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Italien lehnt Reform ab und die Welt dreht sich trotzdem weiter …

05.12.2016  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.0563 (07.38 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1.0505 im asiatischen Handel markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 113.48. In der Folge notiert EUR-JPY bei 119.90. EUR-CHF oszilliert bei 1.0728.

Beginnen wir bei den systemisch positiven Nachrichten aus Sicht der Finanzmärkte.

Mit einem unerwartet positiven Ergebnis konnte sich in Österreich der Kandidat der Mitte Van der Bellen durchsetzen. Das ist bezüglich der zuvor geäußerten systemischen Sorgen fraglos positiv einzuwerten. Unter Umständen hat der FPÖ-Kandidat Hofer im Vorwege zu laut gebellt …

Das Verfassungsreformvotum Italiens wurde im Vorwege aus den Zentren London und New York zu einer existentiellen Frage der EU und der Eurozone aufgebauscht. Dabei ging es doch nur um eine umfassende Verfassungsreform (Änderung von 46 Paragraphen), die die Funktionalität im Gesetzgebungsverfahren vereinfacht, die aber auch die zweite Kammer maßgeblich entmachtet hätte. Das war den Italienern zu viel. Damit ist dieser strukturelle Optimierungsansatz für Italien gescheitert.

Mit einem klaren Votum von circa 60% bei hoher Wahlbeteiligung im Dunstkreis von 70% wurde die Verfassungsreform abgelehnt. Ministerpräsident Renzi hat als Konsequenz seinen Rücktritt erklärt.

Nun liegt es an dem italienischen Präsidenten, das weitere Procedere zu bestimmen. Entweder kommt es zu einer neuen Regierung unter anderer Führung oder aber Neuwahlen stehen im Raum. Dafür müsste zunächst von einer Übergangsregierung jedoch das Wahlrecht reformiert werden, das im Vorwege auf die jetzt abgelehnte Verfassunsgreform angepasst wurde.

Übersetzt bedeutet das, dass erst einmal Wasser den Tiber herunterfliessen wird, bevor sich neue belastbare politische Konstellationen bilden werden. Positiv bleibt per 2016 anzumerken, dass die Arbeitsmarktreform durch Renzi umgesetzt wurde. Das ist der Schlüssel zur mittel- und langfristigen Überwindung des Jugendarbeitslosigkeitsproblems und ist Schlüssel für einen höheren Wachstumspfad.

Bezüglich der Mitgliedschaft Italiens in der EU und der Eurozone bin ich entspannt. Im kommenden Jahr werden die strukturellen Folgen des angekündigten Brexit ihre zyklischen Folgen zeigen. Da gibt es dann auch Lernkurven für die ach so "Austrittswilligen" …


Von der EZB wurden bereits die ersten Zeichen bezüglich des Votums in Italien gesetzt:

Der Präsident der Banque de France betonte, dass das italienische Votum nicht mit dem Brexit-Votum vergleichbar wäre. Weder stand die EU noch die Eurozone in Italien zur Debatte. So ist es! Die uns aus London und New York aufgezwungene Debatte war sehr ambitioniert. Man werde die Folgen dieses Votums in Italien genau beobachten, da durch das Votum Risikoaversion verstärken könnte sagte der Präsident der BdF Francois de Galhau. Das impliziert eine klare Interventionsbereitschaft seitens der EZB, um unangebrachte spekulativ getriebene Schäden zu vermeiden.

Villeroy de Galhau betonte auch die (aus London und NY nicht erwarteten) Fortschritte der Eurozone bezüglich Wachstum, Beschäftigung und Bankenregulierung. Diese Betonung ist mehr als gerechtfertigt. Die BIP-Prognosen für die Eurozone mussten im Jahresverlauf nach oben angepasst werden, während die für die USA und das UK nach unten angepasst wurden.

Während sich die öffentlichen Haushaltslagen der Eurozone verbessern, bricht insbesondere in den USA das Problem erhöhter öffentlicher Defizite aus (Richtung 5,5% - 6% des BIP!).

Der Aufschwung der Eurozone hat eine hohe Qualität, da er von wiederkehrenden Einkommen in der Privatwirtschaft geprägt ist und nicht wie in den USA maßgeblich von Kredit.


Fazit:

Das Votum in Italien wird ein weiterer Katalysator sein, dass die EZB das Anleiheankaufprogramm bis September 2017 verlängern wird. Mehr noch darf voraussichtlich erst mit einer Reduzierung des Volumens der Anleiheankäufe ab April kommenden Jahres gerechnet werden.

Wir freuen uns über die Entwicklung in China, die sich mit unseren Prognosen im Jahresausblick 2016 witgehend deckt. Der von Caixin und Markit ermittelte Einkaufsmanagerindex für den Dienstleistungssektor legte per November von zuvor 52,4 auf 53,1 Punkte zu (50 Punkte Wachstumsschwelle). Der Index markierte damit den höchsten Stand seit Juli 2015.


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