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Das Dilemma mit den Oligarchien - Europa gut, US-Daten überwiegend enttäuschend

04.08.2015  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.0958 (07.58 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1.0932 im asiatischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 123.93. In der Folge notiert EUR-JPY bei 135.80. EUR-CHF oszilliert bei 1.0613.

Bei dem letzten G-7 Treffen in Elmau wurde die westliche Wertegemeinschaft besonders betont, um damit Russlands Isolierung zu begründen und moralische Überlegenheit nach außen zu demonstrieren. Offensichtlich gibt es Probleme zwischen Theorie und Praxis. Ethik ist das Theorem und Moral ist die Anwendung der Ethik.

Die Ethik der westlichen Wertegemeinschaft steht. Sie ist demokratisch, sie ist humanistisch, sie ist tolerant, sie ist pluralistisch, sie steht für das Selbstbestimmungsrecht von Völkern, sie folgt dem Prinzip des Rechtsstaats, sie schützt die Privatsphäre, sie ächtet Krieg.

Dahinter versammeln wir uns gerne. Es handelt sich um den Fruchtstand des Zeitgeists der Aufklärung, den es zu verteidigen gilt. Nach Ansicht des Ex-US-Präsidenten Carter hapert es aber an der Umsetzung der Ethik, ergo der Moral in den USA. Das Urteil Carters über den Zustand der USA fällt eindeutig aus. Nach seiner Sichtweise ist es eine durch unlimitierte Bestechung gekaufte Demokratie und damit eine Oligarchie.


O-Ton Carter:

Bezüglich der Rechtsprechung zur US-Wahlkampffinanzierung:

“It violates the essence of what made America a great country in its political system. Now it’s just an oligarchy with unlimited political bribery being the essence of getting the nominations for President or being elected President. And the same thing applies to governors, and U.S. Senators and congress members. So, now we’ve just seen a subversion of our political system as a payoff to major contributors, who want and expect, and sometimes get, favors for themselves after the election is over. …
At the present time the incumbents, Democrats and Republicans, look upon this unlimited money as a great benefit to themselves. Somebody that is already in Congress has a great deal more to sell.”

Link: http://www.zerohedge.com/news/2015-08-03/jimmy-carter-rages-what-us-has-become-just-oligarchy-unlimited-political-bribery

Wir sind über die nächsten Einlassungen zur transatlantischen Wertegemeinschaft gespannt und bemühen uns in unserer Mainstreampresse zu den Einlassungen des EX-US-Präsidenten Carter eine inhaltliche Aufarbeitung zu finden. Es wäre wichtig!

Übrigens befindet sich Herr Carter mit seinen Einlassungen in guter Gesellschaft mit dem Präsidenten Eisenhower, der bereits 1961 in seiner letzten Fernsehrede davor warnte, dass der militärisch industrielle Komplex die Demokratie der USA bedroht (Endlich Klartext, Seite 29).

Die Rolle des Industriekomplexes ist mittlerweile von dem Finanzsektor übernommen worden. Wenn die EU Russland wegen oligarcher Strukturen isoliert, wie geht sie dann mit den USA um? Wir sind auf Antworten aus unserer Leserschaft, auch der politischen Vertreter, gespannt.


Daten der Eurozone setzen positive Akzente:

Der finale Wert des Markit-Einkaufsmanagerindexes für den Sektor Produktion fiel per Berichtsmonat Juli mit 52,4 Punkten 0,2 Zähler besser aus als erwartet. Dabei spielte die Anhebung des deutschen Werts von 51,5 auf 51,8 Punkte eine nicht unwesentliche Rolle. Die Niederlande führen die Statistik mit 56,0 Punkten vor Italien (55,3) und Spanien mit 53,6 Zählern an.

Die Politik der Regierung Tsipras hatte per Juli den stärksten Einbruch des Index für Griechenland zur Folge. Der Index markierte mit 30,2 Punkten den niedrigsten Wert in der seit 1999 andauernden Historie dieser Datenreihe für Griechenland.

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Die Datensätze der USA konnten in der Gesamtheit nicht überzeugen: Die privaten US-Einkommen legten per Juni um 0,4% (Prognose 0,3%) zu. Der Vormonatswert wurde von +0,5% auf +0,4% revidiert. Damit entsprach das Zweimonatsergebnis der Prognose.

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Die realen persönlichen Ausgaben enttäuschten per Juni mit einem unveränderten Ergebnis zum Vormonat. Der Vormonatswert wurde von +0,6% auf +0,4% revidiert.

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Die US-Bauausgaben verfehlten per Juni mit einem Anstieg um 0,1% die bei +0,6% angesiedelte Konsensusprognose. Die Revision des Vormonatswerts von +0,8% auf +1,8% bügelte dieses Verfehlung jedoch mehr als aus, so dass das Zweimonatsergebnis um 0,5% besser als unterstellt ausfiel.

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Der ISM-Manufacturing Index verfehlte per Juli mit 52,7 Punkten nach zuvor 53,5 Zählern die bei 53,5 Punkten liegende Marktprognose. Vor allen Dingen sank der Beschäftigungsindex deutlich von 55,5 auf 52,7 Punkte (Prognose 54,7). Der Index markierte den fünftschwächsten Wert seit Mai 2013.

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Fazit US-Konjunktur:

Die US-Konjunkturlage ist in keiner prekären Verfassung. Die überwiegende Verfehlung der Marktprognosen beschreibt jedoch einen labilen Zustand und die schwächste Wachstumsperformance seit 2012. Ob dieses konjunkturelle Bild eine sachlich unbestechliche Grundlage für die geplante US-Zinswende ist, ist mehr als fragwürdig.

Mangels belastbarer konjunktureller Grundlagen für eine Zinswende in den USA drängt sich ein anderes zunächst rein theoretisches Thema auf: Soll durch eine US-Zinswende der Sektor der aufstrebenden Länder mit ihren neuen Strukturen der AIIB und der New Development Bank destabilisiert werden, solange es noch eine Abhängigkeit dieser Länder (USD-Kredite) von der US-Leitwährung gibt?

In welchem Zusammenhang steht dazu die Baisse an den US-Rohstoffbörsen, die von wenigen US-Banken in der Preisfindung bestimmt sind? Wird dafür auch konjunktureller Schaden in den USA in Kauf genommen? Wir haben noch keine Antworten auf diese Fragestellungen. Die Fragen sind bezüglich der aktuellen geopolitischen Auseinandersetzungen jedoch zu stellen.

Aktuell ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Erst ein Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1.0800 -30 neutralisiert den positiven Bias des Euros.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



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