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Troika mit letztem Angebot an Athen

03.06.2015  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.1177 (08.02 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1.0919 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 123.85. In der Folge notiert EUR-JPY bei 138.40. EUR-CHF oszilliert bei 1.0422.

Die Troika hat sich auf einen ultimativen Vorschlag bezüglich des Reformprogramms für Athen geeinigt. Die Betonung liegt auf ultimativ. Es gilt, diesen Begriff "ultimativ" seitens der Troika nicht zu verwässern! Ansonsten würde die Glaubwürdigkeit noch weiter erodiert.

Der Plan wurde nach dem Treffen von Kanzlerin Merkel, Präsident Hollande, Vertretern der EU, der EZB und des IWF erstellt. Zwischenzeitlich hat die EZB die Obergrenze für Liquiditätshilfen der Athener Zentralbank für die Institute des Landes um 500 Millionen Euro auf inzwischen 80,7 Milliarden Euro erhöht. Damit liegt der Ball im Spielfeld Athens. Der Devisenmarkt hat dieses letzte Angebot der Troika mit einer deutlich höheren Bewertung des Euros begleitet. Das Angebot eröffnet in der Tat eine größere Wahrscheinlichkeit, dass es weder zu einem Grexit oder Graccident kommen wird.

Fakt ist, dass die "griechische Hand" massiv überspielt ist. Fakt ist, dass die Geduld der Märkte überstrapaziert ist. Fakt ist, dass seitens Athens massiv diplomatisches Porzellan zerschlagen ist. Fakt ist, dass Griechenland in der Eurozone äußerst isoliert ist. Fakt ist, dass ein griechischer Unfall von dem kleinen Mann und der kleinen Frau in Griechenland bezahlt würde.

Ergo liegt die Wahrscheinlichkeit einer Annahme des letzten Angebots bei circa 75%. Gleichwohl sind weder Grexit noch Graccident damit ausgeschlossen. Unter Umständen ist ein Grexit unter langfristigen Gesichtspunkten für die Eurozone und damit auch den Euro sinnvoller als eine voraussichtliche Fortsetzung dieser mittlerweile unendlichen Geschichte einer griechischen Tragödie.

Die Zahlen aus der Eurozone bleiben weitgehend erfrischend: Alle Charts ©Reuters

Die wirtschaftliche Erholung in Portugal wirkt sich positiv am Arbeitsmarkt aus. Die Arbeitslosenquote sank im April auf 13,0% von zuvor 13,2%. Der deutsche Arbeitsmarktbericht per Berichtsmonat Mai erfüllte die positiven Erwartungen. Die saisonal bereinigte Quote verharrte bei 6,4%. Saisonal bereinigt nahm die Arbeitslosigkeit um 6.000 auf 2.786.000 ab.

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Die Verbraucherpreise der Eurozone legten im Jahresvergleich um 0,3% nach zuvor 0,0% stärker als erwartet (0,2%) zu. Damit wurde der stärkste Preisanstieg seit November letzten Jahres markiert. Das Thema Deflationsrisiken wird zunehmend ausgeblendet.

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Die Erzeugerpreise der Eurozone sanken im Monatsvergleich um 0,1% (Prognose +0,1%). Im Jahresvergleich ergab sich ein Rückgang um 2,2% (Prognose -2,0%) nach zuvor -2,3%. Hier ist der Preisdruck weiter ausgeprägt. Im Chart lässt sich eine Bodenbildung ausmachen.

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USA: Daten quantitativ oder qualitativ mit Mängeln!

Fed-Direktorin Brainard sagte, dass die wirtschaftliche Abkühlung deutlicher als erwartet ausfallen könnte. Es sei daher angemessen, wachsam abzuwarten, bevor Zinsen erhöht würden. Schwache Ausgaben der Verbraucher könnten die Erholung beeinträchtigen. Wir verweisen diesbezüglich auf die Einlassungen zur US-Konjunktur und zur vom Markt erwarteten US-Zinswende im Jahresausblick 2015.

Quantitativ positiv stach der KFZ-Absatz in den USA ins Auge. Der KFZ-Absatz stellte sich in den USA per Berichtsmonat Mai auf 17,8 Mio. in der annualisierten Fassung (Prognose 17,0 Mio., Vormonat 16,5 Mio.). Hintergrund der hohen Absätze sind starke Anreize bei Kreditkonditionen. Die durchschnittlichen Laufzeiten der Kredite markierten bei Neuwagen mit 67 Monaten und Gebrauchtfahrzeugen mit 62 Monaten neue Höchstwerte (vergleichbar mit Kreditkonditionen am Hypothekenmarkt vor 2008!).

Ebenso erreichten die durchschnittlichen Kreditbeträge für Neuwagen (28.711 USD) neue historische Höchstwerte. Fakt ist, dass das Volumen der Automobilkredite seit Lehman (2008) um mehr als 22% zulegte (aktuell circa 1 Billion USD nach zuvor 780 Mrd. USD), während die mittleren Einkommen nominal um knapp 4% zulegten.

Diese Erhöhung des Leverage der privaten Haushalte stellt gerade vor dem Risiko der Zinswende bezüglich des KFZ-Absatzes die Trendfähigkeit der aktuellen Tendenz unter qualitativen Gesichtspunkten in Frage (affordability gap).

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Die US-Auftragseingänge enttäuschten per Berichtsmonat April. Hier kam es unerwartet zu einem Rückgang um 0,4% im Monatsvergleich. Die Prognose war bei 0,0% angesiedelt. Die Revision des Vormonatswert von +2,1% auf +2,2% änderte daran nur wenig.

Losgelöst von den monatlichen Irritationen, die insbesondere durch den Transportsektor bedingt sind, liefert der Blick auf die Jahresvergleichsraten bessere Indikationen, um Tendenzen zu erkennen.

Diese Datenreihe macht die Nervosität, die neuerdings in der Federal Reserve erkennbar wird, verständlich. Hier kommt es den sechsten Monat in Folge zu Rückgängen auf Jahresebene. Damit ist das Argument mit dem harten Winter als Grundlage der konjunkturellen Schieflage mehr als konterkariert. Derartige Konstellationen bei den Auftragseingängen waren in den letzten 15 Jahren korreliert mit einer Rezession in den USA.

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Wir sind gespannt, wann die Devisenmärkte (und Printmedien!) sich diesen längst offensichtlichen Konstellationen öffnen werden. Fakt ist, dass diese Umstände an den Märkten längst nicht diskontiert sind.

Aktuell ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Erst ein Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1.0800 -30 neutralisiert den positiven Bias des Euros.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



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