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Spanien herabgestuft - Hebelwirkung des EFSF im Fokus - Nervosität ausgeprägt

19.10.2011  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute Morgen (07.35 Uhr) bei 1.3825, nachdem im europäischen Geschäft Tiefstkurse der letzten 24 Handelsstunden bei 1.3654 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 76.70. In der Folge notiert EUR-JPY bei 106.05, während EUR-CHF bei 1.2380 oszilliert.

Die Ratingagentur Moody’s hat die Bewertung Spaniens wegen der Schuldenkrise von zuvor AA2 auf A1 gesenkt. Die neue Einstufung wurde mit einem negativen Ausblick belegt. Spanien sei in der Krise für weitere Marktturbulenzen anfällig. Das gilt nicht nur für Spanien, das gilt für alle an der Weltwirtschaft beteiligten Länder! Es gilt vor allen Dingen für die Länder, die sich bisher nicht für Reformen erwärmen konnten, beispielsweise die USA.

Es gäbe einen großen Finanzierungsbedarf und hochverschuldete Banken und Konzerne. In der Tat ist der Refi-Bedarf erheblich, so wie in den USA und dem UK. Ein schwaches Wirtschaftswachstum erschwere das Erreichen der ehrgeizigen Sparziele. Ja, im Gegensatz zu den USA gibt es Sparziele und sogar Reformen bei einer Staatsverschuldung von 60% des BIP (USA 100% des BIP).

Der Erfolg der Reduktion des Leistungsbilanzdefizits von 2007 auf 2011 um mehr als 80% bleibt vollständig unerwähnt, ebenso die Tatsache, dass die Baubranche von zu hohen 11% des BIP auf circa 4% - 5% reduziert wurde. Es ist verstörend, dass die Ratingagenturen die Erfolge der Reformen nicht angemessen berücksichtigen.

Das Verhalten der Agenturen unterminiert die Erfolge der Reformen in den Ländern der Eurozone. Die Einseitigkeit, maßgeblich die Reformländer der Eurozone mit Herabstufungen zu begleiten und die USA und UK auszublenden, ist augenfällig. Die Eigentümerstruktur der Ratingagenturen passt zu dieser tendenziösen Betrachtung. Der politische Beigeschmack ist deutlich ausgeprägt! "Food for thought!"

Wir setzen heute an dieser Stelle noch einen drauf! Die Agenturen waren sehr sportlich in der Herabstufung Irlands trotz einer Liquiditätsreserve von 25% des BIP (die seinerzeitigen Herabstufungen kommen ohnehin einem Skandal nahe) in die Kapitalmarktunfähigkeit. Die Erfolge Irlands sind unbestritten. Wer schnell in der Herabstufung ist, sollte auch zügig in der positiven Anpassung sein, oder?

Anders ausgedrückt, das Maß ist unter sachlichen Gesichtspunkten sehr voll! Die Politik in der Eurozone sollte sich dieser Dinge sehr bewusst sein. Unter Umständen geht es ja gar nicht um eine sachliche Bewertung, sondern um das Thema politischer Macht. Eine reformierte starke Eurozone ist eine Herausforderung ebenso wie China für die noch obwaltenden Machtachsen, oder?

Hebel für die Nutzung des EFSF beschäftigen die Märkte. Unterschiedliche Gerüchte kursieren derzeit am Markt.

Reuters: … An der Wall Street und in Tokio sorgte ein Bericht des "Guardian" für steigende Kurse, in dem von einer Einigung Deutschlands und Frankreichs auf eine Hebelung des EFSF auf zwei Billionen Euro die Rede war. In EU-Kreisen wurde die Meldung dementiert, in der Bundestagsfraktion der Union hieß es, dass Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble nur darauf verwiesen habe, dass in der EU-Kommission Modelle durchgerechnet würden. Ohne eine Position an dieser Stelle einzunehmen, lässt sich konstatieren, dass der EFSF intelligent eingesetzt werden wird. Hebeleffekte gehören zu einem intelligenten Einsatz. Gleichzeitig werden die Hebeleffekte jedoch konservativ ausfallen. Entsprechend mögen die Ansätze des Guardian ein wenig "sportlich" ausgefallen sein.

