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Euro-Fall(e)

11.07.2016  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
- Seite 2 -
Inflationsgeist aus der Flasche

Es ist nur schwer vorstellbar, dass Zahlungsausfälle durch das Drucken von neuen Euro dauerhaft abgewehrt werden können, ohne früher oder später das Vertrauen in die Währung zu schmälern. Sobald sich auf den Finanzmärkten die Einsicht durchsetzt, dass die EZB dem Ziel "Euro-Rettung" gegenüber dem Ziel, die Kaufkraft des Euro zu bewahren, den Vorzug gibt, ist der Inflationsgeist aus der Flasche.

Die Folgen wären weltweit zu spüren. Denn der Euro ist - wie alle wichtigen Währungen der Welt auch - nichts anderes als ungedecktes Papiergeld: jederzeit und in jeder beliebigen Menge vermehrbar.

Verfällt die Kaufkraft des Euro nach innen wie nach außen, werden auch die anderen großen Währungen früher oder später ebenfalls in Bedrängnis geraten. Die EZB könnte also mit ihrer "Euro-Rettung" - in Form von Null- und Negativzins- und Geldmengenvermehrungspolitik - nur allzu leicht das gesamte Weltfinanzsystem in Bedrängnis bringen.


Konsequenzen für Anleger

Um das "Euro-Klumpenrisiko" zu verringern, sollten Anleger prüfen, ob sie nicht auf andere Währungen beispielsweise auf US-Dollar und Schweizer Franken ausweichen können. In diesem Zusammenhang bietet es sich natürlich an, auch Gold (und auch Silber) als Teil der liquiden Mittel - zumindest als Ersatz für Termin- und Sparguthaben - in das Portfolio aufzunehmen.

Edelmetalle unterliegen zwar Preisschwankungen, sie tragen jedoch kein Zahlungsausfallrisiko und können - anders als das ungedeckte Geld - durch zügellose Geldmengenvermehrung nicht entwertet werden.

Der Anleger sollte sich auch mit dem Investieren in "gute Unternehmen" beschäftigen. Gute Unternehmen können die reale Kaufkraft des investierten Kapitals mehren. Sie zu einem Preis zu kaufen, der deutlich niedriger ist als ihr intrinsischer Wert, mindert zudem das Investitionsrisiko. Man sollte nicht tatenlos dem Euro-Fall zusehen, sondern sich so rasch wie möglich aus ihm zu befreien suchen.

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Quelle: Bloomberg


Auf dem Weg in eine Welt ohne Renditen

Die Wirkung der Null- beziehungsweise Negativzinsen ist in letzter Konsequenz wirtschaftlich verheerend.

Was ist die Erklärung für die extrem niedrigen, immer weiter fallenden Zinsen? Vertreter von Zentralbanken verkünden, die weltweiten Ersparnisse seien zu groß geworden relativ zur Investitionsnachfrage, und das habe die Zinsen auf derart niedrige oder gar negative Niveaus befördert. Doch kann diese Erklärung überzeugen? Nein. Denn es sind ja schließlich die Zentralbanken, die die Zinsen in entscheidendem Maße kontrollieren.

Sie verwenden ihre Zinsführerschaft, um die Zinsen künstlich auf beziehungsweise unter die Nulllinie zu zwingen. Welche volkswirtschaftlichen Schäden daraus erwachsen, wird deutlich, wenn man sich das Wesen des Zinses vor Augen führt. Der Marktzinssatz ergibt sich aus Angebot von und Nachfrage nach Ersparnissen. Er setzt sich aus verschiedene Elementen zusammen: einer Inflationsprämie, einer Kreditausfallprämie und dem "natürlichen Zins".

Der natürliche Zins ist Ausdruck des menschlichen Handelns und Wertens. Jeder Mensch trägt ihn quasi in sich, und er besagt, dass gegenwärtig verfügbare Güter höher gewertet werden als künftig verfügbare Güter. Der natürliche Zins bezeichnet also einen Wertabschlag, den künftige Güter gegenüber gegenwärtigen Gütern erleiden. Der Marktzins kann zwar auf null Prozent oder auch darunter fallen, nicht aber der natürliche Zins. Er ist immer und überall positiv.

Wäre er null, dann hieße das, dass der Handelnde nicht mehr konsumiert, sondern nur noch spart. Nicht nur heute, auch morgen und übermorgen und für alle Zeit. Eine völlig irrige Vorstellung. Ganz zu schweigen von der Vorstellung, der natürliche Zins könnte negativ werden; was das überhaupt ökonomisch bedeuten sollte, lässt sich vom menschlichen Geist nicht einmal erfassen. Ein natürlicher Zins von null oder darunter ist im wahrsten Sinne des Wortes "unnatürlich".



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