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Nein, die EZB macht keine Devisenpolitik - US-Daten prekär!

16.10.2015  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.1385 (07.34 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1.1359 im asiatischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 119.20. In der Folge notiert EUR-JPY bei 135.70 EUR-CHF oszilliert bei 1.0837.

Gestern näherte sich der Euro der Marke von 1,15 gegenüber dem USD an. Die konjunkturellen Hintergründe für die freundliche Verfassung des Euros ganz im Gegensatz zu den USA liefern dafür nahezu latent Steilvorlagen. Auch die heute früh veröffentlichten Absatzdaten der Kraftfahrzeuge in der EU unterstreichen die Widerstandsfähigkeit der europäischen Konjunkturlage bezüglich des schwächeren globalen Konjunkturumfelds.

Strukturreformen schaffen eben endogene wirtschaftliche Stärke, während solitäre Finanzintervention Zeit kaufen kann, sie löst aber keine Probleme. Ganz im Gegenteil ergibt sich bei solitärer Anwendung eine Verschärfung der Problematik. Diesbezüglich sind die USA und Japan ganz weit vorne …

Die EZB hat kein Mandat für aktive Devisenpolitik. Seit Ankündigung des QE-Programms ergeben sich Indizien, dass implizite Devisenpolitik sehr wohl auf der Agenda der EZB steht. Gestern führten die Einlassungen seitens der EZB dazu, dass das Niveau des Euros bei knapp 1,15 nicht gehalten werden konnte. Das nehmen wir zur Kenntnis.

EZB-Ratsmitglied Nowotny zu größeren Anstrengungen zur Ankurbelung der niedrigen Preisinflation in der Eurozone: "In meinen Augen ist es offensichtlich, dass wir eine Reihe von zusätzlichen Instrumenten brauchen. Dazu gehörten sowohl Strukturreformen als auch Schritte, um über eine höhere Nachfrage bei Firmen und Verbrauchern für mehr Wirtschaftswachstum zu sorgen. Wir verfehlen eindeutig unser Ziel", sagte Nowotny bezüglich der Wunschmarke von knapp 2% Preisanstieg. Hauptgrund sei der Rückgang der Preise für Öl und andere Rohstoffe. Aber auch die Kerninflationsraten lägen klar unter den EZB-Zielen.

Nowotny redet so, als ob die EZB auch für Wachstum verantwortlich ist. Das ist im Gegensatz zur Federal Reserve jedoch nicht der Fall. Die EZB ist auf Stabilitätspolitik verpflichtet, nicht mehr und nicht weniger.

Man könnte darüber diskutieren ob 2% Preisinflation Stabilität bedeuten. 2% Kaufkraftverlust pro Jahr haben in der Welt der Menschen, die mit Zahlen arbeiten, nichts mit Stabilität zu tun. Das Thema der Kerninflation, also dem Preisanstieg, der sich aus dem inneren Wirtschaftskreislauf der Eurozone ergibt, bedarf einer Einwertung, da Herr Nowotny dieses Thema aufmachte.

Der Blick auf den nachfolgenden Chart macht deutlich, dass es in den letzten 10 Jahren nie zu einer Deflation in der Kernrate kam. Die Kernrate liegt aktuell bei +0,9%. Einer der Gründe, warum die Kernrate in der Phase 2011 - 2015 rückläufig war, hat mit den Strukturreformen in der Eurozone zu tun. In den Reformländern wurden durch Lohnund Sozialkürzungen die internationale Wettbewerbsfähigkeit wiederhergestellt.

Das sind jedoch keine Trends, die einfach weiter extrapoliert werden können. Wir sind diesbezüglich ob der Einlassungen seitens der EZB irritiert, um es höflich auszudrücken.

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Fazit: Der Eindruck, dass die EZB implizit bemüht ist, einer deutliche Befestigung des Euros entgegen zu wirken, drängt sich zunehmend auf. "Freie Märkte sind klasse!"


Die US-Daten waren bis auf die "Jobless claims" prekär:

Die Arbeitslosenerstanträge sanken in der letzten Berichtswoche von zuvor 262.000 auf 255.000. Wir haben bereits zuvor darauf verwiesen, dass historische Vergleiche und Interpretationen aus diversen Gründen (Partizipationsrate, aufgezehrte Anspruchsgrundlagen) nicht zulässig sind.

Die US-Verbraucherpreise sanken per September im Monatsvergleich um 0,2%. Im Jahresvergleich ergab sich Preisstabilität (0,0%) nach zuvor +0,1% Preisanstieg. Die US-Kernrate zog von 1,8% auf 1,9% an. Warum liegt die Kernrate in den USA um 1% höher als in der Eurozone? Weil es keine Reformen (interne Preisniveaus) gegeben hat!

An der US-Konjunkturfront sieht es prekär aus. Der New York-Fed Manufacturing Index legte per Oktober von -14,67 auf -11,36 Punkte zu und verfehlte die bei -8 Zählern angesiedelte Prognose deutlich. Dieser Index markierte damit den dritten Monat in Folge Kontraktion in diesem Sektor der US-Wirtschaft im Fed-Bezirk NY.

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Der besonders bedeutende Auftragsindex kollabierte auf den niedrigsten Stand seit fünf Jahren.

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Der Philadelphia Fed Buisness Survey legte zwar wie der NY Index leicht von -6,0 auf -4,5 Punkte per Oktober zu. Gleichwohl verfehlte der Index die Prognose bei -1,0. Der Index markiert seit zwei Monaten Kontraktion.

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Die Subindizes waren partiell von dramatischer Schwäche geprägt: Der Auftragsindex brach von +9,4 auf -10,6 Punkte ein. Der Auslieferungsindex kollabierte von +14,8 auf -6,1 Punkte. Der Beschäftigungsindex sackte von 10,2 auf -1,7 Zähler. Der Index der Wochenarbeitszeit sank von +7,0 auf -7,3 Punkte.

Dier Offenmarktausschuss hat sehr viel "Food for thought!" bei der hohen Datenabhängigkeit.

Aktuell ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Ein Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1.0980 - 1.1010 neutralisiert den positiven Bias des Euros.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



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