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Sechs Monate LBMA-Goldpreis: Manipulation und offene Fragen

01.10.2015  |  Ronan Manly
Es ist mittlerweile sechs Monate her, dass die LBMA Goldpreis-Auktion, der vielgepriesene Nachfolger des Londoner Goldpreis-Fixings, auf einer Plattform der ICE Benchmark Administration (IBA) eingeführt wurde. Stichtag der Umstellung war der 20. März 2015.

Für alle, die nicht mit diesem Vorgang vertraut sind: Der LBMA-Goldpreis wird zweimal täglich auf Grundlage einer Auktion ermittelt und ist der wichtigste Referenzpreis weltweit. Er wird jeden Tag weltweit zur Preisfindung an Goldmärkten und für Goldprodukte herangezogen.

Das sechsmonatige Bestehen des LBMA-Goldpreises ist also ein guter Anlass, einige ungeklärte und wenig beachtete Aspekte dieses auktionsbasierten Preisbildungsmechanismus bzw. dieses Referenzpreises unter die Lupe zu nehmen.


Manipulationen und die britische Finanzaufsicht

Seit dem 1. April 2015 ist der LBMA-Goldpreis zudem ein "regulierter Benchmark" nach den Vorschriften der Finanzaufsichtsbehörde (FCA) des Vereinigten Königreichs. Zu den regulierten Benchmarks zählen neben dem Goldpreis noch sechs weitere Referenzpreise mit systemischer Bedeutung: Der LBMA-Silberpreis, der Referenzzinswert für Festzinssätze in Swap-Geschäften (ISDAFix), der Erdölpreis (ICE Brent Futures), der Devisenkurs-Benchmark WM/Reuters Fix und die Tagesgeld-Zinssätze Sonia (Sterling Overnight Index Average) und Ronia (Repurchase Overnight Index Average).

Nachdem 2014 zuerst der Libor, der Referenzzinssatz für internationale Bankengeschäfte, infolge des berüchtigten Manipulations-Skandals stärker reguliert wurde, trifft das seit März dieses Jahres nun auch für die sieben genannten Benchmarks zu.

Die Manipulation oder versuchte Manipulation eines regulierten Benchmark stellt nun entsprechend des Finanzdienstleistungsgesetzes von 2012 (Financial Services Act 2012) einen Strafbestand dar.

Die Verwalter der Benchmarks und die Teilenehmer der Preisbildungsverfahren müssen jetzt einige "Schlüsselanforderungen" der FCA erfüllen. Dazu zählt auch "das Identifizieren von potentiell manipulativem Verhalten, die Prüfung von Interessenkonflikten und die Umsetzung umfassender Führungs- und Kontrollmaßnahmen."

Die spezifischen Erfordernisse werden in Kapitel 8 der Bestimmungen zum Marktverhalten (Market Conduct Sourcebook, MAR) der britischen Finanzaufsicht dargelegt, wobei Punkt 8.3.6 die Details in Bezug auf das "Identifizieren von potentiell manipulativem Verhalten" darlegt. Demzufolge muss ein Benchmark-Verwalter:

"Verstöße gegen die geltenden Standards und Verhaltensweisen, die eine Manipulation oder versuchte Manipulation des jeweils verwalteten Benchmark vermuten lassen, identifizieren und dem jeweils zuständigen Aufsichtskomitee alle vermuteten Verstöße und versuchten Manipulationen zügig melden."

Sowie:

"die FCA über alle relevanten Informationen in Kenntnis setzen, wenn hinsichtlich des jeweils verwalteten Benchmark die Vermutung besteht, dass:

(a) ein grober Verstoß gegen die geltenden Standards der Benchmark-Verwaltung vorliegt
(b) möglicherweise manipulatives Verhalten oder eine versuchte Manipulation des Benchmarks vorliegt
(c) eine Absprache über eine Manipulation oder versuchte Manipulation des Benchmark vorliegt."


