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Ein Leben am Abgrund

20.05.2016  |  John Mauldin
- Seite 4 -
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Von der Behörde für Arbeitsmarktstatistiken (Bureau of Labor Statistics, BLS) wissen wir, dass während der Rezession zwischen 2007 und 2009 40 Millionen US-Amerikaner ihre Arbeit verloren haben. Viele spüren noch immer die finanziellen Folgen ihrer damaligen Entlassung, selbst wenn sie eine neue Stelle gefunden haben. Das Wall Street Journal schreibt dazu Folgendes:

"Nach Angaben des an der University of California, Los Angeles, tätigen Ökonomen Till von Wachter bezieht nur etwa jeder vierte Entlassene nach fünf Jahren wieder ein mit der vorherigen Anstellung vergleichbares Gehalt. Selbst nach Jahrzehnten kann zwischen denen, die eine Zeit lang arbeitslos waren, und Angestellten in vergleichbaren Positionen, die nicht entlassen wurden, noch ein Gehaltsunterschied festgestellt werden. Es liegen verschiedene Schätzungen vor, doch einer Studie zufolge verdienen Menschen, die während einer Rezession arbeitslos wurden, nach zehn bis zwanzig Jahren noch 15% bis 20% weniger als Vergleichsgruppen."

Es kommt noch schlimmer. Irgendwann erreichen all diese Menschen das Ruhestandsalter und verfügen nur über geringe oder gar keine Rücklagen. Dann werden sie entweder weiter arbeiten - möglicherweise in Unternehmen, die andernfalls jüngere Leute einstellen würden - oder ein sehr einfaches Leben führen und so die allgemeinen Konsumausgaben senken. Das ist für niemanden von Vorteil.

Denken Sie darüber mal einen Moment nach. Diese Menschen hatten einen guten Lebensstandard und haben wahrscheinlich Geld gespart und vernünftig vorgesorgt. Dann haben sie ihre Arbeit verloren und obwohl sie eine neue Anstellung gefunden haben, verdienen sie 20% weniger als zuvor. Da ist es schwierig, den gleichen Lebensstil beizubehalten und gleichzeitig noch etwas beiseite zu legen. Das eigene Haus zu verkaufen und in einfachere Verhältnisse zu ziehen stellt zudem nicht nur eine psychische Belastung dar - wenn die Immobilie mit einer Hypothek belegt ist, ist es unter Umständen gar nicht so leicht, überhaupt einen Käufer zu finden.

Junge Erwerbstätige haben andere Sorgen. Sie konnten während der Rezession zwar nicht arbeitslos werden, weil sie sich damals noch in Ausbildung befanden, doch als sie dann an den Arbeitsmarkt kamen, mussten sie feststellen, dass die nicht gebraucht werden. Das gilt insbesondere für diejenigen ohne College-Abschluss.

Der Arbeitsmarktbericht vom April zeigte unter den 16- bis 19-Jährigen eine erschreckend hohe Arbeitslosenquote von 16,0%. Diese Statistik schließt nur diejenigen mit ein, die aktiv auf der Suche nach einer Anstellung waren, Vollzeit-Studenten zählen also nicht darunter. Diese jungen Leute haben die Schule entweder abgebrochen oder sie wollten sich nebenbei einen Job suchen. Vermutlich sind weder sie noch ihre Eltern zufrieden mit dieser Situation.


Ein Leben mit der Inflation

Während die Zentralbanker derzeit versuchen Inflation zu erzeugen, war diese für die Schutzlosen niemals verschwunden. Letzte Woche habe ich unter der Rubrik "Outside the Box" eine Studie von Rob Arnott zitiert, die zu dem Schluss kam, dass die Inflationsrate für die meisten US-Amerikaner seit 1995 bei jährlich rund 3% lag. Diese Zahl umfasst die vier Kategorien, die sich typischerweise am stärksten auf die Finanzlage der Arbeitnehmer auswirken: Miete, Lebensmittelpreise, Energiekosten und die Kosten der Gesundheitsversorgung.

Nachdem ich diese Studie geteilt hatte, wurde ich auf eine weitere schockierende Statistik aufmerksam. Im Wall Street Journal vom 8. Mai wurde ein Artikel mit dem Titel "Rising US Rents Squeeze Middle Class" ("Steigende Mieten in den USA belasten die Mittelschicht") veröffentlicht. Es scheint, als hätten es Bürger mit einem mittelständischen Einkommen und einer Mietwohnung schwerer, als diejenigen mit höheren oder niedrigeren Einkommen. In der Mitte des Artikels war dieser Satz versteckt:

"In Boston sind die Mietpreise bei Neuvermietung im Schnitt um jährlich 13,2% gestiegen und damit weit mehr als die Einkommen, bei denen nur ein durchschnittliches jährliches Plus von 2,4% verzeichnet wurde."

Wenn Boston die Situation in anderen Städten widerspiegelt, dann ist es völlig verständlich, dass die Leute sich über die Mietpreise beschweren und lieber auf der Couch eines Freundes schlafen. Diese enorme Erhöhung der Lebenshaltungskosten ist ein echtes Problem für alle, die nur wenig Geld übrig haben.

Der folgende Chart wurde von Doug Short bei Sentier Research erstellt. Die blaue Linie zeigt das inflationsbereinigte, mittlere Einkommen eines Haushaltes, welches derzeit bei 57.263 $ liegt. Das bedeutet, dass die Hälfte der Haushalte in den USA weniger Geld verdienen. Die Situation ist eigentlich noch viel ernster, da der offizielle Verbraucherpreisindex die Inflationsrate für Haushalte mit niedrigem Einkommen unterschätzt, wie wir oben gesehen haben. Nominal gesehen mögen die Gehälter steigen - zumindest für diejenigen, die überhaupt eine Arbeit haben - doch in realen Werten fallen die Schutzlosen Jahr für Jahr weiter zurück.

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