Wohlstand der Deutschen: Dank EZB-Nullzinspolitik um 300 Mrd. Euro geschmälert
Die Kritik ist gewiß berechtigt, doch sie hätte schon vor einigen Jahren angebracht werden können, wie dies z.B. in den "Vertraulichen” immer wieder geschah. Daß Unionspolitiker sie ausgerechnet jetzt aufgreifen, liegt ganz offensichtlich weniger an den immer ausgeprägte ren geldpolitischen Eskapaden der EZB und ihres Vorsitzenden Mario Draghi. Es ist vielmehr die steigende Angst vor weiteren Wahlerfolgen u.a. der AfD, zu deren politischen Start- und Kernthemen die Warnung vor der den deutschen Wohlstand gefährdenden EZB-Geldpolitik zählt.
Tatsächlich bewirkt die anhaltende Niedrigzinspolitik der EZB eine massive Umverteilung des in der Eurozone anzutreffenden Wohlstands. Nach Berechnungen des scheidenden Präsident en des Münchner Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, wurde dadurch der Wohlstand der Deuts chen seit dem Jahr 2008 bereits um mehr als 300 Mrd. Euro geschmälert. Allein im Jahr 2015 kosteten die gegenüber 2007 extrem niedrigen Zinsen Deutschland als Ganzes etwa 90 "Wohlstands-Milliarden”.
Profitieren können auf der anderen Seite die meistens im europäischen Süden angesiedelten Krisenländer. Griechenland, Italien, Portugal, Spanien, Irland und Zypern sind nach Sinns Erhebungen im Ausland mit mehr als 2 Billionen Euro (= 2000 Mrd.!) verschuldet. Jeder Prozentpunkt, den diese Staaten dafür an Zinsen "sparen”, bedeutet für sie einen "Wohlstandsgewinn” in jährlich zweistelliger Milliardenhöhe.
Insgesamt, fährt Sinn fort, hat die EZB-Niedrigzinspolitik diesen Krisenländern in den vergangenen sieben Jahren "Wohlstandsgewinne” von rund 400 Mrd. Euro beschert.
Und daß deutsche Politiker hiergegen - aller Voraussicht nach aber ohne Erfolg - protestieren, ist nicht nur verständlich, sondern sollte von allen deutschen Sparern und Steuerzahlern erwartet werden. Nur scheinheilig ist dagegen der jetzt wiederholt vorgebrachte Hinweis, daß nun ausgerechnet "die Deutschen”, die bisher so sehr auf die Unabhängigkeit der Zentralbank gepocht hätten, diese zu beeinflussen versuchten.
Tatsächlich ist in diesem Zusammenhang nur festzustellen, daß die EZB im Grunde nie unabhängig war und ist, sondern stets politischen Einflüssen unterliegt. Dies zum Beispiel in Form des EZB-Rates, der die Grundzüge der Geldpolitik beschließt. Als größte Volkswirtschaft und "Hauptzahler” ist Deutschland hier aber nicht einmal ständig vertreten, sondern muß im Rahmen eines revolvierenden Systems - wie andere Mitglieder auch - damit leben, bei einigen Sitzungen einfach "nicht vertreten” zu sein. Im Verhältnis zu den tat
sächlichen Gewichten ist Deutschland damit im Vergleich zu den "Südstaaten” insgesamt deutlich unterrepräsentiert. Es ist letztlich eine Fehlkonstruktion, die sich aus deutscher Sicht längst nicht mehr mit Kritik an einzelnen Entscheidungen wird heilen lassen, sondern nur mit einer Infragestellung des gegenwärtig existierenden Eurosystems an sich!
© Vertrauliche Mitteilungen
Auszug aus dem Infoblatt Vertrauliche Mitteilungen - aus Politik, Wirtschaft und Geldanlage, Nr. 4181