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Aktien und Gold

28.10.2017  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
Die Zentralbanken sind die Verursacher von Inflation und Konjunkturschwüngen. Für Anleger und Investoren gibt es vier Leitlinien, deren Befolgen sich auszahlen sollte.

Der große Philosoph aus Königsberg, Immanuel Kant (1724 - 1804), schrieb: "Herzhaftigkeit ist bloß eine Temperamentseigenschaft. Der Mut dagegen beruht auf Grundsätzen und ist eine Tugend." Erhellende Worte, wie gemacht für jeden umsichtigen Investor. Denn studiert man das Vorgehen der nachweislich erfolgreichen Investoren, so zeigt sich, dass nicht etwa Gefühlswallungen ihre Entscheidungen bestimmen, sondern erprobte Handlungsprinzipien, die es ihnen erlauben, mit mentaler Stärke zur richtigen Zeit das Richtige zu tun. Dazu gehört vor allem auch der Grundsatz, die Dinge zu sehen, wie sie wirklich sind.

Der umsichtige Investor ist sich daher stets bewusst, dass die Zentralbanken nicht die Inflation bekämpfen, sondern sie verursachen; dass die Zentralbanken die Ursache von Konjunkturumschwüngen und Rezessionen sind, nicht deren Heilmittel; und insbesondere dass die Zentralbanken den Kompass, den eine Volkswirtschaft dringend braucht, schwer beschädigen: den Zins. Sie verzerren und verfälschen ihn. Die Volkswirtschaften geraten dadurch in einen Blindflug: Die Menschen können kaum mehr sinnvolle, produktive Kapitalanlageentscheidungen treffen.

Geldwertschwund, das Entstehen und Platzen von Spekulationsblasen, das heftige Auf und Ab des Wirtschaftsgangs - die gefürchteten "Boom-und-Bust"-Zyklen - sind unmittelbarer Ausdruck der verzerrten monetären Verhältnisse, die die Zentralbanken herbeiführen. Die Leidtragenden: Die breite Bevölkerung, die sich nicht intensiv mit dem Zentralbankenunwesen auseinandersetzen und auch nicht dessen Folgen ausweichen kann. Wenn aber auf das Geld kein Verlass mehr ist, wird für viele Menschen das traditionelle Sparen für das Alter zum Vabanquespiel, wird - im de facto Null- und Negativzinsumfeld - verunmöglicht.

Als Monopolisten der Geldproduktion bestimmen die Zentralbanken nicht nur die Höhe der umlaufenden Geldmenge, sondern sie kontrollieren auch die Zinsen. Zum einen diktieren sie den Kurzfristzins, zu dem sich Banken bei der Zentralbank verschulden. Der Kurzfristzins wiederum beeinflusst (über die sogenannte "Zinsarbitrage") maßgeblich alle anderen Zinsen. Zum anderen kontrollieren die Zentralbanken auch die Langfristzinsen, indem sie Schuldpapiere am Kapitalmarkt kaufen. Kurzum: Die Zentralbankräte haben mittlerweile volle Kontrolle über das Zinsuniversum erlangt.

Auf den Finanzmärkten weiß man um die Zinsallmacht der Zentralbanken. Letztere müssen eigentlich nicht einmal mehr Wertpapiere kaufen, um den erwünschten Zinseffekt zu erzielen. Es genügt schon, dass sie in Aussicht stellen, sie könnten jederzeit kaufen, wenn sie es für nötig halten, um die Marktzinsen auf politisch gedrückten Niveaus zu halten. Für den Anleger bedeutet das vor allem eines: Die Marktzinsen kommen nicht auf "natürlichem Wege". zustande, sondern sind das Ergebnis geldpolitischer Manipulation. Die Konsequenzen sollte der umsichtige Investor fest im Blick haben.

