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Kein Ausstieg aus dem Euro

05.07.2015  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
Dass Griechenland oder ein anderes Land aus dem Euro austritt, erscheint uns unwahrscheinlich.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble ließ sich am 1. Juli zitieren, dass die Griechen im Euroraum bleiben werden, auch wenn sie auf dem Referendum am 5. Juli mit "Nein" abstimmen sollten.

Am 2. Juli wurde berichtet, Bundeskanzlerin Angela Merkel wäre nun der Auffassung, man könne einen Schuldenerlass für Griechenland erwägen. Zwar sollte man in derartige Wortmeldungen nicht allzu viel hineinlesen - jedoch deuten sie darauf hin, dass etwas in Bewegung gekommen ist. Dass nämlich die Staatengemeinschaft umgeschaltet hat, dass alles getan wird, um Griechenland im Euroraum zu halten.

Das scheint auch dem Wunsch der griechischen Bevölkerung zu entsprechen: Sie wollen nicht für die Altschulden aufkommen (was verständlich ist), gleichzeitig wollen sie aber den Euro behalten.

Weil das Ziel der Staatengemeinschaft offensichtlich geworden ist, könnte die Verhandlungsposition der Griechen nicht besser sein: Sie können die Bedingungen für ihren Verbleib im Euroraum quasi diktieren. Bleibt Griechenland im Euroraum, wird es für alle Beteiligten teuer. Allen voran natürlich für die Gläubiger. Allein für die Deutschen könnten Kreditforderungen in Höhe von bis zu 100 Mrd. Euro ausfallen.

Den griechischen Sparern, soweit sie nicht schon zuvor ihre Bankeinlagen abgehoben haben, drohen ebenfalls Verluste. Griechische Staatsschulden werden abgeschrieben, und griechische Banken erleiden Verluste. Reicht das Eigenkapital der griechischen Geldhäuser nicht aus, um die Verluste abzufedern, werden Kunden in Haftung genommen: Sie verlieren ihre Einlagen und Forderungen gegenüber den Banken.

Nach einem solchen "Kapitalschnitt" könnte die EZB die "gesundeten" griechischen Banken wieder mit Euro-Krediten versorgen, die sich dann mit EZB-Unterstützung sicher auch bald wieder im Kapitalmarkt finanzieren können.

Und selbst wenn griechische Banken aus dem Markt ausscheiden sollten, könnten ausländische Banken die "Lücke" füllen. Sie übernehmen den Markt in Griechenland und bieten "sichere" Euro-Kredite und -Spareinlagen an.


Abschaffen der Währungsvielfalt

Ein Ausstieg Griechenlands aus dem Euro ist (und war stets) unwahrscheinlich. Zum einen gibt es keine rechtliche Grundlage, die Griechen (oder andere Teilnehmer) gegen ihren Willen aus dem Euroraum zu verbannen. Zum anderen sieht die politische Logik, auf der die Einheitswährung aufgebaut ist, einen Ausstieg eines Euro-Teilnehmerlandes nicht vor, beziehungsweise sie strebt danach, ihn mit allen Mitteln zu verhindern.(1)

Die treibende Kraft hinter der Euro-Einheitswährung ist die Idee, man müsse die Währungsvielfalt verringern: Eine Währung sei vorteilhafter als eine Vielzahl miteinander konkurrierender Währungen.

Mit diesem Argument ist es in den vergangenen Jahrzehnten tatsächlich gelungen, in Europa viele nationale Währungen durch eine zentral gesteuerte Einheitswährung, den Euro, zu ersetzen.

Der Ausstieg eines Landes aus dem Euroraum wäre folglich ein "Rückschritt". Und nicht nur das. Er könnte auch die Erwartung befördern, das Euro-Projekt sei, entgegen allen politischen Verlautbarungen, doch nicht unumkehrbar.

Wie die jüngste Vergangenheit nur zu deutlich gezeigt hat, gerät das Euro-Projekt vor allem dann ins Trudeln, wenn auf den Finanzmärkten die Sorge vor einem Auseinanderbrechen um sich greift. Das Vertrauen in die Kreditqualität schwindet, Kapital wird abgezogen, die Zinsen steigen, und die Volkswirtschaften drohen zu kollabieren. Dann "hilft" nur noch, dass die Zentralbank ihre elektronische Notenpresse anwirft.

So gesehen wäre ein Ausstieg Griechenlands - selbst wenn es sich nicht an die "Clubregeln" halten will - oder eines anderen Landes für das Euro-Projekt und seine Befürworter eine nicht hinnehmbare Entwicklung.


Vereinheitlichung

Diese Politik wird unbeirrt fortgesetzt. Nahezu ohne Widerstand, weil in den Geberländern die "echten Kosten" der Politiken, die den Euroraum zusammenhalten sollen, für die breite Bevölkerung (noch) nicht wirklich spürbar sind.

So wird zum Beispiel bei einem Ausfall der Griechenlandkredite der deutsche Steuerzahler erst nach und nach zur Kasse gebeten - und zwar für künftig ausfallende Zins- und Tilgungszahlungen im Bundeshaushalt.

Zudem werden die Bürger im Euroraum höhere Güterpreise bezahlen müssen, weil die EZB die Geldmenge unablässig ausweitet, und natürlich schwindet auch die Kaufkraft des Euro im Ausland. Das Bestreben, den Euroraum zusammen zu halten und auch noch neue Teilnehmer aufzunehmen, spiegelt in letzter Konsequenz einen internationalen Politikkonsens wider: die Währungsvielfalt zu verringern.


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