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Gemischte Datenlage in Eurozone und USA

06.08.2015  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.0922 (07.43 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1.0848 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 124.75. In der Folge notiert EUR-JPY bei 136.25. EUR-CHF oszilliert bei 1.0686.

Nachdem gestern die Zuversicht auf eine Zinswende in den USA schon im September den USD beflügelte, ergibt sich 24 Stunden später ein etwas nüchterneres Bild. Das hängt einerseits mit zum Teil enttäuschenden US-Daten zusammen als auch andererseits mit den Einlassungen des Fed-Gouverneurs Powell.

Fed Gouverneur Powell betonte, dass es seitens des Offenmarktausschusses noch keine Festlegung bezüglich einer Zinswende im September gäbe. Er sei noch unentschlossen. Insbesondere die Arbeitsmarktdaten spielten bezüglich des Zeitpunkts eine hervorgehobene Rolle.

Von der US-Arbeitsmarktfront erreichten uns gestern enttäuschende Nachrichten. Der ADP-Beschäftigungsreport konnte die Markterwartungen nicht erfüllen.

Per Berichtsmonat Juli wurden in der US-Privatwirtschaft laut dieser Erfassung 185.000 neue Jobs geschaffen. Die Prognose lag bei 215.000 neuen Arbeitsplätzen. Mehr noch wurde der Vormonatswert von 237.000 auf 229.000 revidiert. Ergo wurde die Konsensusprognose um nicht unerhebliche 38.000 Jobs in der Zweimonatsperiode verfehlt.

Zur Einordnung der Dynamik am US-Arbeitsmarkt ist es hilfreich, den Kontext der letzten zwei Jahre zu wählen.

Der aktuelle Monatswert liefert den fünftschwächsten Anstieg seit Juli 2013.

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Der feste USD hat für die US-Konjunktur seine Schattenseiten. Die internationale Konkurrenzfähigkeit leidet.

Entsprechend legte das US-Handelsbilanzdefizit per Juni von 40,94 Mrd. USD (revidiert von 41,9 Mrd.) auf 43,84 Mrd. USD zu. Die Prognose lag bei -42,8 Mrd. USD.

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Positiv stach der völlig unerwartete Anstieg des ISM-Dienstleistungsindex per Juli von zuvor 56,0 auf 60,3 Punkte ins Auge. Die Prognose lag bei 56,2 Zählern. Damit markierte dieser Index den höchsten Wert seit 2005!

Dieser Anstieg wirft Fragen auf. Der Mix der Daten, die mit der Dienstleistungsbranche korreliert sind, liefert keine anekdotische Evidenz, die diesen Anstieg sachlich unterfüttern könnte.

Gestern wurde auch der US-Markit Einkaufsmanagerindex für den US-Dienstleistungssektor veröffentlicht. Dieser Index legte von 55,2 auf 55,7 Punkte zu. Die Divergenz zwischen diesen beiden Daten wirft Qualitätsfragen auf.

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Fazit US-Konjunktur:

Sensible Arbeitsmarktdaten enttäuschen. Die Handelsbilanz wird mit dem festen USD strukturell schwächer und belastet das BIP. Der US-Dienstleistungssektor ist robust und freundlich, aber nicht in einem Boom, wie es der ISM-Index impliziert. Reicht das für die US-Zinswende im September?


Eurozone. Nicht nur Sonne, aber dennoch viel davon!

Die Einzelhandelsumsätze der Eurozone enttäuschten gestern nachhaltig. Per Berichtsmonat Juni kam es zu einem Rückgang um 0,6%. Die Prognose war bei -0,3% angesiedelt. Deutschland "glänzte" als Schlusslicht in der Eurozone. Im Jahresvergleich kam es zu einem Anstieg um 1,2% nach zuvor 2,6%. Nachfolgender Chart der den Jahresvergleich abbildet, belegt, dass es seit November 2013 eine positive Tendenz gibt.

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Portugals Arbeitsmarkt kommt in Bewegung: Arbeitsmarktindikatoren sind Spätzünder oder im Fachjargon nachlaufende Indikatoren. Es freut uns außerordentlich, dass die Konjunkturerholung jetzt auch spürbar Traktion am Arbeitsmarkt Portugals findet.

Die Arbeitslosenquote sank im zweiten Quartal auf 11,9% nach zuvor 13,7%. In der Spitze stellte sich die Quote auf 17,5% per 1. Quartal 2013. Es kam zum stärksten Rückgang auf Quartalsbasis seit 1998. Die Arbeitslosenquote markierte damit den niedrigsten Stand seit Krisenbeginn (4. Quartal 2010 11,1%)!

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Unerwartet legten die deutschen Auftragseingänge per Berichtsmonat Juni um 2,0% im Monatsvergleich zu. Die Prognose lag bei lediglich +0,2%. Der Vormonatswert wurde von -0,2% auf -0,3% revidiert. Der Index der Auftragseingänge markierte damit den höchsten Wert seit April 2008!

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Fazit Eurozone:

Es ist immer noch ein langer Weg, den die Eurozone zu gehen hat, aber die Richtung stimmt! Nach den ökonomischen und gesellschaftspolitischen Schmerzen, die die Reformpolitik mit sich brachte, wird jetzt sukzessive die konjunkturelle "Ernte" eingefahren.

Diese "Ernte" hat einen soliden strukturellen Unterbau, der von wiederkehrenden Einkommen geprägt ist (USA durch Kredite getrieben). Das bedingt Zukunftsfähigkeit. Es wird auch die Grundlage dafür sein, dass wir Richtung Ende des vierten Quartals 2015 eine Debatte über die Notwendigkeit einer Veränderung der EZB-Politik führen werden.

Die Unterschiede zu den Reformverweigerern USA, Japan und partiell UK könnten fundamental nicht ausgeprägter sein ….

Aktuell ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Erst ein Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1.0800 -30 neutralisiert den positiven Bias des Euros.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



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