"Irrtümer entspringen nicht allein daher, weil man gewisse Dinge nicht weiß, sondern weil man sich zu urteilen unternimmt, ob man gleich noch nicht alles weiß, was dazu erfordert wird." Immanuel Kant

Die künstlich niedrigen Zinsen, für die die Zentralbanken im Zuge der Krise 2008/2009 gesorgt haben, treiben derzeit einen weltweiten Aufschwung an. Produktion und Beschäftigung nehmen zu. Insbesondere die Kreditmärkte haben die Zentralbanken beruhigt. Schuldner können fällige Kredite wieder problemlos in neue, mit niedrigen Zinsen ausgestatte Kredite umschulden - und auch problemlos neue Kredite aufnehmen. Das Schuldenkarussell dreht sich munter weiter. Ende 2007 lag die weltweite Verschuldung von privaten und öffentlichen Stellen bei 212 Prozent der Weltwirtschaftsleistung. Ende 2016 lag sie schon bei 265 Prozent.

Die extrem niedrigen Zinsen ermutigen nicht nur Konsum und Investitionen (wie zum Beispiel einen "Gründerboom") auf Pump. Sie treiben insbesondere auch die Vermögenspreise - wie Häuser, Grundstücke und Aktien - in die Höhe - und das lässt den Geldwert schwinden. Künftige Gewinne werden mit niedrige(re)n Zinsen abdiskontiert. Das erhöht die Barwerte und damit die Marktpreise der Vermögensgüter. Steigende Aktienkurse verringern die Kosten der Eigenkapitalbeschaffung und verleiten Unternehmen zu risikoreichen Investitionen, die ohne das künstliche Herunterdrücken der Zinsen nicht angegangen worden wären.

Was aber passiert, wenn die Zinsen steigen? Die Wahrscheinlichkeit, dass der "Boom" in einen "Bust" umschlägt, ist groß. Bei höheren Zinsen heben einige Schuldner die Hand, können ihren Schuldendienst nicht mehr leisten. Viele Investitionen erweisen sich als "Flop". Arbeitsplätze und Einkommen gehen verloren. Banken treten auf die Bremse bei der Kreditvergabe. Die Preise auf den Häuser- und Aktienmärkten beginnen dem Gesetz der Schwerkraft zu folgen. Vor allem wenn die Zinsen lange Zeit unnatürlich niedrig waren, ist damit zu rechnen, dass wieder steigende Zinsen wirtschaftliche Erschütterungen verursachen.

Ein besonders Problem ist dabei die sogenannte "Steilheit der Zinskurve". Gemeint ist der Abstand zwischen Lang- und Kurzfristzins. Eine steile Kurve macht die Kreditvergabe für Banken attraktiv, eine flache Kurve entmutigt sie. Zieht die Zentralbank die Kurzfristzinsen an, bleiben jedoch die Langfristzinsen unverändert, oder fallen sie sogar, flacht sich die Zinskurve ab. Das war in der Vergangenheit folgenreich. Zum Beispiel begann die Fed Mitte 1999, die Zinsen bis auf 6,5 Prozent im Mai 2000 zu erhöhen. Die Zinskurve wurde flach, und der "New Economy Boom" platzte.

Im Sommer 2000 begannen die Aktienmärkte zu kollabieren. Bis Oktober 2002 verlor der S&P-500-Aktienmarktindex 50 Prozent - obwohl die Fed bereits im Januar 2001 begonnen hatte, den Zins zu senken, so dass er im Oktober 2002 ein Tief von 1,25 Prozent erreichte. Dann setzte eine Kurserholung ein, und bis Oktober 2007 stiegen die US-Aktienkurse um mehr als 100 Prozent. Ab Mitte 2004 begann die Fed, den Leitzins bis Juni 2006 auf 5,25 Prozent anzuheben. Die Zinskurve flachte sich wieder ab, und die Aktienkurse gingen in die Knie: Sie fielen um 56 Prozent bis März 2009.

Was man daraus lernen kann, ist: Im Zinsanhebungszyklus steigt die Wahrscheinlichkeit eines Crashs: Der steigende Zins wird gewissermaßen zum "Crash Faktor". Gleichwohl gibt es mittlerweile einen gewichtigen Grund, warum es diesmal anders kommen könnte: Die Fed hat vermutlich spätestens seit der Krise 2008/2009 ihre Zielsetzung verändert: Die Zentralbankräte wollen nunmehr das Banken- und Finanzsystem funktionsfähig und die Konjunkturen in Gang halten, koste es, was es wolle. Sie wissen, dass die Schuldenpyramide, für die das ungedeckte Geld gesorgt hat, nur dann vor dem Einbruch bewahrt werden kann, wenn der Zustrom von neuem Kredit und neuem Geld anhält.


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