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Verfrühter Inflationssprung nicht ohne

05.01.2017  |  Robert Rethfeld
Der Dezember-Anstieg der Inflationsrate von 0,6 auf 1,1 Prozent im Euroraum hinterlässt Fragezeichen. Er kommt einen Monat zu früh, denn der Basiseffekt eines gestiegenen Ölpreises greift erst im Januar so richtig.

Der Dienstleistungssektor bleibt seit vier Monaten konstant bei einer Inflationsrate von 1,1 Prozent, der Industriegüterbereich ebenfalls seit vier Monaten bei 0,3 Prozent. Ein Durchschlagen von Zweitrundeneffekten wie ein Anstieg der Lohninflation kann somit nicht belegt werden. Beide Sektoren tragen nicht zum aktuellen Inflationsanstieg bei.

Der Subindex der Energiepreise stieg laut Eurostat im Dezember um 2,5 Prozent. Damit wirkt er sich zwar inflationssteigend aus. Aber da dessen Warenkorbanteil lediglich 9,7 von 100 beträgt, kann er nur für 0,2 Prozent des Anstiegs verantwortlich sein. Die restlichen 0,3 Prozent haben eine andere Ursache. Die Preise für Obst, Gemüse, Fleisch und Käse, genauer für unverarbeitete Lebensmittel sind stark gestiegen. Der entsprechende Subindex legte um 2,1 Prozent zu. Dies dürfte die Erklärungslücke schließen.

Noch ein paar Worte zur Hedonik, weil dieses Thema häufiger aufgebracht wird. In den USA werden qualitative Adjustierungen (Hedonik) auf eine überschaubare Reihe von Warenkorb-Artikeln angewandt, unter anderem auf Kleidung und elektronische Geräte. Diese machen etwa drei Prozent des Warenkorbs des US-Consumer-Price-Index (CPI) aus. Die Hedonik ist kein entscheidender Faktor in Bezug auf eine mögliche Fehlkalkulation des CPI. Noch mehr gilt dies für Deutschland, wo die Hedonik nur auf ein Prozent des Warenkorbes angewendet wird.

Viel wichtiger ist ein anderer Aspekt. Das US-Statistik-Büro setzt für die CPI-Berechnung eine kalkulatorische Miete für selbstgenutztes Wohneigentum an. Den US-Eigentümern von selbstgenutzten Wohnungen/Häusern wird die folgende Frage gestellt: “Falls jemand ihr Wohneigentum heute mieten wollte: Was glauben Sie, welche Monatsmiete würden sie für ihr Eigentum erzielen (nicht möbliert und ohne Nebenkosten)?“ Die Befragung wird - aufgrund angeblicher Konstanz der Angaben - nur zweimal pro Jahr durchgeführt.

Drei Kritikpunkte geben sich an dieser Vorgehensweise. Erstens dürfte jemand, der nach dem kalkulatorischen Mietwert seines Hauses gefragt wird, diesen tendenziell zu hoch ansetzen. Zweitens ist die Beantwortung dieser Frage stimmungsabhängig. Hat man das Gefühl, es geht mit der Wirtschaft wieder aufwärts, so dürfte man den Mietpreis höher ansetzen als in einer negativen Grundstimmung. Und drittens ist eine Befragung zweimal pro Jahr zu wenig. Die weitaus meisten Daten für den Warenkorb werden monatlich - teilweise auch zweimonatlich - erhoben.

Man könnte über die Mängel bei der Erhebung der kalkulatorischen Miete für selbst-genutztes Wohneigentum hinwegsehen, wäre sie nicht mit einem Anteil von 22,5 Prozent die mit Abstand größte Position im US-Warenkorb. Die Wohnungsmiete fließt mit weiteren 7 Prozent ein. Beide Kategorien gemeinsam machen fast ein Drittel des US-CPI aus. Die US-Behörde (BLS) baut noch einen interessanten Ausgleichfaktor ein:

Da sie davon ausgeht, dass die Häuser der befragten Haushalte im Laufe der Zeit an Wert verlieren, korrigiert sie die Angaben mit einem Faktor x nach oben. Dieser wirkt in die entgegengesetzte Richtung einer hedonischen Korrektur: Er übt einen beständigen Aufwärtsdruck auf die US-Inflationsrate aus. Und dies ist keine 3 Prozent-, sondern eine 30 Prozent-Position im Warenkorb.

Diese 30-Prozent-Position wies im Oktober eine Inflationsrate von 3,5 Prozent aus. Ließe man diese Position ("Wohnen“) weg, würde die US-Inflationsrate anstelle von 1,6 Prozent nur 0,7 Prozent betragen. Der Zeitraum von Dezember 2014 bis August 2016 hätte sich in den USA nahezu komplett deflationär dargestellt, so wie das im Euroraum der Fall war.

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Die Relevanz dieser Übung ergibt sich daraus, dass der von Eurostat verwendete Inflationswarenkorb die Position für selbstgenutztes Wohneigentum gar nicht vorsieht. Im Ergebnis wird die US-Inflationsrate zu hoch ausgewiesen.


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