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Haltungsschwäche der Bundesbank

23.11.2013  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
Wer bisher gehofft hatte, die Deutsche Bundesbank stünde unverrückbar gegen die ultralockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB), wurde eines besseren belehrt. Im Monatsbericht November 2013, der am 18. November veröffentlicht wurde, schreibt die deutsche Zentralbank: "Angesichts der auf mittlere Sicht zu erwartenden niedrigen Inflationsraten und der schwachen konjunkturellen Entwicklung ist eine expansive Ausrichtung der Geldpolitik im Euro-Raum gegenwärtig gerechtfertigt."

Der Grund für den Kurswechsel der Bundesbank liegt wohl vor allem in der monetären Entwicklung im Euroraum. Die Bankkredite schrumpfen weiter, und auch das Geldmengenwachstum zeigt Abschwächung. Ein fortgesetztes Schrumpfen der Kredit- und Geldmenge im Euroraum würde Abwärtsdruck auf die Preise (für Lebenshaltung, aber vor allem auch für Häuser- und Grundstücke) nach sich ziehen. "Deflation" nennt man solch eine Entwicklung, wenn sie sich auf breiter Front und dauerhaft fortsetzt.

Weil die Folgen gefürchtet werden und vor allem politisch unerwünscht sind, soll nun "gegengesteuert" werden. Niedrige Zinsen und ein unbegrenztes Ausweiten der Basisgeldmengen sollen den stotternden Kredit- und Geldmengenschöpfungsapparat wieder in Gang setzen. Doch es ist schon jetzt absehbar, dass es mit künstlich gedrückten Zinsen nicht getan sein wird. Ein weiteres Instrument werden vermutlich negative Zinsen sein, die auf Guthaben erhoben werden, die Banken bei der EZB halten. (1)

Das könnte letztlich zu negativen Zinsen für kurzfristige Einlagen führen, die Kunden bei Banken halten. Auf diese Weise werden die Banken "gesundet" auf Kosten der Kundenersparnisse. Die EZB wird vermutlich bald auch zur "Reparatur" der Bankbilanzen schreiten, indem sie ihnen schlechte Kredite abkaufen wird. Und vor allem ist wohl damit zu rechnen, dass bald auch neues Geld durch Aufkäufe von Staatsanleihen (ob nun direkt oder über den ESM) geschaffen wird.

All diese Maßnahmen würden im Ergebnis eine Geldpolitik sein, die eine im Grunde längst überfälligen Schrumpfung des Euro-Bankensektors mit allen Mittel verhindern will. Und um dieses Ziel zu erreichen, bedarf es letztlich einer fortgesetzten Inflationspolitik, bei der insbesondere die Vermögenspreise weiter aufgebläht werden. Dass nun auch die Deutsche Bundesbank eine Haltungsschwäche bekommen hat, ist keine gute Botschaft für die künftige Kaufkraft des Euro.


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH



(1) Siehe hierzu Degussa Marktreport, 7. Juni 2013, "EZB liebäugelt mit Negativzins".



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