Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Über die Kosten der Rettungspolitiken

08.03.2015  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
- Seite 2 -
Was sind die Kosten der Niedrigzinspolitik? Die Niedrigzinspolitik ist im Kern ei-ne Umverteilungspolitik, bei der einige gewinnen und andere verlieren. Ge-samtwirtschaftlich bestehen die Kosten in einer Fehlausrichtung der Güterpro-duktion. Die künstlich gesenkten Zinsen sorgen für einen künstlichen Auf-schwung (Boom), der jedoch früher oder später in einen Abschwung (Bust) ein-mündet. Die Güterversorgung fällt schlechter aus, als sie ausfallen würde, wenn der Zins nicht künstlich abgesenkt worden wäre. Die Volkswirtschaft kann über den „Boom-und-Bust“-Zyklus hinweg zwar durchaus wachsen, aber der Güter-zuwachs steht dabei nicht im Einklang mit der Deckung der dringendsten Be-dürfnisse.

Nehmen wir an, die EZB setzt den Leitzins so tief, dass die Rendite für deutsche Staatsanleihen nach Abzug der Inflation negativ wird, während die vergleichbare Rendite in Italien weiterhin positiv ist. Das hat zur Folge, dass die Halter von deutschen Schuldpapieren ärmer werden, während die Halter von italienischen Papieren weiterhin ihr Vermögen mehren. Eine solche Zinspolitik führt folglich zu einer (Zwangs-)Umverteilung, in diesem Falle zwischen unterschiedlichen In-vestoren. Es ist natürlich denkbar – und entspricht auch den tatsächlichen Ge-gebenheiten –, dass sich diese Umverteilung auch zwischen Nationen abspielt.


Target-2-Salden

Einen besonders komplexen Fall stellen die "Target-2-Salden" der Bundesbank dar.(3) Sie belaufen sich mittlerweile auf 515,3 Mrd. Euro. Häufig ist zu hören, dass dem deutschen Steuerzahler keine Verluste entstehen würden, solange die Target-2-Salden nicht ausfallen. Doch das ist nicht richtig. Dazu muss man wissen, wofür die Target-Salden stehen.

Vereinfacht gesprochen zeigt der positive Target-2-Saldo, dass (1) der Geldbetrag, der aus einem Euro-Land nach Deutschland überwiesen wurde, größer war als der Geldbetrag, der dem Land von privaten Investoren zur Verfügung gestellt wurde; und dass (2) die Differenz von der EZB mit neu geschaffenem Geld bezahlt wurde.

Auch hierhinter verbirgt sich eine Umverteilung: Indem die EZB neues Geld geschaffen hat, konnten Bankkunden in Ländern, deren Zentralbank einen negativen Target-2-Saldo aufweisen (wie zum Beispiel Griechenland und Portugal), Güter im Ausland kaufen (Aktien, Grundstücke etc.). Die Preise für diese Güter sind nun höher, als sie ohne die EZB-Geldmengenausweitung gewesen wären. Die Käufer aus dem Ausland, ausgestattet mit zusätzlicher Kaufkraft, die die EZB ihnen bereitgestellt hat, konnten die Güter erwerben. Inländer, die kein zusätzliches Geld von der EZB erhalten haben, hatten das Nachsehen.

Sollten die Target-2-Salden teilweise ausfallen, so ist nicht selten zu hören, dass dies auch kein Probleme wäre: Die Bundesbank kann schließlich nicht Pleite gehen, sie kann auch mit einem negativen Eigenkapital operieren. Was ist dazu zu sagen? Nun, macht die Bundesbank Verluste, kann sie nichts an das Finanzministerium überweisen. Der Steuerbürger wird daraufhin höher besteuert - im Vergleich zu einer Situation, in der die Bundesbank keine Verluste gemacht hätte.

Die bilanziellen Verluste der Bundesbank muss also der Steuerbürger in jedem Falle tragen. Die dabei entstehenden Kosten sind auch hier die entgangenen Erträge, die die Besteuerten mit ihrem Geld, wenn sie nicht besteuert würden, erzielen könnten.

Zusammengefasst: Die Kosten der "Euro-Rettungspolitik" zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass sie vielfach nicht unmittelbar ersichtlich sind. Sie bestehen vor allem auch in Form von entgangenen Erträgen (entgangenen Lohnzuwächsen, entgangenen Einkommens- und Vermögenszuwächsen). Das erschwert es natürlich dem Wahlvolk, die Politik überhaupt kontrollieren zu können.

Open in new window

© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Quelle: Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH


(1) Siehe hierzu zum Beispiel den Beitrag "ESM: ein Trojanisches Pferd zur Entmachtung der nationalen Parlamente", 9. Juli 2012.

(2) Deutschland hat den Kapitalanteil in fünf Raten eingezahlt. Die ersten beiden Raten wurden im Jahr 2012 eingezahlt, zwei weitere folgten 2013. Die Zahlung der letzten Rate erfolgte Ende April 2014.

(3) Siehe hierzu "Achtung: Target-2-Salden", in: Degussa Marktreport, 12. Februar 2015, S. 5.




Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!




Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"