Wir freuen uns, dass der unregulierte CDS-Markt , der preislich von unseren Freunden der Bankenaristokratie maßgeblich bestimmt ist, die sich rein zufällig in der Eigentümerstruktur der Ratingagenturen wiederfinden, voraussichtlich in Kürze an die Kandare genommen wird. Die EU ist auf gutem Wege gesetzlich den Kreditausfallversicherungsmarkt zu regulieren. Demnach sind "nackte" CDS im Sektor "Sovereign Debt" zukünftig unzulässig. Wer Anleihen hält, kann sie auch versichern. Spekulation ohne Unterlegung wäre damit nicht mehr möglich. Wir freuen uns ob dieses Nachhaltigkeitsansatzes!

Insgesamt lässt sich hinsichtlich der Reaktionen am Finanzmarkt feststellen, dass die Nervosität ausgeprägt bleibt. Die Augen sind auf die Politik gerichtet, die maßgeblich den Taktstock schwingt. Andererseits sind aber auch Konjunkturdaten nach wie vor von Belang.

Der deutsche ZEW-Index lieferte per Oktober eine Ouvertüre in Moll. Der Sentimentindex sank von -43,3 auf -48,3 Punkte. Die Prognose lag bei "nur" -45 Zählern. Damit bewegt sich dieser Index auf dem Niveau des Herbstes 2008.

Den befragten Finanzanalysten ist unter Umständen nicht klar, dass die Fallhöhe konjunkturell deutlich niedriger ist. Ebenso ist die Prophylaxe der Zentralbanken im Hinblick auf Liquiditätsversorgung ausgeprägter. Mehr noch gibt es keinen Katalysator antiautoritärer Kreditvergabe mit nachgeordnetem Investmentbankprozess. Diesmal gibt es europäische Reformländer, deren Reformerfolge despektierlich behandelt werden. Es gibt Dynamikverluste in der Weltwirtschaft aus politischer Verunsicherung, die mit diesem despektierlichen Verhalten ausgehend aus den Finanzzentren NY und London korreliert ist. Finanzprofis sind schon klasse …

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Die Bewertung der aktuellen Lage verschlechterte sich von +43,6 auf +38,4 Punkte. Die Prognose war bei +39,6 Zählern angesiedelt. Der Blick auf den Chart verdeutlicht, dass einerseits eine deutliche Abkühlung einsetzte und dass andererseits das Niveau unter historischen Gesichtspunkten als unverändert komfortabel klassifiziert werden muss

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Die Daten aus den USA belegen, dass man sich sportlich auf eine Kaufkraft-Burnrate einschießt. Die Erzeugerpreise legten im Monatsvergleich um 0,8% (Prognose 0,2%) zu. Im Jahresvergleich kam es zu einem Anstieg um 6,9% nach zuvor 6,5%.

Es ist schon beeindruckend, dass die Granden der Fed dabei immer noch von Preisstabilität fabulieren und bis 2013 eine Nullzinspolitik forcieren. Die fehlende Reaktion der Ratingagenturen auf diese Missachtung der Gläubigerposition ist augenfällig und durchaus dramatisch. Hier findet ein Schuldenschnitt vor allen Augen statt, der ignoriert wird. "Food for thought!"

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Der "NAHB Housing Market Index" legte per Oktober von 14 auf 18 Punkte zu. Wir freuen uns über die positive Tendenz. Bis zum neutralen Niveau (50) ist es aber noch ein weiter Weg. Der Chart unterstreicht dieses Dilemma.

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Ein Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1.3320 - 50 neutralisiert den positiven Bias.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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