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Preise - ZEW-Index schwach - Fakten zu China - US-Verbraucher machen Sorgen!

14.10.2015  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.1395 (07.53 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1.1355 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 119.62. In der Folge notiert EUR-JPY bei 136.27 EUR-CHF oszilliert bei 1.0915.

Aktuell werden die Verbraucher- und Erzeugerpreise der wesentlichen Wirtschaftsnationen veröffentlicht. Durchgehend ergibt sich per September ein Bild, das den Begriff Inflation auf ersten Blick verblassen lässt. Entscheidend für das schwache Inflationsbild sind maßgeblich die Rohstoffpreise, also exogene Faktoren, die nicht direkt durch Zentralbankpolitik beeinflusst werden können. Die Folge der Rohstoffpreisdeflation ist für die Verbraucher positiv, da dadurch Kaufkraft für andere Zwecke freigesetzt wird.

Die endogene, also aus dem eigenen Wirtschaftskreislauf herrührende Preisinflation (Kernrate) liegt im Westen im Dunstkreis von circa +1,0%. Das ist nicht prekär. Prekär wäre es, wenn Zentralbanken auf exogene, die Kaufkraft hebende Preiseinflüsse mit aktiver Zentralbankpolitik reagieren würden. Diese Einlassung gilt insbesondere für die auf Stabilitätspolitik verpflichtete EZB, dessen EZB-Rat derzeit in der Meinungsfindung stark vom "südlichen Charme" bestimmt erscheint.


Die in den ZEW-Indices befragten Finanzspezialisten zeigen Nerven.

Sowohl der Sentimentindex als auch der Lageindex waren per Berichtsmonat Oktober von unerwarteter Schwäche geprägt. Der Sentimentindex sank von 12,1 auf 1,9 Punkte (Prognose 6,0) und markierte den niedrigsten Stand seit Oktober 2014.

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Der Lageindex verzeichnete einen markanten Einbruch von zuvor 67,5 auf 55,2 Zähler (Prognose 64,7) und markierte den schwächsten Wert seit März 2015.

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Vom ZEW-Institut wurde in der Begründung eine Brücke zu dem Volkswagen-Skandal geschlagen. Zusätzlich darf betont werden, dass Finanzspezialisten eben grundsätzlich sehr nervös und bisweilen auch wankelmütig sind. Die Volatilitäten an den Märkten waren offensichtlich schwer verdaulich.


China: Stimmung und Faktenlage fallen auseinander!

Die im Jahresvergleich sinkenden Importe Chinas waren gestern das Thema, das Verunsicherung an den Märkten generierte. Wir haben gestern versucht, das Thema zu versachlichen, leider ohne Erfolg. Offensichtlich hat der "Finanzmarkt" kein Gelüst, eine sachliche Differenzierung zwischen Preis- und Mengeneffekten vorzunehmen. Das ist bezüglich potentieller Aussagen zur chinesischen Wirtschaftsleistung nicht nur unsachlich, sondern es ist unprofessionell.

Wir geben in unserer Loyalität zur Sachlichkeit nicht auf und liefern nach. Fakt ist, dass China in den ersten neun Monaten des Jahres 2015 9% mehr Rohöl als im identischen Vorjahreszeitraum gekauft hat. Bekanntlich ist Rohöl der Schmierstoff der Konjunktur. Fakt ist, dass sich die Erzimporte in den ersten neun Monaten des Jahres 2015 exakt auf das Niveau des Vorjahres stellen.

Mehr noch:

Erstmals seit sechs Monaten ist der Autoabsatz in China wieder leicht gestiegen. Im September wurden 2,1% mehr Kfz verkauft worden als im Vorjahresmonat. Der chinesische Automobilverband rechnet nicht mehr mit einer Stagnation des weltgrößten Automarktes, sondern wie früher erwartet mit einem Zuwachs im Gesamtjahr um 3%. "Food for thought!"


Konsumgetriebene US-Konjunktur vor erhöhten Risiken:

Der von der New York Federal Reserve ermittelte "Consumer Expectations Survey" (Umfrage über zukünftige Konsumausgaben) markierte per September laut Zerohedge einen historischen Tiefstwert. Auf dem Chart wird die Abschwächung seit Frühjahr 2015 unmissverständlich deutlich.

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Vor diesem Hintergrund

  • als auch der US-Exportschwäche (US-Exporte auf dem Tiefpunkt seit 2013),
  • der schwachen Auftragseingänge (Niveau 2013),
  • der kritischen Situation der US-Verbraucher (Konsumkredite seit 2008 +28% versus mittlere Einkommen nominal +4%),
  • der geringen Kapazitätsauslastung (Niveau 2013),
  • jüngster Schwäche des US-Arbeitsmarkts, sowohl quantitativ als ohnehin qualitativ (Partizipation, Billigjobs),
  • und der kritischen Situation im US-Lagerzyklus (höchstes Lagerniveau bei abbrechenden Absätzen)

ist das erhöhte Crescendo der Tauben der Federal Reserve allzu verständlich.

Fed-Gouverneur Tarullo lehnt neben Charles Evans (Chicago) und Naranya Kocherlakota (Minneapolis) eine Anhebung der Leitzinsen per 2015 ab. Die Konjunktur sei noch nicht bereit für diesen Schritt, er halte ihn daher derzeit nicht für angemessen. Lael Brainard mahnte gleichfalls, dass die Fed eine Zinserhöhung aufschieben solle, bis deutlich würde, dass die Turbulenzen in China und anderswo die Erholung der US-Wirtschaft nicht gefährdeten. US-Notenbank Gouverneur Bullard hält eine Zinserhöhung bei der Sitzung in diesem Monat für eher unwahrscheinlich. Die Fed dürfte seinen Worten zufolge vielmehr abwarten, um weitere Konjunkturdaten zu sammeln.

Das Problem der Federal Reserve liegt darin, dass sie nur Begleitmusik spielen kann. Die Ablehnung echter Strukturpolitik seitens der US-Administration seit 2008 als Antwort auf die Krise 2008/2009 bleibt das Primärproblem der US-Wirtschaft, dass durch Zinspolitik und QE nicht neutralisiert, sondern nur betäubt, nivelliert oder herausgezögert werden kann.

Die Divergenz zu der Strukturpolitik der Eurozone ist erheblich, auch wenn die EZB derzeit zentralbanktechnisch ein Stück weit auf den Pfaden der Federal Reserve der vergangenen Jahre wandelt. Wer in dieser Äußerung Kritik an der EZB erkennen will, liegt nicht notwendig falsch. Bis zum OMT-Programm hatte die EZB von dieser Seite volle Rückendeckung. Die Betonung liegt auf dem Wort "bis".

Aktuell ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Ein Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1.0980 - 1.1010 neutralisiert den positiven Bias des Euros.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



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