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Slowakei im EFSF-Boot - Spanien herabgestuft - G-20 Treffen - 5 Weise in Berlin

14.10.2011  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute Morgen (07.35 Uhr) bei 1.3785, nachdem im europäischen Geschäft Höchstkurse der letzten 24 Handelsstunden bei 1.3826 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 76.90. In der Folge notiert EUR-JPY bei 106.00, während EUR-CHF bei 1.2375 oszilliert.

Die Slowakei ist im Boot des EFSF. Gestern wurde zugestimmt. Es kam zu einer breiten Mehrheit, da die Opposition erwartungsgemäß zustimmte. Der Preis für diese Zustimmung ist hoch. Es wird per März 2012 zu Neuwahlen kommen.

Die Ratingagenturen tummeln sich einmal mehr im Becken der Abstufungen kontinentaleuropäischer Länder.

Diesmal ist Spanien dran. Nach der Ratingagentur Fitch beurteilt auch die Ratingagentur Standard & Poors die Bonität Spaniens schlechter. Das Rating wurde um eine Stufe von AA auf die vierthöchste Stufe AA- gesenkt. Das ist nicht dramatisch, aber dennoch beachtenswert. Der Ausblick bleibt wie bei Fitch bei negativ.

Als Begründung wird das Risiko einer Abschwächung der Konjunktur und die hohe private Verschuldung in Spanien genannt. Das ist natürlich nicht falsch. Der erste Punkt gilt für alle Länder, die im Konzert der Weltwirtschaft eine Rolle spielen und der zweite Punkt gilt vor allen Dingen für das Vereinigte Königreich. Für die USA gelten diese Risiken ebenso. Es ist darüber hinaus mehr als erstaunlich, dass die bisher erfolgreich umgesetzten Reformen und Anpassungen nicht ansatzweise gewürdigt werden. Die niedrige Staatsverschuldung bei 60% des BIP wird freundlich übergangen (UK 90%, USA 100%). Wir nehmen die Asymmetrie der Benotung zur Kenntnis.

Die Eurozone ist bei den Reformen weiter auf gutem Wege, auch wenn sich Ratingagenturen dafür offensichtlich nicht interessieren oder nur interessieren, falls es negative Aspekte zu würdigen gibt.

Lissabon, 14. Okt (Reuters) - Der portugiesische Ministerpräsident Pedro Passos Coelho hat harte Sparmaßnahmen für das kommende Jahr angekündigt. Ziel sei es, die Bonität zu verbessern und die Bedingungen zu erfüllen, die an die Hilfen aus dem Euro-Rettungsschirm geknüpft worden seien, sagte der Regierungschef am Donnerstag. Zu den Einschnitten gehörten der Wegfall von Urlaubs- und Weihnachtsgeld von Beamten und verlängerte Arbeitszeiten.

Das Parlament stimmt am Montag über das Budget ab, eine Zustimmung gilt angesichts der großen Regierungsmehrheit als sicher. Zu den Einschnitten gehört eine Erhöhung der Mehrwertsteuer auf viele Güter und die Streichung von Steuerabschreibungsmöglichkeiten für Besserverdienende. Experten gehen wegen der einschneidenden Einsparungen von einem Schrumpfen der portugiesischen Wirtschaft von 1,8 Prozent in diesem und zwei Prozent im kommenden Jahr aus. Die Arbeitslosigkeit in dem südeuropäischen Land liegt bei zwölf Prozent und damit auf dem höchsten Niveau seit den 1980er Jahren.

In den USA sieht das Thema Reform dagegen vollständig anders aus. Der US-Kongress hat über seine Ausschüsse bisher wenig Vorschläge zum Abbau der hohen Verschuldung vorgelegt. Die Frist läuft per heute ab. Es geht um Einsparungen in Höhe von 1,2 Billionen USD in den kommenden 10 Jahren. Diese Situation ist prekär. Es ist eine Verweigerung des Parlaments nach hochtrabenden Ankündigungen. Was wäre wohl mit Portugal, Spanien oder Irland passiert, wenn sie so agierten? An diesem Beispiel wird deutlich, dass der Vorwurf einer politischen Tendenz der Ratingagenturen mindestens diskussionswürdig, wenn nicht sogar berechtigt ist!

Das G-20 Treffen der Notenbankchefs und Finanzminister steht zunehmend im Fokus. Im Hintergrund laufen weitreichende Gespräche, die alle das Ziel einer Stabilisierung der Lage der Reformländer der Eurozone haben. Dabei sind auch aktive Parts aus dem Sektor der Schwellenländer nicht ausgeschlossen. Das Maß an Solidarität, das der Eurozone mindestens verbal zukommt, ist erheblich und Ausdruck der systemischen Dimension.

Reuters: Der Internationale Währungsfonds bereitet G20-Vertretern zufolge kurzfristige Kreditlinien vor, um wirtschaftliche gesunden Staaten bei Liquiditätsproblemen zu helfen. Der Plan dafür werde in den kommenden Tagen dem Direktorium des IWF vorgelegt, sagte am Donnerstag in Paris ein Diplomat aus einer der Delegationen für das Treffen der Finanzminister und Notenbankchefs der 20 führenden Industrie- und Notenbankchefs, das am Freitagabend in Cannes beginnt. Die G20-Gruppe stimme dem Vorschlag zu. Demnach könnten die Kreditlinien binnen weniger Wochen eingerichtet werden. Staaten sollen daraus Geld für drei bis sechs Monate erhalten. Das Vorgehen würde die Euro-Zone dabei entlasten, angeschlagene Mitglieder zu unterstützen.

Die Prophylaxe, die hier erkennbar ist, impliziert einen großen Unterschied zu der Situation 2007/09. Die Politik bringt sich in eine Situation, in der sie agiert und nicht reagiert. "Chapeau!"

Wenden wir uns dem Herbstgutachten der so genannten "Fünf Weisen" zu. Per 2011 soll sich das Wachstum des BIP auf 2,9% stellen. Dem ist nicht zu widersprechen. Abweichungen von wenigen Zehnteln in % sind unerheblich. Die Prognose lautet für das kommende Jahr 0,8%. Damit bewegen sich die "Fünf Weisen" am unteren Rand des Spektrums der Prognosen. Wir werten diese Prognose als konservativ ein.

Wir unterstellen, dass die Abkühlung der Weltwirtschaft nicht der Sättigung der Zyklen geschuldet ist, sondern Folge politischer Risiken ist. Mit dem Agieren statt Reagieren auf internationaler Basis ergibt sich eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass die Belastung durch die europäischen Reformländer rückläufig sein wird. Die bisher nicht im Fokus stehenden Erfolge der Reformen sollten zunehmend in den Fokus kommen. Damit ergibt sich Potential für eine fulminante Veränderung der politischen Risiken mit positiven Vorzeichen für den Lauf der Weltwirtschaft und in der Folge der deutschen Wirtschaft. Unsere Prognosebandbreite (Jahresausblick erst in 12/2011) tendiert in Richtung 1,5%+.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Ein Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1.3120 - 50 neutralisiert den positiven Bias.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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