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Märkte bleiben in nervösem Modus

23.09.2015  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.1126 (07.40 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1.1105 im Asien- Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 119.72. In der Folge notiert EUR-JPY bei 133.22. EUR-CHF oszilliert bei 1.0850.

Es war wieder ein rabenschwarzer Tag für Aktientitel, nachdem der Start in die Woche von freundlicher Natur war - wie sich herausgestellt hat, war es nur eine kurze Pause. Am DAX ging es fast 4 Prozent in die Tiefe und auch die anderen europäischen Indizes schlossen tief im roten Bereich. US-Titel verbuchten genauso wie asiatische Titel deutlich geringere Verluste, was aber immer noch nicht als Positivmeldung misszuverstehen ist.

Die globale Gemengelage bleibt in nervösem Modus. Zweifel am Wachstumspfad der Weltwirtschaft machen sich quer über den Erdball breit, Risikominimierung hat aktuell absolut die Oberhand.

Ein Indiz für weitere Verunsicherung an den Märkten liefern chinesische Zahlen. Der viel beachtete Caixin/Markit Einkaufsmanagerindex für den Sektor verarbeitendes Gewerbe fiel zum siebten mal in Folge und liegt aktuell mit 47,0 Punkten auf dem niedrigsten Level seit dem ersten Quartal 2009.

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Die spannende Frage lautet, was liegt vor uns?

Nachdem wir schon Mitte August innerhalb weniger Tage deutliche Verluste sahen (von 11.500 auf unter 9.400 DAX Punkte), zeichnete sich bis zu der US-Zinsentscheidung am letzten Donnerstag durch ein gespaltenes Lager aus. Nach der Entscheidung überwiegt Skepsis über das weitere Vorgehen, aber die Glaubwürdigkeit der FED und Notenbanken im Allgemeinen hat gelitten.

Und dann haben wir den Sonderfaktor VW, der natürlich als Schwergewicht und Leuchtturm der deutschen Automobil-Industrie ganz besonders im Fokus des aktuellen Interesses steht. Wir möchten nicht richten und auch nicht Spekulationen über einzelne Köpfe an dieser Stelle anführen, dafür sehen wir andere Stellen in der Verantwortung. Nein, es handelt sich auch nicht um ein solitäres Problem eines einzelnen Unternehmens. Häme und Schadenfreude sind nicht angebracht.

Zur Arrondierung: Wir blicken auf eine erfolgsverwöhnte Branche, die gleichzeitig auch den größten Industriesektor unseres Landes darstellt. Damit sind nicht nur die großen Hersteller gemeint, sondern der enorm breit aufgestellte Mittelstand quer durch die Republik. Made in Germany ist weltweit ein Markenzeichen und steht für hochqualitative Erzeugnisse. 20% der deutschen Exporte stammen aus dem Automobilsektor, ebenso groß ist der Gewinnanteil des Sektors an der gesamten deutschen Industrie. 2,7% des BIP stammen aus diesem Bereich.

Trotz der Tendenzen neue Fabriken im Ausland zu eröffnen, gehen immer noch mehr als Drei Viertel der hierzulande produzierten Fahrzeuge- und Teile in den Export. Laut Verband der Automobilindustrie (VDA) arbeiten 775.000 Arbeitnehmer in der gesamten deutschen Autoindustrie. Global beschäftigt sind 600.000 Personen für Volkswagen. Nur diese Zahlen zeigen: Es geht hier nicht alleine um einzelne Köpfe, sondern um abertausende Arbeiter und ihre Familien.

Um die drohenden Strafen bedienen zu können, hat VW bereits 6,5 Mrd. Euro zurück gestellt. Ein gutes Drittes des Börsenwertes wurde in den zurück liegenden Tagen vernichtet. Die Dividende für Aktionäre und die Bonuszahlung für die Angestellten wackelt bedenklich. Das ist aber noch Zukunftsmusik.

Die Frage nach der zukünftigen Strategie des VW Konzerns, insbesondere in den USA, drängt sich zwangsläufig auf. VW hat in Nordamerika schon seit der Zeit der legendären Käfer, VW-Bulli und Erdbeerkörbchen den Ruf von günstigen, einfachen Autos.

Die aktuelle Modellpalette steht aber auch für teure Experimente und Missverständnisse (US-Passat, TDI-Marketing als "Aushängeschild" in Zeiten fallender Spritpreise, kein großes SUV) und zeigt dass dieser Markt nach anderen Regeln tickt als daheim. So könnte der aktuelle Fall sogar eine absolute Kehrtwende in der US-Strategie bedeuten. Der geringe Marktanteil der Kernmarke zeigt, dass es viel zu ändern gibt.

Mercedes-Benz und BMW werden dagegen klar als Premiummarken wahrgenommen und sollten - sofern sie nicht selber in ähnliche Vorgänge verstrickt sind - von Negativschlagzeigen in vergleichsweise geringem Umfang betroffen sein. Die Konzerne haben in den vergangenen Jahren, sich anders als VW spezifischer auf den US-Markt eingestellt und verdienen hier gutes Geld.

Die heute veröffentlichten Einkaufmanagerindizes aus Europa zeigen ein Bild wirtschaftlicher Expansion, bei gleichzeitig abnehmender Dynamik.

Frankreich überrascht positiv und kehrt in den Wachstumsbereich zurück. In Deutschland dagegen verliert das Wachstum etwas an Schwung, das Niveau ist aber als absolut im grünen Wachstumsbereich zu bezeichnen.

Der Eurozone Composite Index wurde mit 53,9 Zählern nach 54,3 Punkten ermittelt. Industrie 52,0 und Dienstleister 54,0 lagen leicht unter den Vormonatswerten, sind aber im unkritischen Bereich.

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Europa zeigt sich etwas verkatert …

Das Verbrauchervertrauen in der Eurozone ist zuletzt leicht zurückgegangen. Die Stimmung fiel gering von -6,9 auf -7,1 Zähler, wie die EU-Kommission mitteilte.

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Aktuell ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Ein Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1.0980 - 1.1010 neutralisiert den positiven Bias des Euros.

Viel Erfolg!


© Moritz Westerheide
Bremer Landesbank



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