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Was bedeutet der neue Kurs der Geldpolitik für Gold und die Märkte?

18.07.2017  |  Axel Merk
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Im Grunde genommen kann die Fed ihre Bilanzsumme so lange reduzieren, bis die Überschussreserven abgebaut sind. Bei welchem Wert das sein wird, hängt von der Wirtschaftsaktivität ab (die gestrichelte Linie im Chart zeigt die aktuelle Höhe der Überschussreserven an und damit gleichzeitig die maximale potentielle Bilanzkürzung, wenn alle anderen Faktoren gleich bleiben). Ob die Fed versuchen wird, die Überschüsse auf Null oder einen anderen Wert zu senken, ist eine offene Frage, die sie zur Zeit offenbar nicht einmal intern beantworten kann.

Wenn der Abbau der Fed-Bilanz um 50 Milliarden Dollar monatlich angeblich so spannend ist, wie Wandfarbe beim Trocknen zuzusehen, was ist dann die Geldpolitik der EZB, die derzeit jeden Monat Finanzwerte für 60 Milliarden Euro kauft? Entweder die Fed oder die EZB versucht hier, uns einen Bären aufzubinden.

Wenn Gelddrucken eine quantitative Lockerung ist (quantitative easing, QE), dann sind Bilanzkürzungen quantitative Straffungen (quantitative tightening, QT). Über die tatsächlichen Auswirkungen der QE-Programme gab es zahlreiche Diskussionen. Die Skeptiker haben darauf hingewiesen, dass alle Anleihen im Verhältnis zueinander gehandelt werden, d. h. dass ein hypothekenbesichertes Wertpapier ein Ersatz für eine US-Staatsanleihe und diese wiederum ein Ersatz für eine deutsche Bundesanleihe sein kann.

Das gilt letztlich für alle scheinbar "sicheren" Anleihen und macht deutlich, dass Sicherheit kein absolutes Konzept ist. Aus Sicht der US-Regulatoren werden beispielsweise nur US-Treasuries als "sicher" eingestuft, weil das Finanzministerium der Vereinigten Staaten jederzeit mehr Geld drucken kann, um die Anleihen zurückzukaufen.

In diesem Kontext wurde das Aufkaufen von MBS als nutzloser Exkurs von der Geldpolitik in die Finanzpolitik kritisiert, denn die Käufe hatten keinerlei signifikante Auswirkung auf den Spread zwischen den Staatsanleihen und den hypothekenbesicherten Wertpapieren. Zudem warf man der Fed eine Abschweifung in die Finanzpolitik vor, da beim Erwerb von MBS Geld in einen bestimmten Sektor der Wirtschaft (den Immobiliensektor) gepumpt wird. Das fällt jedoch in den Zuständigkeitsbereich des Finanzministeriums, nicht der Notenbank.

Ist Yellen jetzt also plötzlich unter die Kritiker der quantitativen Lockerungen gegangen, wenn sie durchblicken lässt, dass quantitative Straffungen todlangweilig sind? Ich bezweifle es. Die Fed verfolgt stattdessen weiterhin die gleiche Strategie wie schon seit der Finanzkrise: Sie versucht, die Märkte mit Worten zu überzeugen. Wenn die Notenbank uns sagt, dass der Leitzins und nicht Quantitative Tightening das wichtigste Instrument zur Beeinflussung des Zinsniveaus ist, dann muss es ja wahr sein, oder nicht?

Beachten Sie doch bitte nur die Zinsen, alles andere spielt gar keine Rolle... Auf der anderen Seite des großen Teiches erzählt Ihnen Mario Draghi unterdessen mit ernster Mine, dass QE der Grund für alle positiven Entwicklungen in der Eurozone ist (und dass er nicht für negative Nebenwirkungen verantwortlich ist). Wenn Sie sich nun auch fragend am Kopf kratzen, ist das kein Wunder.


Alles dreht sich um die Risikoprämien

Ich bin der Ansicht, dass es bei den QE-Programmen immer darum ging, die Risikozuschläge zu verringern, d. h. die Spreads zwischen riskanten Finanzwerten und sogenannten Safe-Haven-Assets. Aufgrund von QE hat sich die Renditedifferenz zwischen Junk-Bonds und anderen Anleihen verringert. Die "Whatever-it-takes"-Attitüde der EZB hat dazu geführt, dass die Risikoprämien bei den Staatsanleihen der Peripherieländer der Eurozone gegenüber den deutschen Bunds gesunken sind. Auch die Aktien werden zu höheren Kursen gehandelt und sind weniger volatil. Kommt Ihnen das bekannt vor?

Kein Wunder also, dass es an den Märkte eine heftige Reaktion hervorrief, als die Fed erstmals über das Ende ihrer Anleihekäufe zu sprach oder auf künftige Zinsanhebungen hinwies.

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Mit dieser Theorie bin ich nicht allein. Die Federal Reserve und andere Zentralbanken schienen wie gelähmt vor Angst, dass jeder Schritt weg von ihrer ultra-akkommodierenden Geldpolitik einen umfassenden Aufstand an den Märkten auslösen würde. Doch dann ist etwas Magisches passiert: Der Markt präsentierte der Fed ihre Zinsanhebungen auf dem Silbertablett. In diesem Jahr haben wir immerhin schon zwei Zinsschritte hinter uns gebracht und die Märkte halten noch immer ihr Kursniveau. Solange es nicht zu einem Einbruch kommt, fühlen sich die Zentralbanker wahrscheinlich wie Daytrader mit einer Glückssträhne: Sie müssen Genies sein!


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