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Euro weist den Weg? Wenig Worte zu Griechenland, ein paar Worte zu Freunden …

30.06.2015  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.1188 (08.07 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1.0986 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 122.38. In der Folge notiert EUR-JPY bei 136.95. EUR-CHF oszilliert bei 1.0408.

Der Euro hat sich gestern insbesondere gegenüber dem USD deutlich erholt. Nach den Tagestiefstständen bei 1.0956 kam es im Verlauf zu einer Befestigung bis auf 1.1278. Einer der Hintergründe mag die Intervention der SNB zu Gunsten des Euros gewesen sein. Sie war aber nicht entscheidend. Die Renditen der Staatsanleihen Spaniens und Italiens als auch Portugals fielen wieder von den Höchstwerten jenseits von 2,50%. Das half …

Es wird den Akteuren an den Devisenmärkten deutlich, dass die aktuelle Lage nicht vergleichbar zu der Instabilität der Phase 2010 - 2013 ist.

Wir haben diesbezüglich gestern auf die Stärken, insbesondere die strukturellen Stärken (Aristoteles) der Eurozone verwiesen, die von unseren Mainstream-Medien und Eliten der Märkte und Ökonomie leider nicht oder unzureichend thematisiert werden. Das irritiert. Dieses anhaltende unsachliche Verhalten lässt Fragen bezüglich unterstellter Professionalität zu …


Die Situation in Griechenland spitzt sich zu:

Griechenland wird die fällige Rate an den IWF heute nicht überweisen. Der IWF trickst, indem der Zahlungsausfall, der faktisch damit vorläge, zunächst ohne Konsequenzen bleibt.

Die EZB ist damit mit einem Dilemma konfrontiert. Wird sie den faktischen Zahlunsgausfall bezüglich der ELA-Linien sachlich richtig und unbestechlich bewerten oder folgt sie der nivellierten Sichtweise, die der IWF im Fahrwasser geopolitischer Interessen Dritter umsetzt. Dabei ist anzumerken, dass noch keinem anderen Land außer Griechenland diese wohlwollende Behandlung des IWF trotz martialischer Töne aus Athen zugekommen ist (= anekdotische Evidenz der geopolitischen Motive).

Mehr noch ist die EZB in einem Dilemma, da die Ratinagentur S&P bei den geopolitischen Initiativen Dritter offensichtlich nicht eingebunden war. Die Rating Agentur S&P hat die Bewertung Griechenlands von CCC auf CCC- herabgestuft. Die Wahrscheinlichkeit eines Grexit wurde mit 50% beziffert.

Wir sind gespannt. Bezüglich der Erfahrungswerte, die seitens der EZB vorliegen, wird sie wohl die ELA-Linien aufrecht erhalten.

Damit kommen wir zum Referendum.

Tsipras erhöht vor dem Referendum den Einsatz. In einem Interview verknüpfte er seine Zukunft mit dem Ergebnis der Volksbefragung. O-Ton: "Die Regierung in Athen, werde zwar ein "Ja" der Wähler respektieren. Wir werden aber nicht diejenigen sein, die sie ausführen, Wenn das griechische Volk einen gedemütigten Ministerpräsidenten will, gibt es da draußen einige. Aber ich werde es nicht sein." Das nehmen wir zur Kenntnis.


Fazit:

Diese Woche wird weiter von einem hohen Maß an Nervosität geprägt sein.

Stellen wir uns darauf ein und fragen uns, ob dieses Griechenland und ein Schuldenvolumen von gut 320 Mrd. Euro, das auf vielen Schultern verteilt liegt (Portfolioansatz) und das nicht dem Ausfallvolumen gleichen wird (50% realistisch = 160 Mrd. Euro) weiter diese so tragende Rolle in der Diskontierung der zukünftigen Cash-Flows bei einem Wachstum von 3,5% in der Weltwirtschaft (höchstes Niveau seit 2011) spielen sollte?

Manchmal ist Realitätssinn und sachliche Einordnung auch nicht schlecht. Die Welt wird sich auch bei einem völlig gescheiterten Griechenland und gescheiterten Protagonisten Tsipras/Varoufakis weiter drehen. 7,2 Mrd Menschen müssen weiter versorgt werden.

Eine mögliche Ausfallgröße von 160 Mrd. Euro (versus mögliche 650 Mrd. USD im US-Fracking/Shale - das ist mal ein Thema!) wird hier deutlich überbewertet. Beordnen wir das Thema Griechenland, es ist an der Zeit!


Kurz und bündig zu NSA:

Die NSA hat laut WikiLeaks französische Unternehmen in Breite und Tiefe ausspioniert und Wirtschaftsinformationen gesammelt, unter anderem zu Exportverträgen(< 200 Mio. EUR).

Wenn das in Frankreich der Fall ist, ist das auch in Deutschland (Land der "Hidden Champions") der Fall.

Wann werden die deutschen, die europäischen Interessen von unseren Regierungen angemessen verteidigt. Ihr Job ist es, Schaden abzuwenden und nicht zu tolerieren. Mehr gibt es hier nicht zu sagen.

Doch: In Elmau sprach die Kanzlerin von einer Wertgemeinschaft. Allein dieses Verhalten der USA spricht Bände und befindet sich eben nicht in diesem Kanon der Wertegemeinschaft.

Wann werden die längst fälligen Konsequenzen aus dieser Vorteilnahme auf politischer Ebene vollzogen oder sind Interessen Dritter gegen den eigenen Kapitalstock (Lebensnerv) und gegen die Wirtschaft und damit gegen die Menschen so schützenswert? Das war eine Frage - wir sind auf die Antworten gespannt!


Gestern veröffentlichte Wirtschaftsdaten:

Eurozone: Der Economic Sentiment Index sank per Juni unerartet von zuvor 103,8 auf 103,5 Punkte.

USA: Der Index anhängiger Hausverkäufe legte per Mai um 0,9% zu (Prognose 1,2%). Der Vormonatswert wurde von +3,4% auf +2,7% revidiert. Der dallas Fed Manufacturing Business Index legte per Juni von -20,8 auf -7 Punkte deutlich zu.

Aktuell ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Erst ein Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1.0800 -30 neutralisiert den positiven Bias des Euros.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



Hinweis: Meinungen oder Empfehlungen geben die Einschätzung des jeweiligen Verfassers wieder und stellen nicht notwendigerweise die Meinung der Bremer Landesbank oder deren assoziierter Unternehmen dar. Sie können sich jederzeit ohne vorherige Ankündigung ändern. Die hier enthaltenen Aussagen sind nicht als Angebot oder Empfehlung bestimmter Anlageprodukte zu verstehen. Dies gilt auch dann, wenn einzelne Emittenten oder Wertpapiere erwähnt werden. Hier enthaltene Informationen können auf die individuellen Verhältnisse des Anlegers abgestellte, kundenspezifische und objektorientierte Beratung nicht ersetzen. Bitte setzen Sie sich deshalb mit Ihrem bei der Bremer Landesbank zuständigen Berater in Verbindung.



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