geschäft am Freitag Höchstkurse der letzten 24 Handelsstunden bei 1.3524 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 76.75. In der Folge notiert EUR-JPY bei 103.45, während EUR-CHF bei 1.2415 oszilliert.

Das Spitzentreffen von Frau Dr. Merkel und Herr Sarkozy lieferte am Sonntag klare Eckpunkte, die in die Kategorie Prophylaxe und Nachhaltigkeit einzuklassifizieren sind. Es wird deutlich, dass eine Konstellation im Vorwege ausgeschlossen werden soll, in der die Situation die Politik vor sich her treibt. Das ist nach den Erfahrungen der letzten 18 Monate zu begrüßen. Wie heißt es doch so treffend: Greife nie in ein Wespennest, wenn du greifst, dann greife fest.

Bundeskanzlerin Merkel und Präsident Sarkozy kündigten bis Ende Oktober ein Programm zur Stabilisierung der europäischen Banken an. Man werde Europas Banken gemeinsam verteidigen. Beide Länder seien sich ihrer Verpflichtung bewusst und seien entschlossen, eine angemessene Rekapitalisierung der Banken zu gewährleisten. Hintergrund ist die Diskussion über einen Schuldenschnitt Griechenlands einerseits und die Eindämmung der Folgen für die Eurozone und die erfolgreichen Reformländer andererseits.

Das Problem Griechenland hat ein weiteres Opfer gefordert. Die schwer angeschlagene französisch-belgische Bank Dexia wird verstaatlicht und zerschlagen. Das belgische Geschäft wird für 4 Mrd. Euro von dem belgischen Staat übernommen. Die gesamte Bank erhält Staatsgarantien von Frankreich, Belgien und Luxemburg in Höhe von 90 Mrd. Euro. Belgien übernimmt dabei mit 60,5 % den Löwenanteil. Die Ratingagentur Moody’s erwägt für Belgien eine Reduktion der Bewertung Belgien von derzeit Aa1. Den französischen Teil, der abgespaltet wird, da er für die französische Kommunalfinanzierung eine elementare Rolle spielt, übernehmen die Staatsbank Caisse des Depots und die französische Postbank. Insgesamt 95 Mrd. an riskanten Papieren werden in eine "Bad Bank" ausgelagert.

Richtig ist es, kranke Banken abzuwickeln. Das wird hier vollzogen. Es wurde notwendig, weil man es in Europa versäumt hat, die markanten Erfolge der Reformpolitik zu würdigen und in der Öffentlichkeit ein asymmetrisches Bild zu Lasten des Rufs der Eurozone zuzulassen.

Dabei spielten die Ratingagenturen eine unheilvolle Rolle. "Unsere Freunde" waren auch jetzt wieder aktiv. Die Ratingangentur Fitch hat die Bonitäten diverser europäischer Länder herabgestuft. Italiens Bonität wurde um eine Stufe auf A+ bei negativem Ausblick reduziert. Spaniens Bonität erfuhr eine Herabstufung um 2 Stufen (bei 60% Staatsverschuldung ist das auch mal richtig notwendig …) und Portugals Bonität könne immer noch in den Ramschstatus befördert werden, verlautete von Seiten Fitch’s. Wir nehmen diese Bewertungen zur Kenntnis und räsonieren intern darüber, was eigentlich noch passieren muss, eine europäische Agentur auf Stiftungsbasis ins Leben zu rufen ...

Zusammenfassend lässt sich konstatieren, dass Europa die Notwendigkeit einer anderen Gangart in der Krisenbewältigung erkennt. Das ist positiv. Man will nicht länger reaktiv sein, da dadurch die Maßnahmen in ihrer Wirkung letztlich nur unterproportional wirken. Wir freuen uns, auch wenn es sich hier um eine sehr „späte Geburt“ handelt.


Kommen wir zu den aktuellen Wirtschaftsdaten:

Die deutsche Industrieproduktion setzte per August trotz eines negativen Vorzeichens eine positive Überraschung. Per August kam es im Monatsvergleich zu einem Rückgang um -1,0%. Die Prognose lag bei -1,9%. Der Vormonatswert wurde unwesentlich von +4,0% auf +3,9% revidiert. Im Jahresvergleich stellte sich damit eine Zunahme um 7,9% nach zuvor 1ß,4% per Juli und 7,0% per Juni ein. Der Chart belegt das komfortable Niveau der Produktion im langfristigen Kontext.

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Der US-Arbeitsmarktbericht setzte per September äußerst positive Akzente. Die Arbeitslosenquote verharrte bei 9,1% (Zunahme der „Workforce“ um 423.000). Die Quote U-6, die eine Vergleichbarkeit mit der Eurozone erlaubt, stellte sich auf 16,2% nach zuvor 16,1% in der saisonal unbereinigten Fassung und auf 15,8% nach 16,2% in der saisonal bereinigten Form.

Die Zunahme der Beschäftigten außerhalb des Agrarsektors (Nonfarm-Payrolls) belief sich auf 103.000. Die Prognose lag bei 60.000. Mehr noch wurde der Vormonatswert von 0 auf 57.000 und der Juliwert von 85.000 auf 127.000 neue Jobs revidiert. Ergo ergab sich gegenüber dem Konsensuswert ein positiver Überraschungswert in Höhe von 142.000 Jobs. Das ist durchaus erheblich. Die Partizipationsrate am Arbeitsmarkt legte von zuvor 64,0% auf 64,2% zu.

Der Chart der Beschäftigungsverhältnisse ermutigt bezüglich der Tendenz und belegt gleichzeitig die strukturellen Probleme in den USA, die unverändert nicht adressiert werden (Unterschied Arbeitsmarkt D)!

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Die US-Großhandelslagerbestände verzeichneten per August eine Zunahme um 0,4% nach zuvor 0,8%. Der Absatz legte per August um 1,0% (Prognose 0,2%) nach zuvor 0,3% (revidiert von 0,0%) zu. Damit überraschte der Absatz positiv und impliziert ein robusteres Bild der US-Konjunktur.

Das Verhältnis zwischen Absatz und Lagerbestand verharrte bei mäßigen 1,16 Monatsumsätzen.

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Die Datenfront setzt vermehr positive Akzente. Gekoppelt mit dem neuen Ansatz der europäischen Politik ergibt sich Potential für rückläufige Risikoaversion und damit eine Höherbewertung der Klasse der Risikoaktiva.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Ein Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1.3120 - 50 neutralisiert den positiven Bias.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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