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Machen Sie Ihr Portfolio krisensicher

14.06.2016  |  John Mauldin
In den vergangenen Monaten hat sich meine Einschätzung der Marktlage in den Industriestaaten deutlich gewandelt. War ich zunächst nur etwas besorgt, rate ich mittlerweile zu einer klar defensiven Positionierung. Ich dachte, einige der Präsentationen auf der Strategic Investment Conference (SIC) in Dallas würden mich aufheitern. Dem war aber nicht so.

Was ich dort von Ökonomen, Portfolio-Strategen, Analysten und Hedgefondsmanagern hörte, stimmte mich sogar noch pessimistischer. Ja, die Konferenz beschäftigt sich schon aufgrund ihrer Konzeption vergleichsweise ausführlich mit den verschiedenen Risiken. Die Sprecher und Referenten, die ich einlade, sind gerade deswegen so erfolgreich, weil sie wissen, wie sie makroökonomische Risiken erkennen und vermeiden können.

In diesem Jahr waren die Vortragenden (abgesehen von einigen bemerkenswerten und energischen Ausnahmen) im Allgemeinen recht pessimistisch, doch ich spürte keine aufkommende Panik. Es handelte sich eher um Frustration angesichts des Mangels an Klarheit und an Wahlmöglichkeiten, gekoppelt mit der generellen Sorge, dass hinsichtlich der Geldpolitik der Zentralbanken ein gravierender Fehler droht. Einer meiner Kollegen hat die Stimmung mit diesem Tweet am zweiten Tag gut eingefangen:

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"Die SIC 2016 sollte von Xanax gesponsert werden. Nach all den pessimistischen Prognosen könnten wir das gut gebrauchen." Quelle: twitter.com


(Wir hatte hervorragende Sponsoren, aber ich hatte nicht daran gedacht, einen Hersteller von Antidepressiva einzuladen. Vielleicht tun wir das im nächsten Jahr.)

Sie könnten jetzt natürlich eine konträre Sichtweise einnahmen und sagen, dass "schlecht" in Wirklichkeit "bullisch" bedeutet. Damit würden Sie vielleicht sogar richtig liegen, aber ich bin anderer Ansicht. Bullisch/bearish ist kein binärer Zustand. Es gibt immer auch Grautöne. Sie können in Hinblick auf bestimmte Vermögenswerte optimistisch sein, in Hinblick auf andere jedoch pessimistisch. Sie können der Meinung sein, dass der Aktienmarkt im Allgemeinen überbewertet ist, aber in manchen Aktien dennoch Potential sehen. Sie können die Situation in einem Land positiv bewerten, in einem anderen aber negativ.

Die meisten Sprecher waren zumindest hinsichtlich einer, wenn nicht gar verschiedener Investitionsklassen außer dem US-Aktienmarkt bullisch. Mark Yusko fragte die drei Podiumsgäste bei der Diskussion über die Zusammenstellung eines ETF-Portfolios nach ihrem bevorzugten Länder-ETF. Ich war überrascht, als alle drei die gleiche Antwort gaben - Indien. Darüber hinaus fielen mehrere sehr positive Bemerkungen über Mexiko, das dortige Geschäftsklima und die Möglichkeiten in diesem Land. Es wurde sogar erwähnt (von Richard Fisher, dem ehemaligen Vorsitzenden der Zweigstelle der Federal Reserve in Dallas), wie effizient die mexikanischen Behörden und Aufsichten arbeiten - nichts, was man jemals über die Vereinigten Staaten oder Europa hört.

Ich denke, dass wir oft pessimistisch sind, weil wir einfache Antworten bevorzugen. Wir wollen entweder kaufen oder verkaufen und dann etwas anderes tun. Erfolgreich zu investieren ist allerdings nicht so simpel. Sie müssen beobachten, analysieren und die Alternativen abwägen, bevor Sie die richtigen Lösungen finden können.

