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Hang zur Inflation

12.10.2015  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Verlockenderweise stellen so manche Ökonomen in Aussicht, eine "etwas höhere" Inflation wäre nicht schädlich und könnte in Zeiten hoher Verschuldung sogar helfen, die Probleme "in den Griff" zu bekommen. Das aber ist trügerisch. Inflation führt nämlich nur dann zu einer Entlastung der Schuldner - die auf Kosten der Gläubiger geht - wenn sie überraschend kommt, wenn sie also höher ausfällt als ursprünglich erwartet.

Allerdings lässt sich eine solche "Überraschungsinflation" jedoch nicht dauer-haft durchführen, beziehungsweise sie würde zu immer höherer Inflation - bis hin zur Hyperinflation - führen und den Geldwert ruinieren.


Ist Inflation noch möglich?

Vielfach ist zu hören, eine Inflation sei heutzutage gar nicht mehr möglich. Es wird darauf verwiesen, dass es eine Unterauslastung der Kapazitäten gebe, dass die Gewerkschaftsmacht gering sei, und all das verhindere, dass Löhne und damit Preise ansteigen könnten.

Diese Sichtweise baut (stillschweigend) auf der Vorstellung auf, dass sich Inflation durch "Kostenschübe" (wie zum Beispiel steigende Löhne oder steigende Energiepreise) erklären ließe. Doch das kann nicht überzeugen. Dass in einer Volkswirtschaft alle Preise ansteigen, ist ohne ein (vorangegangenes) Ausweiten der Geldmenge nicht möglich. Inflation ist immer und überall ein monetäres Phänomen. Das Geldmengenvermehren schafft Inflation.

Die staatlichen Zentralbanken haben das Monopol der Geldproduktion inne und können die Geldmenge beliebig vermehren. Bislang geschieht das vor allem auf dem Wege der Bankkreditvergabe. Seit 2007/2008 haben die Privaten und die Unternehmen im Euroraum ihre Neuverschuldung allerdings vermindert. Gleichzeitig sind Banken auch zurückhaltender geworden bei der Kreditvergabe.

Die EZB kauft daher bereits Anleihen und bezahlt die Käufe mit neu geschaffenen Euro. Diese gelangen jetzt in die Hände von Banken und Investoren aus dem In- und Ausland, denen die EZB ihre Schuldpapiere abkauft.

Deren Nachfrage nach zum Beispiel Aktien, Anleihen und Immobilien nimmt zu und lässt deren Preise steigen. Es profitieren die Halter dieser Vermögensbestände. Zum Nachteil der Geldhalter, denn die Kaufkraft des Geldes schwindet: Für einen Euro erhält man fortan weniger Aktien und Häuser.

Vorab lässt sich nicht sagen, welche Güterpreise wann und wie stark ansteigen werden, wenn die Geldmenge ausgeweitet wird. Steigen beispielsweise die Immobilienpreise, werden irgendwann auch die Mieten ansteigen. Gewerbe, die eng mit dem Immobiliensektor verbunden sind (wie zum Beispiel die Baubranche), profitieren von steigender Nachfrage und steigenden Preisen für die von ihnen angebotenen Güter und Dienstleistungen.

Man kann sich die Wirkung einer Geldmengenausweitung wie die eines Wasserrohrbruchs im Haus vorstellen: Erst tröpfelt es hier, dann da, und nach und nach sind alle Wände und Decken durchnässt. Bei einer Geldmengenausweitung steigen nach und nach die Preise, erst die einen, dann die anderen, und am Ende sind alle Preise gestiegen.


Monopolisten der Geldproduktion

Dass man im Euroraum der Verlockung des Inflationierens bereits erlegen ist, zeigt die EZB-Politik der letzten Jahre: Sie hat begonnen, die Euro-Staatsschulden zu monetisieren. Nach und nach, Schritt für Schritt. Für verschuldete, politisch einflussreiche Gruppen ist diese Geldpolitik willkommen. Dass man sich von ihr abkehren wird, ist zwar nicht gänzlich ausgeschlossen, aber doch recht unwahrscheinlich.

Die Erkenntnis ist, dass im Schuldgeldsystem Inflation früher oder später unwiderstehlich für die Verschuldeten wird, sie wird als die "Politik des kleinsten Übels" angesehen. Die EZB ist der Monopolist der Geldproduktion. Sie kann jede gewünschte Geldmenge schaffen und in Umlauf bringen. Wenn Inflation, auch höhere Inflation, politisch gewollt ist, kann und wird die Zentralbank diesen Wunsch erfüllen.


Was es mit dem "Helikopter-Geld" auf sich hat

Der Begriff "Helikopter-Geld" stammt von Milton Friedman (1912 - 2006). Mit ihm wollte er verdeutlichen, dass die Zentralbank in einem ungedeckten Papiergeldsystem die Geldmenge in der Volkswirtschaft jederzeit und in jeder beliebigen Menge ausweiten und auf diese Weise für steigende Preise (Inflation) sorgen kann.

Dazu druckt die Zentralbank neue Geldscheine, lädt diese in einen Hubschrauber und lässt die Banknoten dann über der Volkswirtschaft abregnen. Die Bürger werden die vom Himmel fallenden Geldscheine (wenn der Geldregen nur heftig genug ausfällt) einsammeln und gegen Güter eintauschen. Die Folge sind steigende Preise.

Einige Befürworter des "Vollgeldes" haben sich die Idee des Friedman-Helikopter-Geldes zu Eigen gemacht. Sie fordern, dass nur noch die Zentralbank die Geldmenge produzieren soll. Die Vermehrung der Geldmenge soll dadurch erfolgen, dass die Zentralbank den Bürgern "Geldgeschenke" macht: Die Zentralbank soll die Konten der Bürger mehr oder weniger regelmäßig und "in gerechter Weise" mit neuem Geld befüllen.


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