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US-Optimismus weiter geschürt ...

21.11.2016  |  Folker Hellmeyer
... ernüchternde Erkenntnisse des Treibers!

Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.0606 (07.42 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1.0569 im europäischen Handel markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 111.03. In der Folge notiert EUR-JPY bei 117.75. EUR-CHF oszilliert bei 1.0705.

Die in der Tat leicht belebte Konjunkturlage in den USA erfährt viel mediale Aufmerksamkeit. Die Fed NY hat ihre Wachstumsprognose für das vierte Quartal 2016 von bisher 1,63% auf 2,36% angehoben (annualsiierte Werte). Äußerungen von den Gouverneuren Bullard, Kaplan und Dudley legen eine Zinserhöhung per Dezember nahe.

Neben der quantitativen Betrachtung bedarf es einer qualitativen Betrachtung.

Sind wiederkehrende Einkommen (beste Qualität, Modell der Eurozone) der Wachstumstreiber oder ist es Konsumkredit oder ist es gar der Staat, der über Haushaltsdefizite die Konjunktur treibt?

Wir wenden uns heute dem staatlichen Kreditgebaren in den USA zu. Die Konsumkredite nehmen wir uns zu einem späteren Zeitpunkt vor.

Der Blick auf die Entwicklung des US Haushalts ist diesbezüglich von profunder Bedeutung. Wir bedienen uns der Daten der US-Treasury ( Public Debt http://www.treasurydirect.gov/NP/debt/current ) bezüglich der gesamten öffentlichen Neuverschuldung und nicht nur des beschönigenden Ausschnitts der Neuverschuldung Washingtons.

In der Phase vom 31.12.2015 bis 17. November 2016 lag die Zunahme der öffentlichen Staatsverschuldung bei 975 Mrd. USD. Auf das Jahr hochgerechnet entspricht das einer Neuverschuldung von circa 5,8% des BIP.

Das unterschediet sich massiv von den Daten der Eurozone, die voraussichtlich unterhalb der Marke von 2% ausfallen werden.


Werfen wir einen Blick auf die Dynamik im Jahresverlauf:

Vom 30.06.2016 bis zum 17. November stellte sich die Zunahme auf 516 Mrd. USD. Dieser Clip entspricht auf das Jahr hochgerechnet einer Neuverschuldungsdynamik in Höhe von circa 7,3% des BIP.

Vom 30.09.2016 bis zum 17. November lag die nominale Neuverschuldung der öffentlichen Hand in den USA bei 324 Mrd. USD.

Das enstpricht auf das Jahr hochgerechnet einer Neuverschuldungsdynamik von massiven 13,3% des BIP.

Nachdem den europäischen Haushaltsdefiziten so viel Aufmerksamkait in der Vergangenheit zugekommen sind, sind wir nicht nur erstaunt, sondern tief ergriffen, wie man dieses dramatische Wendung bei den US-Haushaltsdefiziten so vollständig aus dem Fokus nehmen kann.

Wer Realität ausblendet mag vermeintlich Zeit gewinnen. Am Ende wird diese Zeit teuer bezahlt …


Werfen wir den Blick nach vorne:

Die Politik, die "President-elect" Trump umsetzen will, basiert auf agressiver Neuverschuldung, die aber schon längst im zweiten Halbjahr 2016 Grundlage des unterproportionalen Wachstums in den USA ist (Prognose 1,6% des IWF per 2016).

Will der Finanzmarkt auch Neuverschuldungsorgien voraussichtlich jenseits der 10% Marke in den USA mit Euphorie goutieren, während man Defizite in der Eurozone bei unter 2% bei einem einkommensbasierten Wachstum oberhalb der Potentialrate (1,5%) gleichzeitig als Grundlage des Armageddon der Eurozone diskontiert?

Die politischen Probleme der Eurozone sollen nicht klein geschrieben werden. Herr Renzi wird wohl seine Abstimmung zur Parlamentsreform verlieren. Damit steht auch eine neue Regierung in Italien auf der Agenda. Dann kommen die Wahlen in den Niederlanden, Frankreich und Deutschland. Unsicherheit ist diesbezüglich gewährleistet.

Wir sind gespannt, ob bei unerwarteten Wahlausgängen a la Trump (Wilders, Beppo Grillo, Marie Le Pen, Frauke Petry) auch nach kurzer Baisse an den Finanzmärkten (circa drei Stunden) dann die Euphorie an den Märkten zu Gunsten Europas einsetzen wird, oder gilt so etwas nur, wenn es in den USA passiert?

Falls Sie hier eine kleine Portion bitterer Ironie erkennen wollen, liegen Sie nicht falsch …

Am Ende müssen doch die Kapitalströme von Europa ferngehalten werden, denn das ist das ultimative Resultat und es ist die Grundlage, dafür, dass das Wachstum nicht zu sportlich ausfällt.

Aktuell ergibt sich ein Szenario, das den USD gegenüber dem Euro favorisiert. Erst ein Ausbruch über das Widerstandsniveau bei 1.0820-1.0850 eröffnet neue Opportunitäten und dreht den Bias wieder ins Positive.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



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