Was bedeutet der neue Kurs der Geldpolitik für Gold und die Märkte?
18.07.2017 | Axel Merk
- Seite 3 -
Mit Blick auf die Karikatur von Janet Yellen auf dem Dampfdrucktopf würde ich den Notenbankern allerdings davon abraten, schon jetzt ihren Triumph zu feiern. Meiner Einschätzung nach wurde bestenfalls ein wenig Dampf aus dem Topf abgelassen, um bei der Analogie zu bleiben. Es ist unter Umständen die Illusion entstanden, dass die Realzinsen steigen, aber da die Fed die Zinsen noch immer zu langsam anhebt, um mit der Inflation Schritt zu halten, steigen in Wirklichkeit nur die nominalen Zinssätze. Wenn es nun zur quantitativen Straffung kommt, ist das so, als würde der Dampfdrucktopf schrumpfen, während sein Inhalt gleich bleibt - auch wenn sich dieser eventuell noch weiter zusammenpressen lässt, insofern es sich dabei nur um heiße Luft handelt.
Ich bin jedenfalls der Ansicht, dass das QT-Programm zum Anstieg der Risikoprämien führen wird. Bevor wir die Implikationen einer solchen Entwicklung diskutieren, wollen wir jedoch zunächst noch einen Blick auf die anderen Zentralbanken werfen.
Die wahren Probleme
Wie ich oben geschrieben habe, ist die Fed das "augenscheinliche" Problem der Märkte. Während die US-Notenbank als wichtigster Faktor wahrgenommen wird, hat sie mit ihrer Strategie aber vielleicht auch andere Zentralbanken von den Fesseln der ultra-lockeren Geldpolitik befreit. Manche der Dampfdrucktöpfe haben bereits Risse bekommen, insbesondere auch der der EZB.
Das QE-Programm der EZB, in dessen Rahmen die Zentralbank jeden Monat Finanzpapiere im Wert von 60 Milliarden Euro aufkauft, läuft Ende des Jahres aus. Die Märkte erwarten daher, dass die europäischen Notenbanker im September oder vielleicht ein wenig später erklären werden, wie es danach weitergeht. Mr. Draghi fühlt sich durch den neuen Kurs der Fed anscheinend ermutigt (auch wenn die Zentralbanker selbst das nie so ausdrücken würden - selbstverständlich bewerten sie nur die Entwicklungen in ihrem jeweiligen Wirtschaftsraum). Vor Kurzem sagte er:
"Während sich die Wirtschaft weiter erholt, wird eine konstante Geldpolitik zunehmend akkommodierend wirken. Die Zentralbank kann daher den Aufschwung unterstützen, indem sie die Parameter ihrer geldpolitischen Instrumente anpasst - nicht, um die Geldpolitik zu straffen, sondern um sie weitgehend unverändert zu lassen." - EZB-Präsident Mario Draghi, 27. Juni 2017
Ja, Sie haben das richtig verstanden: Die Europäische Zentralbank wird die akkommodierenden Maßnahmen beenden - aber nicht wirklich - und sie wird das schon gar nicht als geldpolitische Straffung bezeichnen. Damit will Draghi sagen, dass eigentlich gar nichts Interessantes passieren wird. Er hat versucht, Yellen zu imitieren! Es ist wirklich kaum zu glauben. In gewisser Weise erinnert mich das an die Dotcom-Blase, als die Unternehmen den Analysten diktierten, was sie in ihre Berichte schreiben sollen, damit die Analysten sich die Mühe sparen konnten, selbst zu denken .
Allerdings ist der Markt diesmal nicht auf Draghis Bluff hereingefallen und die Bundesanleihen wurden abverkauft. Vor weniger als einem Jahr wurden die Bunds noch mit negativen Renditen gehandelt. Nach Draghis Statement ist die Rendite jedoch von etwa 0,25% auf 0,50% geschnellt. Wenn Sie sich für diese Märkte interessieren, wissen Sie, dass das ein großer Sprung war. Die Rendite der US-Treasuries liegen im Gegensatz dazu bei 2,37%, während ich dies schreibe.
Historisch betrachtet stand der Spread zwischen den amerikanischen und den deutschen Staatsanleihen immer in engem Zusammenhang mit dem Wechselkurs zwischen dem Euro und dem Dollar. Wenn die Kurse der Bundesanleihen fallen (und die Rendite steigen), steigt der Euro tendenziell ebenfalls an, sofern die langfristigen US-Zinsen relativ stabil bleiben. Es überrascht daher nicht, dass der Euro im Rahmen des von der EZB verursachten Mini-Taper-Tantrums merklich zulegen konnte.
Um die künftigen Aussichten besser einschätzen zu können, müssen wir Folgendes bedenken:
- 1. Was bedeutet der neue Kurs in der Geldpolitik für die US-Staatsanleihen? Manche argumentieren, dass QT die Kurse der Treasuries sinken lassen wird. Ich bin dagegen der Ansicht, dass die Risikoprämien steigen werden. Was das für andere Assets heißt, werden wir gleich noch sehen. In Bezug auf die US-Staatsanleihen sind höhere Risikozuschläge jedoch in erster Linie ein Hinweis auf eine Verschlechterung der Finanzlage und ein Hindernis für das Wirtschaftswachstum. Möglicherweise wird sich das Kursniveau der Treasuries daher letztendlich gar nicht so stark ändern und vielleicht sogar steigen.
- 2. Was bedeuten die jüngsten Entwicklungen für die deutschen Staatsanleihen? Draghis Aussagen haben den Kurs der Bunds um zwei Standardabweichungen gegenüber ihrem historischen Trend sinken lassen. Das ist eine signifikante Veränderung und deutet darauf hin, dass echte Neuigkeiten die Bewegung verursacht haben (Draghis Rede!). Doch wie sieht es in Zukunft aus? Ist die gesamte Bilanzreduzierung bereits eingepreist? Diese Möglichkeit kann nicht ausgeschlossen werden, denn auch die Rendite der US-Treasuries erreichte ihren Höchstwert nach dem Taper Tantrum im Jahr 2013.