Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Schnellcheck: EU-Reformpaket

22.02.2016  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.1115 (07.27 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1.1067 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 112.90. In der Folge notiert EUR-JPY bei 125.50. EUR-CHF oszilliert bei 1.1017.

Großbritannien wird nicht dazu verpflichtet, jeden Integrationsschritt in der EU mitzumachen. Bei einer künftigen Änderung der EU-Verträge soll das Recht Großbritanniens verankert werden, die Vertiefung nicht mitmachen zu müssen.

Die mit dieser elementaren Strukturveränderung verbundene und vor allen Dingen absehbare Heterogenität in der Struktur der EU wird die Funktionalitäten der EU und die Wahrnehmung auf globaler Ebene nicht positiv beeinflussen. Das mag nationalen Interessen gerecht werden. Für den politischen Anspruch der EU ist dies ein herber Rückschlag. Das gilt für das Selbstverständnis nach innen als auch für die Vertretung nach außen.

Nationale Parlamente werden ein größeres Mitspracherecht haben und EU-Gesetze verhindern oder ändern können, wenn sie mehr als 55% der Stimmen repräsentieren.

Im Sinne der Subsidiarität und dem Anspruch auf demokratischere Prozesse ist dieses neue Regelwerk zu begrüßen.

Zugeständnisse hat Cameron bei Sozialleistungen für EU-Ausländer abgerungen. Großbritannien darf neu einreisenden EU-Ausländern bis zu 7 Jahre lang Sozialleistungen verweigern. Voraussetzung dafür soll eine "Notbremse" sein, in der eine Überlastung des Sozialsystems eines EU-Staates festgestellt wird. Ein einzelner EU-Bürger darf bis zu 4 Jahre von Leistungen ausgeschlossen werden.

Im Fall Großbritanniens hat die EU-Kommission signalisiert, dass eine Ausnahmesituation besteht. Über die Regelung müssen nach einem Kommissionsvorschlag auch noch EU-Parlament und EU-Staaten entscheiden. Kindergeldzahlungen werden an die wirtschaftliche Situation im EU-Ausland gekoppelt werden.

Diese Regelungen sind aus mehreren Gründen Ziel führend. Es gilt, Sozialtourismus zu verhindern. Auch nivelliert diese Regelung tendenziell einen "Brain Drain" in den neuen EU-Ländern, der ein reales Risiko für diese Länder darstellt und die langfristigen Entwicklungschancen dieser Länder belastet.

Die Bankenaufsicht in der Euro-Zone wird keinen Beschränkungen durch die Regelungen für Großbritannien unterliegen.

Das sollte selbstverständlich sein!

Künftige Maßnahmen zur Finanzmarktregulierung sollen davon nicht betroffen sein.

Das sollte selbstverständlich sein!

Wettbewerbsverzerrungen zugunsten des britischen Bankensektors sollen ausgeschlossen werden.

Das sollte selbstverständlich sein!

Umgekehrt erhält Großbritannien das Recht, seine Banken und den heimischen Finanzmarkt selbst zu überwachen.

Warum gibt es diese Extrawurst? War die BoE & Co. 2008/2009 so erfolgreich? - "Food for thought!"


Fazit:

Die Varianz, die durch diese Reform in der Integration ermöglicht wird, unterminiert mittelfristig das politische Gebilde der EU. Die Bedeutung der EU wird daher tendenziell abnehmen. Die Bedeutung der Eurozone wird als Konsequenz dagegen ökonomisch und politisch zunehmen.

Das Verbrauchervertrauen sank in der Eurozone per Berichtsmonat Februar von zuvor -6,3 auf -8,8 Punkte und markierte den schwächsten Wert seit Dezember 2014. Die Prognose lag bei -6,7 Zählern. Das negative Umfeld in der Weltwirtschaft, die innenpolitischen Herausforderungen aus der Flüchtlingskrise als auch die volatilen Finanzmärkte wirken sich auf die Gemütslage belastend aus.

Open in new window
© Reuters


Das Thema Preisinflation wird in den USA prominenter. Mit diesem Umstand dürfen wir voraussichtlich in Kürze den Begriff Stagflation häufiger bezüglich der USA bemühen. Dieser Begriff ist definitiv nicht mit positiv zu interpretierenden Umständen in Verbindung zu bringen. Die US-Verbraucherpreise legten im Monatsvergleich per Berichtsmonat Januar eine Nullnummer hin. Die Prognose lag bei -0,1%. Im Jahresvergleich stellte sich der Anstieg auf 1,4% (Prognose 1,3%) nach zuvor 0,7% (Basiseffekte fallen weg!).

Die Kernrate, oder besser gesagt der endogen aus der eigenen Volkswirtschaft resultierende Preisanstieg, stellte sich im Monatsvergleich auf +0,3% (Prognose +0,2%) und im Jahresvergleich auf +2,2% (Prognose +2,1%) nach zuvor 2,1%.

Aktuell ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Ein Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1.0700 - 20 neutralisiert den positiven Bias.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



Hinweis: Meinungen oder Empfehlungen geben die Einschätzung des jeweiligen Verfassers wieder und stellen nicht notwendigerweise die Meinung der Bremer Landesbank oder deren assoziierter Unternehmen dar. Sie können sich jederzeit ohne vorherige Ankündigung ändern. Die hier enthaltenen Aussagen sind nicht als Angebot oder Empfehlung bestimmter Anlageprodukte zu verstehen. Dies gilt auch dann, wenn einzelne Emittenten oder Wertpapiere erwähnt werden. Hier enthaltene Informationen können auf die individuellen Verhältnisse des Anlegers abgestellte, kundenspezifische und objektorientierte Beratung nicht ersetzen. Bitte setzen Sie sich deshalb mit Ihrem bei der Bremer Landesbank zuständigen Berater in Verbindung.



Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!



Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"