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Sea Change: Fundamentale Veränderungen (Teil 2/2)

29.10.2014  |  John Mauldin
- Seite 3 -
Kapitel 6 - Der Texas-Carry-Trade

Ein steigender Dollar setzt die Ölpreise im Besonderen und die Energiepreise im Allgemeinen unter Druck. Sinkende Ölpreise haben auch starke Nebenauswirkungen auf die Zinspolitik der Federal Reserve.

Sam Rines (von Chilton Capital) schreibt im “The National Interest“, dass Texas in den letzten fünf Jahren der Wachstumsmotor der USA gewesen sei:

“Fangen wir am besten mit der Schaffung von Arbeitsplätzen an. Texas hat Arbeitsplätze geschaffen - das lässt sich praktisch nicht bestreiten. So wissen wir zum Beispiel, dass die US-Wirtschaft erst kürzlich wieder die während der Großen Rezession verlorengegangenen Arbeitsplätze aufgebaut hat. Auf Texas trifft das nicht zu. Während in den Vereinigten Staaten ca. 6% der Arbeitsplätze verloren gingen, verlor Texas nur 4% und hatte diese schon ab August 2011 wieder zurückgewonnen, also fast drei Jahre bevor die USA als Gesamtnation wieder auf diesem Stand waren.

Jetzt werden die Zahlen aber interessant: Vom Höhepunkt im Januar 2008 bis heute wurden in den Vereinigten Staaten insgesamt nur 750.000 Arbeitsplätze geschaffen. Texas schaffte im selben Zeitraum mehr als eine Million Arbeitsplätze, was nur bedeutet, dass der ganze Rest des Landes immer noch mit 300.000 Arbeitsplätzen zurückhängt. Während der Konjunkturerholung gingen die neu geschaffenen Arbeitsplätze auf das Konto von Texas - oder zumindest überproportional stark auf das Konto von Texas.“


Eine Perspektivänderung - falls man alles vom Höhepunkt der Entlassungswelle aus betrachtet - ändert auch das Extreme dieser Betrachtung. Zudem existieren die verschiedensten Gründe für das Ungleichgewicht zwischen Texas und dem Rest des Landes; die meisten davon gehen aber am Wesentlichen vorbei. In einem Gespräch mit Worth, nannte Rines dieses Ungleichgewicht den Texas-Carry-Trade. Ich mag den Begriff.

Die Texas-Story ist im Großen und Ganzen eine Geschichte des Öls. Texas ist heute zwar insgesamt viel diversifizierter als noch in den 1980ern, dennoch ist Öl eindeutig die Haupttriebkraft. Texas lag ganz vorne bei der Schaffung von Arbeitsplätzen, weil die Grenzen des Bundesland zufällig auch unwirtliches Buschland - auch bekannt als Permisches Becken im westlichen Texas - umfassen, ganz abgesehen von den Lagerstätten an den Küsten und denen in Osttexas.

Ein großer Teil des Wachstums im Ölsektor (aber nicht das gesamte) stammte aus horizontalen Bohrungen und dem Fracking. Obgleich es enorme Mengen Energie in Texas gibt, so ist diese nicht zwangsläufig auch billige Energie - also nicht wie in den "guten alten Zeiten".

Ein Ölpreis von 70 $ dämpft den Enthusiasmus der texanischen Ölunternehmen deutlich, ganz zu schweigen von den Banken und Personen, die diese finanzieren.

Und das betrifft nicht nur texanische Unternehmen. Das Marcellus-Projekt im Nordosten der USA hat für hunderttausende Arbeitsplätze gesorgt. Im Grunde ist das überall in den USA der Fall. In den letzten fünf Jahren stammte ein großer der Teil der BIP-Zuwächse in den USA aus dem Ölsektor. Würde man diesen massiven Öl-Boom ausblenden, sähe die Situation in den USA - mit Blick auf Wirtschaftswachstum und Arbeitsplatzschaffung - recht ähnlich aus wie in Europa. Sprich: kraftlos.

Die 70 $ für ein Barrel Rohöl schlagen sich inzwischen in der Arbeitslosenquote nieder - und das macht es der Federal Reserve im Gegenzug schwer, die Zinssätze zu erhöhen.

Ich hatte ein Gespräch mit Joe Goyne, dem Präsidenten der Pegasus Bank in Dallas. Er ist einer dieser betriebsamen Banker, die tatsächlich einen Kredit noch persönlich unter die Lupe nehmen, anstatt den Computer entscheiden zu lassen, ob die Kriterien stimmen. (Dem Land würde es besser gehen, gäbe es mehr Joes im Bankensektor, das ist aber eine andere Geschichte.)

Zu Joes Kunden zählt das Who's who von Dallas. Wir sprachen über meine Überzeugung, dass der Dollar erstarken werde und darüber, was das potentiell für den Ölpreis zu bedeuten habe. Joe meinte dann: “Du kannst dir nicht vorstellen, wie schlimm es Dallas treffen würde, wenn der Ölpreis auf 60 $ sinkt.“ Dann diskutierten wir einige Details. Klingen 60 $ pro Barrel denn so weit hergeholt? Joe und ich erinnern uns noch an Ölpreise von 15 $. Texas hat schon zahlreiche Ölkrisen hinter sich gebracht. Der Running-Gag der späten 80ern war: “Würde die letzte Person, die Houston verlässt, bitte das Licht ausknipsen?“

Die späten 80er waren eine hässliche Zeit für Texas. Werden die Saudis es jemals zulassen, dass der Ölpreis wieder unter 60 $ fällt? Können sie es sich überhaupt leisten, ihre Produktion so weit herunterzufahren? Was passiert mit Russland, wenn Brent-Öl auf 80 $ sinkt, oder gar auf 60 $. Es ist also nicht allein ein texanisches Problem.

Auch wenn die Welt von sinkenden Energiepreisen profitieren würde, so hätte sie doch in einigen Schlüsselregionen dieser Welt chaotische Auswirkungen. Also haben wir einen weiteren Strich durch die geldpolitische Rechnung der Fed. Und was den Ölpreis angeht, so sollte im Nahen Osten um Gottes Willen nur kein Frieden ausbrechen. Doch leider sieht es mit Blick auf die derzeitigen Umstände dort nicht so aus, als müssten wir uns dahingehend Sorgen machen.




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