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Wir Baby-Boomer

29.06.2016  |  Robert Rethfeld
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Die Babyboomer stiegen in die Alterskohorte der 45- bis 55jährigen auf. Hinzu kommt, dass die Altersgruppe 60+ stärker besetzt ist als zu früheren Zeiten, insbesondere auf der Männerseite. Dieser Trend wird sich fortsetzen. Der Ausgang des Referendums in Großbritannien ist ein klares Indiz für den Einfluss der Veränderung der Alterskohorten auf das reale Leben. Niemals zuvor in der Menschheitsgeschichte traten die Älteren in einer derart großen Anzahl auf.

Und das ist nur der Anfang. Wir blicken nach Deutschland und sehen im Jahr 2030 - in 14 Jahren - eine massive Übermacht der Gruppe der 60 bis 69jährigen, also der Gruppe, bei der die Wahlbeteiligung stets den Bestwert einnimmt.

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Nachfolgend ein praktisches Anwendungsbeispiel dieser Konstellation. Nehmen wir fiktiv an, in 14 Jahren findet ein Referendum über die Abschaffung des Euro statt. Nehmen wir weiter an, dass für 90 Prozent der Jüngeren eine Rückkehr zur Deutschen Mark nicht vorstellbar ist. Sie kennen diese Währung nicht mehr, sie wollen den Euro behalten. Hingegen wollen wir Babyboomer - dann 60 bis 69 Jahre alt - die Deutsche Mark zurück. Unerbittlich stehen wir uns gegenüber. Klar wäre: der Euro würde abgeschafft, die DM würde eingeführt werden.

Unabhängig von der Position, die der Leser zu diesem Thema einnimmt, müsste er zugeben, dass dadurch eine Situation entstünde, die die Politikverdrossenheit der Jugend weiter in die Höhe treiben würde.

"So what" werden einige Ältere sagen. Wir haben die gleichen demokratischen Rechte wie die Jüngeren. Ja, aber. Die Angelegenheit ist nicht so simpel. Müssen es unsere Kinder akzeptieren, dass ihr politischer Einfluss so gering sein wird wie für keine ihrer Generationen vorher?

Frank Schirrmacher hielt "die Vorstellung für ziemlich unrealistisch, wonach die Älteren von morgen auf Grund ihrer hohen Zahl die Jüngeren politisch dominieren werden." Stattdessen, so Schirrmacher, "werden wir uns in den Schutz der Jungen begeben. Die Jungen sind weniger, aber sie sind stark: Es sind die Polizisten, die Bankbeamten, die Journalisten, die Ärzte, die Krankenschwestern, die sich gegen uns auflehnen werden, wenn wir wirklich beabsichtigen, mit Hilfe unserer Wählerstimmen uns als ausbeutende Klasse über sie zu erheben."

Starken Jungen stehen fitter werdende Ältere gegenüber, das hat Schirrmacher möglicherweise zu wenig bedacht. Nichtsdestotrotz - und vielleicht auch gerade deshalb - wächst das Konfliktpotential.

Als Vater möchte ich gewährleistet sehen, dass meine Kinder ihre demokratischen Rechte adäquat ausüben können und eine faire Chance haben, ihre Themen durchzubringen. Im Jahr 2030 wird dies ohne einen Generationenvertrag, in dem Rechte und Pflichten von Älteren und Jüngeren definiert werden, kaum noch möglich sein. Es dürfte klar sein, dass die Politikverdrossenheit der Jüngeren ohne einen Schutzmechanismus zunehmen wird. Ob die Jugend revoltiert? Fünfzig Jahre lang herrschte Ruhe, die "Studentenrevolution" liegt lange zurück. Eine Ruhephase von einem halben Jahrhundert ist eine lange Zeit.

Aber dazu muss es nicht kommen. Ich stelle mir für das Jahr 2030 eine Welt vor, in der wir Babyboomer gelernt haben, uns nicht zu sehr von unseren Ängsten leiten zu lassen. In der wir uns darüber im Klaren sind, dass wir in einer altersprivilegierten Zeit leben, die in der Menschheitsgeschichte bisher nicht existierte. Und in der wir darauf achten, dass wir die Jugend nicht erdrücken.


© Robert Rethfeld
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