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EZB-Entscheid voraus

09.03.2017  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.0542 (08.12 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1.0526 im frühen europäischen Handel markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 114.40. In der Folge notiert EUR-JPY bei 120.60. EUR-CHF oszilliert bei 1.0703.

Alle Augen sind heute auf die Europäische Zentralbank (EZB) gerichtet. Im Anschluß an die heutige Ratssitzung wird um 13.45 Uhr verkündet werden, dass man keine Änderung an den Zinsen vorgenommen hat. Viel interessanter wird die im Anschluss ab 14.30 Uhr stattfindende Pressekonferenz sein, auf der sich besonders die deutsche Seite Hinweise auf Planungen hinsichtlich eines Ausstiegs aus der aktuellen Geldpolitik erwartet - oder besser gesagt erhofft.

Denn in Deutschland ist der öffentliche Druck auf die Zentralbank besonders groß, da große Einigkeit darüber besteht, dass die EZB den Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik zumindest andeuten muss, oder noch besser - einen Fahrplan wie die US-Fed seinerzeit mit dem Tapering verkündet hatte. Möglich wäre ein Hinweis, wie man angesichts der hohen Verbraucherpreise und soliden wirtschaftlichen Entwicklung in Euroland das Wertpapierkaufprogramm ab Januar 2018 gestalten möchte.

Wir denken nicht, dass diesen berechtigten Erwartungen Rechnung getragen wird. Zwar ist eine Diskussion über Deflation längst nicht mehr sachgerecht, aber die EZB hat kunstvoll die zuletzt Inflationsraten als vorübergehendes Phänomen eingestuft und auf die konstante Kernrate verwiesen. Außerdem kommen die niedrigen Zinsen und damit einhergehend der schwache Euro-Wechselkurs den Südländern sehr entgegen, die sich über niedrige Refinanzierungsniveaus und Anschlussprolongationen zu einem Bruchteil der alten Zinssätze ihre Staatsschulden verlängern können, während der Export dank günstiger Wechselkurse gestützt wird.

Deutschen Hoffnungen auf Transparenz wird daher heute eine Absage erteilt, da die EZB sich auch nicht zu früh festlegen wird - hierfür besteht kaum Veranlassung.

Es zeichnet sich ab, dass die Energiepreise nur überschaubar in den kommenden Jahren ansteigen sollten, denn die im Preisverfall geschlossenen US-Bohrlöcher sind inzwischen wieder in Betrieb, während die OPEC zwar Einigkeit zeigt, aber die Einigkeit im Kartell wie in der Vergangenheit nur brüchig sein könnte….

Aus den USA erreichen uns weiter quantitativ starke Signale vom Arbeitsmarkt, die sich nun mit einer qualitativen Komponente mischen.

Die ADP-Beschäftigungsumfrage fiel mit 298.000 neuen Jobs (grüner Balken) deutlich besser aus als erwartet. Im Vorfeld wurde mit lediglich 190.000 Stellen gerechnet. Damit fand gegenüber dem Vormonat mit 261.000 Jobs abermals mehr Stellen geschaffen. Im Dienstleistungsbereich wurde im Februar mit 193.000 in etwa so viele Jobs geschaffen wie im Vormonat mit 207.000, während im produzierenden Sektor 106.000 statt 55.000 Stellen geschaffen wurden.

Auffällig ist in dem Berichtsmonat, dass erstmals wieder außerhalb des Niedrigverdienstsektors Dienstleistungen auch im Industriesektor Stellen im größeren Umfang über 100.000 Jobs aufgebaut wurden.

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© Moody’s Analytics


Morgen folgen die viel beachteten offiziellen Daten des Arbeitsministeriums (Bureau of Labor Statistics).

Die Meldung korrespondiert mit der Stabilisierung der Ölpreise, die wiederum dafür sorgt, dass sich die Ölförderung innerhalb der USA und in Canada vermehrt wieder lohnen. Der durchschnittliche Break-Even für die Ölproduktion von Shale Gas liegt bei 50 USD/Barrel. Durch die (Wieder-)Inbetriebnahme von Ölförderlöchern, die sich seit September von knapp über 300 auf inzwischen 600 Quellen gut verdoppelt haben. Die Produktion liegt derzeit wieder auf dem Niveau des Vorjahresmonat, nachdem es zur Mitte des Jahres 2016 den vorläufigen Tiefpunkt zu verzeichnen gab. Die Produktion aus den USA liegt wieder bei 9000 Barrel Öl.

Die durchschnittlichen Ölpreise (Range 55-60 USD/Barrel) aus den ersten beiden Monaten dieses Jahres werden es durch das Mehrangebot aus den USA schwer haben, einen Positivtrend zu entwickeln. Nach Bekanntgabe der Förderkürzung durch das OPEC-Kartell im letzten Quartal 2016 war es zu einem deutlichen Preissprung gekommen. Seitdem hat sich der Preis stabilisiert.

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© Zerohedge


Die Weichen für eine US-Zinserhöhung in der kommenden Woche sind längst gestellt. Mit dem Vorläufer des wichtigen großen Arbeitsmarktberichts, der morgen auf uns wartet, wurden neben einer hohen Anzahl an neuen Stellen erstmals wieder qualitativ hochwertige Stellen in der Industrie geschaffen. Dieser Umstand verdient besondere Beachtung. Der Private Konsum wird nur nachhaltig durch qualitativ hochwertige und verlässliche Einkommen gestützt.

Sollte der offizielle Arbeitsmarktbericht nicht deutlich von den ADP-Daten abweichen, ist eine Zinserhöhung am 15./16.März beschlossene Sache.

Auf der anderen Seite kann die EZB die FX-Kurse und Zinsen (mit Abstrichen) mit ihren Aussagen zur zukünftigen Politik heute deutlich beeinflussen. Die Chancen auf signifikante Aussagen schätzen wir allerdings als sehr gering ein. Die letzten Daten aus China offenbaren, dass Verbraucherpreise vorerst keine weitere Dynamik zeigen und die wichtige Energiepreiskomponente durch das immer größer werdende US-Ölangebot entschärft werden könnte. Man könnte daher sehr gut die Idee in Frankfurt haben, die Entwicklungen auszusitzen und sich bedeckt zu halten ... Das ist nicht im deutschen Sinne, aber die wahrscheinlichste Option.

Den Wechselkurs EUR/USD könnten diese wichtigen Stellhebel nochmals einen Angriff auf die bisherigen Tiefs bei 1,0350 nehmen lassen. Fundamental sind solche Bewertungen aber nicht gerechtfertigt und sollten daher genutzt werden, um Gelegenheiten zu nutzen.

Aktuell ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Erst ein Unterschreiten des Unterstützungsniveaus bei 1.0350-1.0320 dreht den Bias zu Gunsten des USD.

Viel Erfolg!


© Moritz Westerheide
Bremer Landesbank



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