Zudem wird dargelegt, dass die oben erwähnten Kontrollverfahren mindestens folgende Punkte umfassen sollten:

"(1) Die Durchführung einer statistischen Untersuchung der Benchmark-Einreichungen unter Einbeziehung anderer relevanter Marktdaten zur Identifizierung von Unregelmäßigkeiten,

(2) Ein effektives Enthüllungsverfahren, dass es jeder Einzelperson ermöglicht, die Benchmark-Verwalter unter Wahrung der Anonymität über möglicherweise manipulatives Verhalten oder versuchte Manipulation des jeweiligen Benchmark zu informieren.“


Nach Abschnitt 91 des britischen Finanzdienstleistungsgesetzes von 2012 stellt es einen Strafbestand dar, sich vorsätzlich "in irgendeiner Weise so zu verhalten, dass dadurch ein falscher oder irreführender Eindruck bezüglich des Preises oder Werts einer Anlageoption entsteht, der die Ermittlung eines relevanten Benchmark-Wertes beeinflussen könnte."


Kürzliche Manipulation des Auktions-Startgebots

All diese Bestimmungen der FCA und die Kriminalisierung von Preismanipulationen klingen in der Theorie sehr gut.

Es ist daher anzunehmen, dass das Goldpreis-Aufsichtskomitee der IBA und die Finanzaufsicht hinsichtlich der im Folgenden beschriebenen Ereignisse zusammengearbeitet haben. Diese fanden zwischen dem 20. Mai 2015 und dem Monatsende statt und werden auf Seite 2 der 'editierten' Sitzungsprotokolle des IBA-Goldpreis-Aufsichtskomitees vom 1. Juni 2015 in London unter Punkt 4 der Agenda folgendermaßen beschrieben:

"4. Ergebnisse seit der Umstellung

Die IBA teilte dem Komitee mit, dass die IBA und einige direkte Teilnehmer den sprunghaften Anstieg der Preise für Terminkontrakte in den Minuten unmittelbar vor Beginn der Nachmittags-Auktion beobachtet hatten.

Die IBA wird nun die Gewichtung der Terminmarktpreise als relevante Referenzgröße bei der Bestimmung des Startpreises verringern."


Die Tatsache, dass die IBA es für nötig befunden hat, diese Maßnahme zu ergreifen (also die Bedeutung von Futures als Faktor für die Bestimmung des Startpreises herabzustufen), und dass gewisse Marktteilnehmer die Kurse der Futures beeinflussen, um damit wiederum das Startgebot der LBMA zu beeinflussen, lässt darauf schließen, dass sich am Goldmarkt seit der Einführung der neuen Auktion nichts geändert hat, und dass die gleichen Akteure, die den Goldpreis schon 2012 aktiv manipuliert haben, das noch immer tun - auch wenn es nach britischem Recht jetzt strafbar ist.

Erinnern Sie sich daran, dass die britische Finanzaufsicht Barclays am 23. Mai 2014 "aufgrund von Fehlverhalten im Hinblick auf das Londoner Goldpreis-Fixing eine Strafzahlung in Höhe von 26 Mio. Pfund auferlegte." In ihrer abschließenden Erklärung fügte sie dann die folgenden Kommentare zum Einfluss der Futures-Preise auf die in die Länge gezogene und manipulierte Preisbildung am Nachmittag des 28. Juni 2012 an:

"4.12. Zu Beginn des Gold-Fixings am 28. Juni 2012 um 15.00 Uhr schlug der Vorsitzende einen Eröffnungspreis von 1.562,00 USD vor. Dieser sank jedoch infolge eines Preisverfalls der August-Terminkontrakte am COMEX-Goldmarkt (der unabhängig von Barclays und Mr. Plunkett durch ein großes Volumen an Verkäufen dieser Kontrakte ausgelöst wurde) rasch auf 1.556,00 USD.

4,18. ...bevor der Preis festgelegt wurde, änderte sich die Höhe der Kaufs- und Verkaufspositionen innerhalb des Gold-Fixings vom 28. Juni 2012 noch mehrmals, was mit einem Preisanstieg der August-Terminkontrakte am COMEX-Goldmarkt zusammenfiel.

4.19. Als Ergebnis dieser Änderungen überstieg die Zahl der Käufe bei 1.558,50 USD die Zahl der Verkäufe (155 Käufer/45 Verkäufer) und es war davon auszugehen dass der vorgeschlagene Preis weiter steigen würde. Da der Preis der August-Terminkontrakte am COMEX-Goldmarkt zu dieser Zeit bei etwa 1.560,00 USD lag, war es wahrscheinlich, dass der Vorsitzende den vorgeschlagenen Preis im Falle einer Erhöhung auf ein ähnliches Niveau heben würde (welches über der von Mr. Plunkett gewünschten 'Grenze' von 1.1558,96 USD gelegen hätte)."



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