Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Das Jahr des Umbruchs

24.01.2017  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
- Seite 3 -
Inflation und Inflationserwartungen: klettern nach oben

Wenn das ungedeckte Papiergeldsystem durch künstlich niedrig gedrückte Zinsen und Geldmengenvermehrung vor dem Zusammenbruch bewahrt wird - müssten dann nicht die Inflation beziehungsweise die Inflationserwartungen an-steigen? Lassen Sie uns zunächst einen Blick auf die laufende Teuerungsrate werfen. Die nachstehende Grafik zeigt das jährliche Geldmengenwachstum in der OECD sowie die Jahresinflation der Konsumentenpreise. Ein Blick auf die Linien zeigt, dass sie positiv miteinander verbunden sind (wenn auch nicht perfekt). Die Botschaft lautet: Steigt die Geldmenge, steigt auch die Inflation (und umgekehrt).

Open in new window
Quelle: Thomson Financial; eigene Berechnungen


Am äußeren Rand der Linien zeigt sich ein Beleben des Geldmengenwachstums. Diese Entwicklung geht einher mit einem Anziehen der Teuerungsrate. Zwar ist die Inflation der Konsumgüterpreise nach wie vor relativ niedrig (wenn man sie vergleicht mit den früheren Jahrzehnten), aber sie tendiert nach oben. Ein weiteres Anschwellen der Geld-menge - und das ist in vielen Ländern zu erwarten wie zum Beispiel im Euroraum - spricht dafür, dass die Inflation an Fahrt gewinnt. Wie vergleicht sich diese Einschätzung mit den Inflationserwartungen?

Ein gängiges Maß, um die Inflationserwartungen zu bemessen, sind die sogenannten "Inflations-Swaps". Mit diesen Finanzprodukten werden beispielsweise die Inflationserwartungen in fünf Jahren für die dann kommenden fünf Jahre im Markt gehandelt. Im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise sind die Inflationserwartungen zunächst gefallen. Seit Juli 2016 sind sie aber wieder angestiegen, und nach der Verkündung des US-Präsidentenwahlausgangs haben sie deutlich zugelegt. Im Euroraum sind sie immer noch relativ "gezähmt": Sie liegen immer noch unter der 2-Prozentmarke, also der Inflation, die den Bürgern versprochen wurde.

Open in new window
Quelle: Thomson Financial; eigene Berechnungen.
1) Das bedeutet: Die erwartete Inflation (der Konsumentenpreise) in fünf Jahren für die dann beginnenden 5 Jahre.


Darin kommt zum Ausdruck, dass die Finanzmarktakteure den Zentralbanken nach wie vor großes Vertrauen entgegenbringen, dass die künftige Inflation im Zaume bleibt. Würde das Vertrauen in die Fähigkeit oder Bereitschaft der Zentralbanken, die Inflation niedrig zu halten, schwinden, so würden die Inflationserwartungen ansteigen und die 2-Prozentmarke (mitunter merklich) übersteigen. Man mag also durchaus überrascht sein, dass die jahrelange Niedrigzins- und Geldvermehrungspolitik die Inflationserwartungen nicht aus der "Verankerung" gerissen haben.

Eine mögliche Erklärung dafür ist, dass die Finanzmärkte bislang - und man muss sagen: richtigerweise - erkannt haben, dass die Geldmengenvermehrung der Zentralbanken im wesentlichen "nur" die sogenannte "Basisgeldmenge" betroffen hat, also die Geldmenge, die die Banken auf ihren eigenen Konten bei der Zentralbank unterhalten. Das Aufblähen der Basisgeldmenge hat natürlich auch inflationäre Wirkungen: Sie sorgt dafür, dass beispielsweise die Preise für Schuldpapiere auf Niveaus gebracht wurden, die höher sind im Vergleich zu einer Situation, in der die Basisgeldmenge nicht ausgeweitet worden wäre.

Die geldpolitischen Aktionen der Zentralbanken haben vor allem die Preise für Bestandsgüter - das sind neben Schuldpapiere auch Aktien, Häuser und Grundstücke - klettern lassen, die Preise der Endverbrauchergüter - die in die offiziellen Inflationsbemessung eingehen - sind nicht oder nur in geringem Umfang gestiegen. Diese "Zweitteilung" der Inflation - die Konsumentenpreisinflation auf der einen Seite und die Bestandsgüterpreisinflation auf der anderen Seite - führt dazu, dass die Inflationserwartungen, die in den Inflations-Swaps gemessen werden und die sich an den Konsumentenpreisen ausrichten, die "echte Inflation" unterzeichnen.


Aktienmärkte: Alarmglocken müssen (noch) nicht schrillen

Am 9. März 2009 stand der S&P 500 Aktienmarkt bei knapp 676 Punkten. Zum Jahresbeginn 2017 steht er bei etwa 2.275 Punkten - ein Zuwachs von 237 Prozent. Wird und kann sich dieser nun schon acht Jahre währende Anstieg der Aktienkurse fortsetzen? Es wäre sicherlich verfehlt, allein von der Dauer des bisherigen Kursauftriebs auf einen drohenden Aktienmarkteinbruch schließen zu wollen. Die fortgesetzte Kreditmengenvermehrung scheint die Aktienmärkte weiterhin zu beflügeln. Wichtiger erscheint es, sich die Bewertung des Aktienmarktes vor Augen zu führen. Dazu eignet sich zum Beispiel das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV).

Open in new window
Quelle: Thomson Financial; eigene Berechnungen



Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!




Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"