Manchmal tun Sie all das und sehen danach trotzdem fast alles pessimistisch. Richard Fisher scheint auch in diese Kategorie zu fallen. Als er bei unserer Abschlussdiskussion am Freitag gefragt wurde, wie sein eigenes Portfolio positioniert sei, antworte er nur "fötal". Seine Antwort sorgte zwar für viele Lacher im Publikum und einigen Widerspruch bei der letzten Präsentation von Niall Ferguson, der den Beginn eines Wendepunkts zu sehen glaubt, aber sie scheint auch eine ziemlich gute Zusammenfassung der Konferenz zu sein. Ich glaube, die meisten Teilnehmer dachten auf dem Nachhauseweg darüber nach, wie sie ihr Portfolio defensiver ausrichten können.

Mein eigener Vorschlag war es, die Trading-Strategien selbst zu diversifizieren, statt einzig auf Long-Positionen in verschiedenen Anlageklassen zu setzen. Diesem Thema werde ich mich in einem zukünftigen Newsletter widmen.


Warum so nervös?

Leute wie Fisher machen selten solch freimütige Aussagen. Fisher zählt schon seit Langem zur Elite des Bankenwesens und ist keineswegs einer der ewigen Schwarzseher. In geldpolitischer Hinsicht hat er sich einen Ruf als "Falke" erarbeitet, weil er der Ansicht war, dass die Wirtschaft stark genug sei, um höhere Zinssätze zu verkraften.

Zudem war Fisher schon früher gut im Erkennen von Spekulationsblasen. In einem Newsletter von 2006 habe ich eine seiner Reden diskutiert. Damals hat er bereits von einer bevorstehenden Korrektur am Immobilienmarkt gesprochen, doch wir sollten erst später lernen, wie schmerzhaft das Platzen einer Blase sein kann.

Kürzlich machte Fisher wieder Schlagzeilen, als er sagte, die Federal Reserve hätte 2009 eine gewaltige, unausgewogene Rally an den Märkten erzeugt.

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Was Fisher während der Strategic Investment Conference sagte, stimmt im Großen und Ganzen mit dem überein, was Sie im Video gehört haben. Er ist der Ansicht, dass die Märkte eine lange Zeit benötigen werden, um die Blase zu verdauen, die durch die Interventionen der Fed entstanden ist. In der Zwischenzeit werde er sehr vorsichtig agieren. Die Märkte sind äußerst anfällig, jeder Schock könnte sehr unangenehme Folgen nach sich ziehen. Ich denke, genau das meinte er auch mit seinem Kommentar über die "Fötushaltung" seines Anlageportfolios.

Wir werden gleich noch auf diese möglichen Schocks eingehen, doch das scheint ein guter Moment zu sein, um die aktuellen Arbeitsmarktdaten anzusprechen. Diese beinhalteten die erschreckend enttäuschende Zahl von nur 38.000 neuen Stellen. Zudem wurde der Wert der beiden vorhergehenden Monate um 59.000 nach unten korrigiert.

Rund 458.000 Menschen haben den Arbeitsmarkt verlassen, was zum Sinken der Erwerbslosenquote auf 4,7% führte. Die durchschnittliche Anzahl neuer Arbeitsstellen liegt für die letzten drei Monaten nur bei je 116.000, während der Durchschnitt für die letzten sechs Monate immerhin noch 170.000 und für die letzten zwölf Monate rund 200.000 Stellen beträgt.

Die US-Notenbank hat angedeutet, dass sie bei ihrer Sitzung im Juni oder spätestens im Juli unter Umständen endlich den Leitzins erhöhen wird. Das kann ich mir angesichts dieser Daten nur schwer vorstellen. Wir beobachten hier die Entfaltung eines der größten Fehler in der Geschichte der Zentralbanken. 2014, als jeden Monat noch durchschnittlich 250.000 neue Arbeitsstellen gemeldet wurden, hat die Fed die Gelegenheit zur Zinsanhebung verpasst. Mittlerweile hat sie vielleicht einfach zu lange gewartet, sodass jede Erhöhung, egal wie trivial sie ausfällt, einen Schock für die Märkte darstellt.


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