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EZB - Entscheidung sorgt für Wirbel

04.12.2015  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.0919 (07.51 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1.0525 im Europa- Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 122.65. In der Folge notiert EUR-JPY bei 134.00. EUR-CHF oszilliert bei 1.0845.

Was für ein verrückter Tag war das denn fragen sich heute Morgen die Händler in der Republik. Und sie haben Recht. Mit Spannung wurde die EZB-Ratssitzung erwartet und es kam zu deutlichen Ausschlägen an allen relevanten Märkten.

Dabei muss konstatiert werden, dass sich die EZB im Vorfeld mit deutlichen Ankündigungen zu sehr aus dem Fenster gelehnt hat und so eine nicht zu erfüllende Erwartungshaltung geschaffen hat. Trotz der verkündeten Lockerungsmaßnahmen, die u.a. aus diesen Elementen bestehen:

  • Verlängerung des Wertpapierkaufprogramms bis 1 Quartal 2017
  • Erwartung: b.a.w. / unlimitierte Laufzeit
  • Volumen von 60 Mrd. pro Monat bleibt bestehen
  • Erwartung: Ausweitung um 15 / 20. Mrd. Euro
  • Absenkung des Einlagesatzes um 0,10% auf -0,30%
  • Erwartung: -0,40%

Trotzdem überzeugten diese Maßnahmen nicht in Ansätzen. Die Differenz zu der Erwartungshaltung erklärt die erratischen Marktbewegungen, die teilweise in panikähnliche Zustände ausuferten. Der konservative Flügel innerhalb des EZB-Rates konnte sich durchsetzen, es gelang nicht wie in der Vergangenheit eine hohe Erwartungshaltung nochmals zu toppen. Diese Entscheidung lässt Zweifel an der Einigkeit des Rates aufkommen, auch im Hinblick auf kommende Entscheidungen. EUR/USD handelte am Nachmittag vor der Zinsentscheidung noch um 1,0550, bevor es im US-Handel auf bis zu 1,0980 hinausging.

Hier wurden viele Marktteilnehmer für Ihre eindeutige Short-Positionierung bestraft und durch Auflösung von Stopmarken kannte der Euro in den zurückliegenden Stunden nur eine Richtung. Auch im DAX und Eurostoxx wurden Positionen dramatisch abgebaut. Unsere Börsenampel hat unterhalb der 10.800-Punkte-Marke auf "rot" umgeschaltet. Heute werden sich die Märkte neu sortieren, das Blatt hat sich noch nicht vollständig gewendet. Die Anzeichen für eine kurzfristige Korrekur sind da, müssen sich aber heute in einer Konsolidierung setzen.


EZB weitet Geldflut aus - Die Schritte im Einzelnen

03. Dez (Reuters) - Die Europäische Zentralbank (EZB) pumpt wegen der Mini-Inflation noch länger billiges Geld in die Finanzmärkte. EZB-Präsident Mario Draghi und seine Notenbank-Kollegen setzen dabei immer stärker auf unkonventionelle Instrumente, da bei einem Leitzins nahe null Prozent das klassische Repertoire der Geldpolitik weitgehend ausgeschöpft ist. Ein Überblick:

ANLEIHENKÄUFE I: VERLÄNGERUNG UM MINDESTENS 6 MONATE

Bisher waren die vor allem in Deutschland umstrittenen Anleihenkäufe von monatlich 60 Milliarden Euro zeitlich begrenzt, nämlich auf September 2016. Jetzt wollen die EZB und die nationalen Zentralbanken sie bis mindestens Ende März 2017 fortsetzen - "oder darüber hinaus, falls notwendig", wie Draghi sagte. Damit will er die Inflation im Währungsraum wieder näher an die EZB-Zielmarke von knapp unter zwei Prozent heranbringen. Dieser Wert wird als optimal für die Wirtschaft erachtet.

ANLEIHENKÄUFE II: KAUF VON MEHR ANLEIHEARTEN MÖGLICH

Die EZB hat zudem beschlossen, auch Anleihen von Bundesländern beziehungsweise Regionen sowie von Kommunen der Euro-Staaten ins Kaufprogramm aufzunehmen. So kann die Notenbank mögliche Verknappungen in einzelnen Ländern abfedern, etwa bei deutschen Bundesanleihen. Allerdings ist der Markt für solche Regional- und Kommunal-Papiere nicht übermäßig groß: Laut Daten von Thomson Reuters IFR lag das Volumen im Umlauf zuletzt bei etwa 500 Milliarden Dollar. Der Markt für europäische Staatsanleihen ist hingegen mehrere Billionen Euro groß.

