Goldkäufe der Chinesischen Zentralbank: Fakten vs. Spekulation
22.05.2015 | Jan Nieuwenhuijs
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“Was den Handel vor 2014 angeht, nutzte Großbritannien eine seit Langem bestehende Ausnahmeregelung hinsichtlich der internationalen Berichterstattungspflichten für Gold. Gold, das zum Zweck der ‘Wertaufbewahrung‘ gehalten wurde, wurde im Warenverkehr nicht vermerkt. In der Vergangenheit wurde es also als monetäres Gold eingestuft, das laut internationaler Richtlinien nicht unter den Warenverkehr fiel. Um die Erfassung des nicht-monetären Goldes in Übereinstimmung mit den internationalen Standards und Regelungen zu bringen, wurde der Großteil des britischen Goldhandels, der zuvor unter die monetäre Zolltarifposition für Gold (7108.2000) fiel, als nicht-monetäres Gold neu eingestuft. Das als “nicht-monetär“ neu klassifizierte Gold fiel jetzt unter die Zolltarifposition 7108.1310. Dies geschah im Zeitraum von 2005 bis 2013 und ermöglicht jetzt eine bessere Vergleichbarkeit mit den Statistiken anderer Länder.“
Auch die Schweiz kam in den Genuss derselben seit Langem bestehenden Ausnahmeregelung hinsichtlich der Internationalen Berichterstattungsrichtlinien. Folglich gehe ich davon aus, dass jedes Land seinen Goldhandel in den Zollberichten unter der Tarifposition 7108.xxxx ausweisen kann, wenn keiner Ärger macht, oder aber ihn hinter dem HS-Code 7108.2000 verstecken kann.
Aller Wahrscheinlichkeit nach kauft die PBOC (oder ihre Stellvertreterinstitutionen wie SAFE und CIC) physisches Gold aus Großbritannien, den USA, der Schweiz, Hongkong oder Singapur - also den großen Golddrehkreuzen. Möglicherweise wurde irgendwann physisches Gold in eines dieser Länder importiert und in den betreffenden Zollberichten als solches ausgewiesen, um anschließend nach China exportiert zu werden - allerdings ohne Erwähnung in irgendwelchen Zollberichten. Nehmen wir Hongkong als Beispiel. Seit Januar 2013 importierte Hongkong netto 836 Tonnen Gold, wie aus den Charts unten hervorgeht.
Ein Teil dieses Gold könnte SICHTBAR (als nicht-monetäres Gold) nach Hongkong importiert und anschließend UNSICHTBAR (als monetäres Gold) in die Tresore der PBOC ins chinesische Festland exportiert worden sein. Im Endeffekt würde sich daher weniger Gold direkt in Hongkong befinden als aus den Daten des lokalen Amtes für statistische Erhebungen hervorgeht.
5) Der Großteil des Weltgoldhandels (Gesamtvolumen) wird über den London Bullion Market abgewickelt. Er ist keine zentrale Börse wie die COMEX, sondern ein außerbörslicher Handelsplatz (over the counter, OTC), wo sich Käufer und Verkäufer (elektronisch) eins-zu-eins über die Handelsbedingungen abstimmen, ohne dass neugierige Analysten mitschreiben. Das gehandelte Gold kann sich dabei in London befinden - oder an einem anderen Ort. Der London Bullion Market ist der ideale Ort für die PBOC, im Gegensatz zur SGE. Ich schließe auch nicht aus, dass Gold UNSICHTBAR aus Großbritannien exportiert wird.
6) Ein weiterer Grund spricht dafür, warum die PBOC im Ausland kaufen sollte. Und das sind die niedrigen Preise. An der SGE wird Gold häufig mit einem Aufschlag gegenüber dem Londoner Spotpreis gehandelt. Warum einen Aufschlag zahlen? (Vor allem wenn man große Mengen kauft.)
7) Der Goldsektor-Experte Jim Richards schrieb in seinem Buch “The Death Of Money“ (2014):
“Ein leitender Angestellter von G4S, eine weltweit führende Firma für Sicherheitslogistik, verriet kürzlich einem im Goldsektor tätigen Manager, er habe persönlich Gold nach China transportiert - über asiatische Bergpässe hinweg, an der Spitze einer Kolonne aus Militärpanzern der Chinesischen Befreiungsarmee sowie gepanzerten Transportfahrzeugen. Beim transportierten Gold habe es sich um "Good-Delivery-Barren“ mit einem Gewicht von je 400-Unzen gehandelt. Zentralbanken bevorzugen diese Größe. Die kleineren 1kg-Barren, die über die regulärem Kanäle importiert werden, werden hingegen bevorzugt von Kleininvestoren gekauft.“
Das ist überaus interessant. Es zeigt nicht nur, dass die PBOC lieber 400-Unzen-Barren (12,5 kg) kauft als 1 kg-Barren, es bestätigt zudem, dass die PBOC kein Gold über SICHTBARE Kanäle importiert. Es bestärkt mich in meiner Vermutung, dass die PBOC kein Gold über die SGE ankauft. Noch als Anmerkung: Alle SICHTBAREN Importe (allgemeiner Handel) müssen in China durch die SGE verkauft werden.
8) Am 25. Juni 2014 hielt der Chef der Schanghaier Goldbörse, Xu Luode, eine Rede auf dem LMBA Bullion Market Forum. Schauen wir uns einen kleinen Ausschnitt daraus an:
“Letztes Jahr importierte China 1.540 Tonnen Gold. Mit diesen Importen, und jenen 430 Tonnen, die wir selbst produzierten, ergibt das eine Zahl von ca. 2000 Tonnen Gold, die wir letztes Jahr tatsächlich angeboten haben.
Diese 2.000 Tonnen wurden von chinesischen Konsumenten aufgenommen. Wie wir alle wissen, stehen die chinesischen ‘dama‘ [Damen mittleren Alters] hinter dem Großteil diese Goldkäufe. Im letzten Jahr wurden also die Lagerbestände unserer Goldbörse um fast 2.200 Tonnen abgebaut, wovon 200 Tonnen aus dem Goldrecycling stammten.“