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EZB-Politik im Widerspruch zu Konjunkturdaten ...

27.10.2015  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.1057 (07.42 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1.1004 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 120.71. In der Folge notiert EUR-JPY bei 133.45 EUR-CHF oszilliert bei 1.0854.

Es ist für die Mitglieder des EZB-Rats, die dem "südlichen Charme" erlegen sind, sicherlich zunehmend verstörend, dass die Konjunkturdaten so latent im Widerspruch zu den Notwendigkeiten einer verschärften QE- als auch Negativzinspolitik stehen.

Ganz im Gegenteil sollten diese Daten den EZB-Rat ermuntern, diese Extremmaßnahmen sukzessive zu neutralisieren. Man muss doch nun wahrlich nicht jeden Fehler der US-Zentralbank durch "Copy und Paste" jagen.

Die jüngsten Veröffentlichungen aus der Eurozone machen keine Ausnahme:

Der LKW-Absatz (Investition) legte per September im Jahresvergleich in der EU um 20,2% zu. In den ersten neun Monaten stellte sich der Anstieg auf 20,6%.

Bei Nutzfahrzeugen stellte sich die Zunahme per September auf 14,7% und in den ersten neun Monaten des laufenden Jahres auf 12,2%.

Per September waren rund 3,548 Millionen Franzosen arbeitslos. Es ergab sich mit einem Rückgang um 23.800 Arbeitslose der größte Rückgang seit November 2007.

Es gibt nach unserer Kenntnislage Zentralbanken, die ihre eigene Konjunkturlage latent beschönigen. Es gibt aber auch eine Zentralbank, die die eigenen Konjunktur- und Strukturerfolge nicht angemessen würdigt, ignoriert oder klein redet.

Fakt ist, dass die Eurozone sich der besten Konjunkturlage seit 2011 erfreut. Fakt ist, dass die Erholung im zweiten Halbjahr 2013 lange vor QE und Negativzins begann. Fakt ist, dass diese Erholung auf Strukturreformen und wiederkehrenden Einkommen basiert und damit eine völlig andere Widerstandsfähigkeit hat als die Konjunkturentwicklungen in Ländern, die auf Strukturreformen verzichteten.

Der deutsche IFO-index fiel per Berichtsmonat besser als erwartet aus. Es kam zu einem leichten Rückgang von zuvor 108,5 auf 108,2 Punkte. Die Prognose lag bei 107,9 Zählern.

Das Indexniveau ist unprekär. Der Lageindex trübe sich ein und verlor von 114,0 auf 112,6 Indexpunkte, während der Erwartungsindex von 103,3 auf 103,8 Zähler zulegte.

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© Reuters


Die Federal Reserve wird mit Daten konfrontiert, die im diametralen Widerspruch zu der seit 18 Monaten angekündigten Zinswende stehen. Das Schönreden fällt ob dieser Fakten zunehmend schwer …

Der Absatz neuer Wohnimmobilien sank völlig unerwartet per Berichtsmonat September um sportliche 11,5% von zuvor 529.000 (revidiert von 552.000) auf 468.000. Die Prognose lag bei 550.000 Immobilien in der auf das Jahr hochgerechneten Fassung. Damit wurde der niedrigste Absatzwert seit November 2014 markiert.

Der Blick auf den langfristigen Chart zeigt eindrucksvoll das malade Bild dieses Sektors. Das gilt vor allen Dingen auch vor dem Hintergrund der größten Konjunkturintervention in der Geschichte der USA. Wo sind die selbsttragenden Effekte?

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© Reuters


Auch der Dallas Fed Manufacturing Index untergräbt die Position der Zinserhöhungsfans in der US-Zentralbank.

Per Berichtsmonat Oktober sank dieser Index von zuvor -9,50 auf -12,7 Punkte und signalisiert damit für diesen Fed-Bezirk im Sektor Produktion eine verschärfte Rezession, die laut diesem Index seit 10 Monaten anhält. Der Chart unterstreicht, dass eine derartige Phase (10 Monate) in Dallas grundsätzlich auch mit einer Rezession in der US-Wirtschaft korrelierte.

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© Reuters


Fazit zu Zentralbankpolitik: Erkennen Sie Absurditäten?

Trotz unerwartet schwacher US-Konjunktur (und Struktur) als auch Verbraucherpreisen bei 0,0% bleibt das Thema US-Zinswende immer noch aktuell bei ansatzweiser dogmatischer Debatte.

Trotz unerwartet starker Konjunktur (und Struktur) der Eurozone und Verbraucherpreisen bei -0,1% forciert die EZB das Thema QE und Negativzinsen, obwohl die Erholung der Eurozone schon ein Jahr vor diesen Maßnahmen ohne diese Extremsubvention lief.

Wessen Kapitalströme und wessen Positionen werden hier geschützt? Man könnte sehr viel mehr Fragen stellen …

Aktuell ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Ein Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1.0980 – 1.1010 neutralisiert den positiven Bias des Euros.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



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