BEREITS NEGATIVER EINLAGENZINS WEITER HERABGESETZT

Die Währungshüter senkten den sogenannten Einlagensatz von minus 0,2 auf minus 0,3 Prozent. Damit müssen Banken einen höheren Strafzins zahlen, wenn sie bei der EZB überschüssiges Geld parken. Mit dem Schritt will die Notenbank die Institute noch stärker dazu drängen, überschüssige Liquidität in Form von Krediten an die Wirtschaft weiterzureichen. Der tiefere Einlagenzins hat außerdem Auswirkungen auf die Anleihenkäufe. Denn nur solche Titel kamen bislang infrage, deren Rendite über dem Einlagensatz lag. Mit dem neuen Satz kann die EZB nun auch manche Staatsbonds mit kürzerer Laufzeit aufkaufen, deren negative Rendite bislang zu niedrig war.

ZINSEINNAHMEN WERDEN IN NEUE PAPIERE INVESTIERT

Die EZB verdient mit ihren Anleihen Geld, da sie Zinsen dafür einstreicht. Diese Gewinne sollen dazu genutzt werden, um neue Papiere zu kaufen - und zwar "so lange wie notwendig". "Das trägt sowohl zu günstigen Liquiditätsbedingungen als auch zu einer angemessenen Geldpolitik bei", hieß es zur Begründung.


Auch im November geben die Einkaufsmanagerindizes aus der Eurozone keinen Anlass davon auszugehen, dass das 4.Quartal wachstumsschwach wird. Nach Berechnungen von Markit wird das Wachstum in der Eurozone in den letzten drei Monaten des Jahres bei 0,4 Prozent liegen. Die Entwicklung war dabei in allen Ländern außer Frankreich positiv. Aber auch hier wird wieder mit Wachstum von 0,2 Prozent gerechnet. Der Composite Index, der die Schnittmenge aus Dienstleistungen und Industrieunternehmen bildet, rangiert mit 54,2 Punkten auf dem höchsten Level seit viereinhalb Jahren. Auch die Subindizes für Produktion, Auftragseingang und Beschäftigung liegen auch diesem Mehrjahreshoch.

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© Markit


Die heute morgen veröffentlichten deutschen Auftragseingänge bestätigen diesen Eindruck der Einkaufsmanager. Die Eurozone baut Performance auf. Das Auslandsgeschäft wuchs im Oktober insgesamt um 1,8 Prozent. "Insbesondere die Nachfrage aus dem Euroraum zieht merklich an". Die Bestellungen von dort legten um 2,4 Prozent zu, die aus dem Rest der Welt um 1,4 Prozent.

Nach drei rückläufigen Monaten zeigen sich hier deutliche Entspannungsignale.

Die US-Zahlen waren durchwachsen bis ernüchternd. Der ISM-Index für den Bereich außerhalb des verarbeitenden Gewerbes fiel deutlich von 59,1 Zählern auf 55,9 Punkte zurück. Der Subindex Neubestellungen bereitet Sorge und verlor 4,5 Punkte auf 57,5. Erst am Dienstag zeigte das ISM Institut, dass der Sektor verarbeitendes Gewerbe in den Bereich der Kontraktion (unterhalb von 50 Zählern) abgerutscht ist.

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Auftragseingänge in der Industrie konnten im Monatsvergleich um 1,5 Prozent zulegen. Im Jahresvergleich zeigt sich aber ein deutlich angeschlagenes Bild für den Oktober, in dem sich das Delta der Bestellungen zwar abnimmt, aber die Zahlen von 2015 noch immer 4,5 Prozent unter dem Vorjahr liegen.

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© Zerohedge


Ungeachtet der nicht sehr erbaulichen Zahlen verkündete Mrs. Yellen in ihrer Funktion als FED-Präsidentin, dass die Wirtschaft einen stabilen Wachstumspfad verfolgt und sie optimistisch für die kommende Offenmarktausschussitzung ist. Es werden interessante Tage bis zum 16.12., dem Tag an dem die FED liefern sollte. Der gestrige Tag war ein Vorgeschmack auf das, was uns bevorstehen könnte, sollte die FED ebenfalls enttäuschen.

Aktuell ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Erst ein Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1.0520 – 50 neutralisiert den positiven Bias.

Viel Erfolg!


© Moritz Westerheide
Bremer Landesbank



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